Seitdem Scheich Mansour Manchester City 2008 übernommen hat, hat kein Akademiespieler den Durchbruch bei den Citizens geschafft. Phil Foden könnte der erste sein. Doch wie viel Zeit bekommt der junge Brite, der heute 20 Jahre jung wird, um sich zu beweisen?
Dafür, dass Pep Guardiola „die Worte fehlen“, hat er dann doch recht viel gesagt. Nachdem Phil Foden in der Saisonvorbereitung 2017 seine ersten Gehversuche im Profifußball gemacht hatte, sagte sein Trainer zu den anwesenden Journalisten: „Ihr könnt euch glücklich schätzen, seine Leistung heute gesehen zu haben.“ Fodens Spiel sei von einem anderen Level gewesen. „Das Beste, was ich seit langem gesehen habe.“
Allzu hoch darf man solche Komplimente von Pep Guardiola bekanntlich nicht hängen. Gerne schleudert er mit Superlativen um sich und ordnet seine Spieler in die Riege der Weltklasse ein. So sagte der Spanier zu seiner Bayernzeit mal über Holger Badstuber, er sei der beste Spieler, mit dem er je zusammengearbeitet habe, Philipp Lahm sei der intelligenteste und einen Dante wünsche er sich in zehnfacher Ausführung.
Da kamen Guardiolas Aussagen über Foden schon fast sachlich daher. Später schwächte er sie dann noch ein wenig ab. Foden müsse noch viel lernen und vor allem an seiner Durchsetzungsfähigkeit arbeiten, aber „seine Zeit wird kommen“.
Und das wird sie auch, da sind sich die Experten einig. Fraglich nur, ob das bei Manchester City überhaupt möglich ist. Bei einem Arbeitgeber, der nur so durch die Fußballbranche hetzt, als wäre die Zeit der härteste Gegenspieler.
Für Romantik und Fußballkitsch ist Manchester City schon lange keine Anlaufstelle mehr. Spätestens seit Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan den taumelnden Klub 2008 übernahm und ihn zu einem Big Player zu formen versucht. Zu konstruiert und vorgeschrieben wirkt die Geschichte, die dem Eigentümer vorschwebt. Denn die Champions League soll her. Nein, sie muss her. Und zwar zügig. Koste es, was es wolle. Da bleibt wenig Platz für Experimente und für junge Spieler, die langsam an den Profifußball herangeführt werden müssen. So wie Phil Foden.
Seit der U9 spielt Foden für City, kommt aus Stockport, etwa eine halbe Stunde mit dem Auto von Manchester entfernt und war schon City-Fan bevor der Scheich mit der Pumpe kam. So gesehen ist Foden für manchen City-Anhänger eine Erinnerung an die Vorzeit. Als Spieler noch nicht in dem himmelblauen Trikot aufliefen, weil es mit Millionen behaftet ist und es dabei völlig egal ist, ob das Trikot blau, rot, grün, gelb oder rosa ist und ob die Heimspiele in Katar oder auf den Fidschis ausgetragen werden.
Phil Foden ist ein schönes Gegenstück zu den Kevin de Bruynes, Kun Agueros, Ilkay Gündogans und Bernardo Silvas aus dem glamourösen Sammelbecken. Und gerade das macht es so schwierig für ihn. Denn in Manchester herrscht eine andere Wertigkeit als anderswo. Dort muss der Spieler funktionieren, sonst wird er ausgetauscht. Weil die Mannschaft als austauschbares Konstrukt zusammengestellt ist.
Mehr als 1,6 Milliarden Euro hat der Scheich Mansour in den vergangenen zwölf Jahren in Spieler investiert, kein einziges Eigengewächs hat es in dieser Zeit dauerhaft ins Team der Profis geschafft. Micah Richards, der 2006 den Sprung schaffte, war der Letzte, der sich bei den „Skyblues“ durchsetzen konnte. Und zu dieser Zeit war City noch nicht in den Händen des Emirats.
Jadon Sancho, Brahim Diaz, Daniel Sturridge, Kieran Trippier, Pablo Maffeo, Karim Rekik, Jason Denayer, Kelechi Iheanacho – sie alle haben frühzeitig erkannt, dass ihnen nur die Chance auf eine Statistenrolle im Profiteam bleiben würde und so verließen sie den Verein. Der Talentverschleiß der vergangenen Jahre ließe sich schier endlos fortsetzen, soweit, dass man beinahe davon sprechen kann, dass jungen Spielern systematisch der Weg in die erste Mannschaft verbaut wird.
Als Phil Foden 2017 die Fußballbühne betrat und eine starke U17-WM spielte, samt Titelgewinn und Golden-Boy-Auszeichnung, erklärte man ihn kurzerhand zum Nachfolger vom allmählich abdankenden David Silva. Ein ähnlicher Spielstil, der gleiche Bewegungsapparat, beides Linksfüßer. Fodens Stil ist untypischer für einen Engländer, das Kurzpassspiel und die enge Ballführung erinnern an die sagenumwobene Ausbildung von Barcas LaMasia. Daher tauften sie ihn mit Referenz auf seinen Geburtsort den „Stockport-Iniesta“.
Und tatsächlich hat Foden mittlerweile beinahe 60 Spiele für City gemacht, zugegebenermaßen waren der Großteil davon Kurzeinsätze. Aber immerhin: Er ist der jüngste Engländer, der je in der Startelf eines Champions-League-Spiels stand und der Jüngste, der die Premier League gewann.
Vor der aktuellen Saison versicherte Guardiola abermals öffentlich, Phil Foden mehr Spielzeit zu gewähren – um wenig später Rodrigo für 70 Millionen Euro von Atletico Madrid zu kaufen, der seither im Mittelfeld gesetzt ist. Fodens Spielzeiten hingegen stagnieren in dieser Saison. Er kommt auf nur drei Startelfeinsätze in der Liga. Seine Spielwiese ist meist der Carabao-Cup oder halbwichtige Champions-League-Partien.
Ob ihm das auf Dauer reichen wird, ist höchst unwahrscheinlich. Denn in seinem Entwicklungsprozess ist er weiter als dass er sich darüber definieren müsste „auch mal bei den Großen mitzuspielen“. Das hat er im Carabao-Cup-Finale Anfang März bewiesen, indem er Agüero den entscheidenden Treffer auflegte oder im Dezember bei Dinamo Zagreb in der Champions League, als er mit einer Vorlage und einem Tor glänzte.
Foden ist bei City definitv schon ein paar Schritte weiter als seine prominenten Vorgänger, die den Verein verließen – oft ohne ein Profispiel gemacht zu haben. Was seine Chance sein könnte, ist die Wertschätzung von Guardiola. Anders als das bei Sancho oder Diaz der Fall war.
Zeit sich zu beweisen hat Phil Foden jedenfalls: Ende 2018 unterschrieb er einen Vertrag, der ihn bis 2024 an ManCity binden soll. Dann wäre Foden gerade einmal 24 Jahre alt.