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Seite 2: Warum es egal ist, dass wir nicht viel über Löw wissen

Längst hat der dun­kel­haa­rige Mann aus Schönau im Schwarz­wald seinen Platz in der Ahnen­ga­lerie der obersten DFB-Coa­ches: Wenn Sepp Her­berger der groß­vä­ter­liche Fuß­ball­weise war, Helmut Schön der sen­sible Mode­rator einer gol­denen Spieler-Gene­ra­tion, Team­chef Becken­bauer seinen Profis als leuch­tendes Vor­bild diente, die Fuß­ball noch als harte Arbeit ver­standen und ihm aber nach­ei­fern wollten, ist Jogi Löw der etwas nerdige Fuß­ball-Wis­sen­schaftler, der im Labo­ra­to­rium mit mikro­sko­pi­scher Genau­ig­keit in seinem Kader Defi­zite erkennt und aus­merzt.

Kein Coach per­so­ni­fi­ziert das Zeit­alter der Selbst­op­ti­mie­rung besser als er. Wäh­rend seine Vor­gänger noch mehr oder weniger raue Sports­ka­nonen ins Feld schickten, regiert Jogi Löw, so scheint es, über eine hoch­sen­sible Armada aus fein­jus­tierten Fuß­ball-Repli­katen, die nur eine ent­spre­chende Pflege für den nach­hal­tigen Erfolg benö­tigen.

Schlech­teste Plat­zie­rung bei einem großen Tur­nier: Halb­fi­nale

Und wenn er ein Inter­view gibt, dann klingt auch er mit­unter so, als habe ihm ein Kol­lege aus dem Funk­ti­ons­team auf dem Weg ins TV-Studio schnell noch die Soft­ware für Sieg“, Unent­schieden“ oder Nie­der­lage“ via Blue­tooth auf die Fest­platte geka­belt. Über­haupt: Löws Ruhe­puls scheint sich ohnehin nicht über 45 bpm zu bewegen. Meis­tens muss er sowieso nur die Sieger-Ana­lyse abson­dern: Seine Bilanz ist ein­zig­artig. 150 Spiele. 100 Siege. Nur 23 Nie­der­lagen. 364 Tore. 120 ein­ge­setzte Spieler. Schlech­teste Plat­zie­rung bei einem großen Tur­nier: Halb­fi­nale.

Er hat einmal gesagt, wenn er mor­gens aus der Tür seines Hauses tritt, schalte er vom Jogi- in den Bun­des­trainer-Modus um. Heißt: Der Pri­vat­mann, der womög­lich eben noch auf dem Sofa Daily Soaps geglotzt hat, der seine Modell­ei­sen­bahn im Keller bedient oder sich im Internet viel­leicht sogar heiße Bilder ange­schaut hat, wird in der Öffent­lich­keit zum Staats­mann.

Was wissen wir über Löw? Nicht viel

Nach elf Jahren Löw-Regent­schaft wissen wir sehr wenig über den Mann hinter der Bun­des­trainer-Maske. Wir wissen, dass er in stres­sigen Spiel­mo­menten zu pikanten Über­sprungs­hand­lungen neigt. Dass er einen Hang zu eng geschnit­tener Mod-Mode hat. Dass er gern Espresso trinkt. Von seiner Frau getrennt lebt. Dass er Rau­cher ist. Nicht viel für einem Mann, der seit mehr als einem Jahr­zehnt steter Gast in unserem Wohn­zimmer ist – und bis 2020 wohl auch bleiben wird. Dann wird er Sepp Her­berger über­holt haben, der mit 168 Ein­sätzen als ein­ziger Natio­nal­coach noch vor Löw liegt. Und an dem sich die His­to­riker bis heute abar­beiten, weil auch bei ihm nie so recht klar geworden ist, was genau für ein Typ er eigent­lich war.

Wir wissen wenig über den Men­schen Löw. Na und? Zumin­dest lässt sich fest­halten, dass Joa­chim Löw in einer Zeit, in der von Übungs­lei­tern stets gefor­dert wird, sie müssten lie­fern“, ein ver­läss­li­cher Lie­fe­rant von Spit­zen­fuß­ball ist. Was kann man von einem Fuß­ball­trainer mehr ver­langen?