Wer nicht wusste, dass dieser Mann gerade einen spek­ta­ku­lären beruf­li­chen Erfolg fei­erte, hätte es ihm nicht ange­merkt. Wäh­rend die Spieler von Bayer Lever­kusen über­schwäng­lich vor der Gäs­te­kurve des Ber­liner Olym­pia­sta­dions her­um­sprangen und den Einzug in die Cham­pions League beju­belten, stand Peter Bosz im Nie­mands­land zwi­schen Trai­ner­bank und Abgang zu den Kabinen, die Hände hinter dem Rücken ver­schränkt. Schwei­gend schaute er zu, und es war nicht zu erkennen, was den Hol­länder in diesem Moment bewegte. 

Nachdem er zu Beginn der Rück­runde als Nach­folger von Heiko Herr­lich Trainer bei Bayer geworden war, ver­wan­delte Bosz die Spiel­weise der Mann­schaft im Wind­schatten grö­ßerer Auf­merk­sam­keit auf spek­ta­ku­läre Art und Weise. Nur der FC Bayern und Leipzig spielten eine noch bes­sere Rück­runde, nur der Meister schoss mehr Tore. 

Auch eine per­sön­liche Genug­tuung

Er hat einen biss­chen anderen Fuß­ball und Julian Brandt auf einer anderen Posi­tion spielen lassen. Unser ganzes Spiel­ge­füge hat sich dann ver­än­dert“, sagte Bayers Sport­vor­stand Rudi Völler, bevor er in die Kabine huschte. Das war eine fast schon absurd nüch­terne Beschrei­bung der bemer­kens­werten Neu­erfin­dung von Brandt. Bosz zog den 23-Jäh­rigen von der Außen­bahn ins Zen­trum an die Seite von Kai Havertz, der jede Woche mehr wie ein kom­mender Welt­klas­se­spieler wirkt. Brandt dankte es mit einem der größten Leis­tungs­sprünge dieser Saison. In der Hin­runde war er an vier Toren betei­ligt, in der Rück­runde an 17 Tref­fern.

Davon abge­sehen gelang Bosz das, was ihm in Dort­mund noch gefehlt hatte. Bei der Borussia wirkte er nach phan­tas­ti­schem Start bald seltsam ver­loren, und man fragte sich, ob er ein­fach Pech hatte und zu viele Pro­bleme geerbt. Oder ob Bosz ein ideo­lo­gisch den­kender Trainer ist, der unbe­dingt auf dieser einen, seiner Idee beharrt. In Lever­kusen fand er die rich­tige Balance zwi­schen Offen­sive und Defen­sive, was auch eine per­sön­liche Genug­tuung sein musste, auch wenn Bosz das bestritt.