Christian Eriksen hat sich bei Tottenham Hotspur zum Weltstar entwickelt. Im Nationaltrikot soll er nun auch das legendäre Danish Dynamite neu beleben.
„Er war ein bescheidener Junge“, sagte Petersen der britischen Zeitung „Independent“. „Er wusste schon, wie gut er war, aber er musste es niemandem erzählen.“ Lange galt diese Bescheidenheit als Schwäche. Eriksens Talent wurde schon sehr früh erkannt, viele haben damit gerechnet, dass er schon als Teenager zu einem Spitzenklub wechseln würde. Mit 15 Jahren lehnte der Mittelfeldspieler ein Angebot vom FC Chelsea ab. Stattdessen wechselte er zu Ajax Amsterdam, wo er, trotz angeblicher Anfragen aus Barcelona, Manchester und Madrid, bis 2013 auch blieb.
Als er dann endlich in die Premier League wechselte, entschied er sich für Tottenham Hotspur. Was damals viele Experten überraschte, erwies sich letztlich als weitsichtig. Eriksen entwickelte sich an der White Hart Lane zum Weltstar, Tottenham mit ihm zum Weltklub.
Vergleiche mit Laudrup
Pochettinos Spitzname für Eriksen ist „Golazo“, in Anspielung auf seine wunderbaren Fernschüsse und Freistöße. Seine Klasse ist aber viel umfassender. Theoretisch spielt er auf der Acht, aber für Tottenham und Dänemark taucht er überall auf: links, rechts, auf der Sechs und auf der Zehn. Seine aufrechte Körperhaltung und der lässige Gang lassen ihn altmodisch wirken, wie seine Helden: Francesco Totti, Michael Laudrup.
Vergleiche mit Laudrup sind unvermeidbar. Eriksen ist schließlich das größte Talent, das sein Land seit den Gebrüdern Laudrup produzieren konnte. Der Anspruch, das Nationalteam ähnlich zu verzaubern wie einst Brian und Michael, war oft auch eine Last. Nicht immer konnte er sein riesiges Talent zeigen. Oft verschwand er, und erntete dafür eine Menge Kritik. „Eriksen ist schuld, weil er das Spiel nicht kontrolliert hat“, sagte der damalige Nationaltrainer Morten Olsen 2014 nach einer 0:1‑Niederlage gegen Portugal.
Olsens Abgang als Segen
Erst unter Hareide konnte Eriksen für Dänemark wirklich glänzen, zum Beispiel als er im vergangenen November sein Team mit drei Toren beim 5:1 in Irland zur WM schoss. Dass er unter dem eher pragmatischen Hareide mehr Erfolg hat als unter dem spielfreudigen Olsen erscheint zunächst merkwürdig. Aber gerade wegen seines Pragmatismus‘ stellt Hareide ihn mehr in den Vordergrund. Als der Publikumsliebling Olsen nach 16 Jahren hinwarf, waren viele in Dänemark enttäuscht, für Eriksen aber war es ein Segen.
Auch Michael Laudrup hat einmal einen ähnlichen Trainerwechsel erlebt. 1990 war der beliebte Sepp Piontek nach elf Jahren „Danish Dynamite“ plötzlich weg. Nach einer chaotischen Übergangsperiode wurde er durch den drögen Richard Möller Nielsen ersetzt. Laudrup kam mit Möller Nielsen nicht klar, und trat aus der Nationalelf zurück. Ohne ihn wurde Dänemark 1992 sensationell Europameister. Dieses Mal können der glänzende Spielmacher und der unpopuläre Trainer gut miteinander. Auch deshalb wird ein neues dänisches Wunder nur mit Eriksen möglich sein.