Manchmal zwickt es im Körper, manchmal ist die Laune schlecht, manchmal stimmt die Form nicht. Trotzdem oder gerade deswegen: Niemand kommt so schön zurück wie Bayerns Arjen Robben.
Vor ungefähr einem Jahr stand Neven Subotic vor Arjen Robben und schrie ihm ins Gesicht. Robben hatte gerade einen Elfmeter verschossen, und der Dortmunder Innenverteidiger war der Meinung, dass ihm das Recht geschehe, denn Robben, da war sich Subotic sicher, hatte den Strafstoß mit einer Schwalbe provoziert.
Der FC Bayern verlor das Spiel, die Meisterschaft, später noch die Endspiele im DFB-Pokal und der Champions League, in dem Robben auch einen Elfmeter verschoss, und irgendwann beschlich einen das Gefühl, dass der Holländer ein bisschen mehr Schuld an dieser ganzen verdammten Saison hatte als andere.
Die Landung war jedenfalls hart. Bei der EM machte Robben nur ein Spiel, danach zwickte es ihn mal an der Leiste, mal im Oberschenkel, mal im Rücken. Zwischenzeitlich laborierte er noch an einem Muskelfaserriss. In der Hinrunde absolvierte Robben nur fünf Spiele. Robben war eine Art Stand-by-Profi geworden. Ein Joker, den man einwechselt, wenn es ihm zur Abwechslung mal wieder gut geht und die Laune stimmt. Kurzum: Wenn etwas Schwung im Team benötigt wird.
Der „holländische Miesepeter“
Wie andere Profis, die gerne mal als Superstar betitelt werden, schluchzte auch Robben fortan häufiger in die Mikrofone. Er müsse spielen, sagte er. Manchmal sagte er auch gar nichts. Nach dem Spiel in Mainz etwa, bei dem Robben nur in der Schlussviertelstunde spielen durfte, saß er bereits sieben Minuten nach Abpfiff im Mannschaftsbus, geduscht, grummelnd, Kopfhörer auf den Ohren. In der Presse musste er vom „holländischen Miesepeter“ lesen, und davon, dass ein anderer, viel fröhlicherer Spieler, seine Lieblingsposition auf der rechten Außenbahn mit Bravour übernommen habe: Thomas Müller.
Doch im Gegensatz zu anderen Diven, die sich in ihrer miesen Stimmung suhlen und stetig mit einem Vereinswechsel kokettieren, musste man Arjen Robben zugute halten, dass er immer wieder einen Weg hinaus aus dem Dilemma suchte. Sein Vorgehen sah zwar fast immer gleich aus – meist schnappte sich Arjen Robben einfach den Ball, rannte los und schoss –, doch es führte oft zu Erfolg.
Im Spiel gegen Wolfsburg, als Robben nur elf Minuten spielte, drosch er den Ball aus sieben Metern mit einer solchen Gewalt ins Netz, dass man Diego Benaglio im Nachhinein nur gratulieren konnte, seine Hand nicht zwischen Tor und Ball bekommen zu haben. Selten sah man so anschaulich, was es heißt, wenn sich aufgestaute Wut entlädt.
Robben kommt niemals leise zurück
Vielleicht sind Robbens Comebacks deshalb so schön anzusehen: Der Zuschauer weiß, dass etwas passiert, wenn Robben länger der „Miesepeter“, außer Form oder verletzt war. Wenn Robben zurückkommt, dann nicht heimlich, nicht leise, sondern mit einer beinahe monumentalen Wucht.
Am Mittwochabend gegen Borussia Dortmund war es mal wieder so weit. Robben durfte von Beginn an spielen, denn Franck Ribery saß eine Rotsperre ab. Er hat wahrlich nicht sein bestes Spiel gemacht. Und das Tor, so grandios es war, zählt trotzdem nicht zu seinen besten. Die schoss er einst beim 2:3 gegen Manchester United oder gegen Schalke 04 in der 112. Minute des DFB-Pokals.
Dennoch: Robben hat ein Tor gemacht, das kaum einer so gut kann wie er. Es war ein Tor im Fallen. Das Tor eines, von dem selbst Experten glaubten, er, der ständig an irgendetwas laboriert oder rumnörgelt, solle es jetzt besser mal gut sein lassen mit dem Fußball.
Er schoss das Tor in leichter Rücklage, zwanzig Meter, halbrechts vor dem Tor, geschlenzt. Der Ball schlug direkt im Winkel ein, und sogar Jürgen Klopp zog den Mundwinkel nach unten und nickte mit seinem Kopf auf und ab, so wie man es macht, wenn man Anerkennung zeigen will.
Eine linke Gerade
In der 61. Minute nahm der Dortmunder Trainer dann Kevin Großkreutz vom Feld. Vor dem Spiel hieß es, dieser sei ein „Robben-Spezialist“, schließlich hatte er sich schon einige Male gegen ihn bewährt und via „Sportbild“ vor zwei Jahren sogar Kritik an dessen Kleidungsstil geübt.
Nach dem Schlusspfiff sackte Arjen Robben auf die Knie und trommelte auf den Rasen. Er sah ein bisschen aus wie ein Boxer, den man angezählt hatte, und der im Moment, als die Zuschauer sich bereits auf den Nachhauseweg machen, mit einer linken Geraden vom Boden aus zurückgekommen war.
„Wir haben die Vormachtstellung zurück“
Uli Hoeneß saß derweil auf der Tribüne und sagte: „Mit diesem Sieg haben wir die Vormachtstellung in Deutschland zurück.“ Arjen Robben, der Trommler auf dem Rasen, hatte alles wieder in die richtige Ordnung gebracht. Es gibt wenig, was mehr zählt in München.
Und als sich Robben wieder aufgerappelt hatte, lief er zur Fankurve. Dann verzog sich sein Gesicht und nun schrie auch er wütend in den Münchener Himmel. Doch nicht, weil er wusste, dass sein Trainer Jupp Heynckes am kommenden Sonntag im Ligaspiel doch wieder auf Müller oder Ribery zurückgreifen könnte. Er hatte erfahren, dass er zur Dopingprobe musste.