2011 stand ihm die Welt offen. Als erster Spieler verließ Nuri Sahin Klopps Meistermannschaft. Er wurde der erste Rückkehrer. Im Oktober 2016 ist er eine Randnotiz im BVB-Kader. Was ist passiert?
„Zuhause“ ist das Wort der Stunde. Aber dort sind immer noch die Verletzungen, dort ist auch immer noch das angeschlagene Selbstvertrauen, dieses „Dreckspflänzchen, das man so schnell zertreten kann“, wie es ihm Jürgen Klopp nach seinem wohl besten Auftritt im Dortmunder Dress, einem 5:1 gegen Freiburg im März 2013, mit auf den Weg gibt.
Läuft aber: 49 von 51 Ligaspiele in den ersten 18 Monate. Uneingeschränkter Stammspieler – in der Liga, in Wembley 2013 kommt er in der 90.Minute – beim jetzt ewigen Zweiten. Die großen Momente jedoch bleiben aus, auch weil die Borussia immer weniger Mittel gegen die immer tiefer stehenden Gegner findet, im Gegenpressing immer weniger ein guter Spielmacher ist. Doch Sahin spielt: Konstant, solide, angekommen.
Fast schon badstubersches Verletzungspech
Rückschlag im Sommer 2014. Kniebeschwerden. Wieder. im Trainingslager in Bad Ragaz tritt er kürzer. Ohne Erfolg. In Dortmund geht die Klopp-Zeit den Bach runter. Sahin liegt auf dem OP-Tisch. Entzündetes Gewebe raus, Luft auch. Comeback in der Rückrunde. Februar 2015: Letztes Tor gegen Mainz. Kurz darauf im Derby die Adduktoren. Nicht ganz badstubersches Verletzungspech. Aber fast.
Von 74 möglichen Bundesliga-Spielen zwischen Sommer 2014 und Oktober 2016 bestreitet Sahin 16, nur die Hälfte davon über die komplette Distanz.
Unter Tuchel verpasst Sahin die Sommervorbereitung, ist erst in der Rückrunde wieder einsatzbereit. Zwölf Einsätze, häufig nur von der Bank, zwei Assists, wenig Spielzeit und wenig Glanz. Julian Weigl hat ihn überholt. Den sieht man in Bayern längst als natürlichen Xabi Alonso-Nachfolger, jeder europäische Topklub will ihn haben. Der letzte Schrei aus der Talentschmiede Borussia.
Ein stiller Abstieg
Sahin ist mittlerweile 28, und als Spezialist nicht einmal auf der Bank gefragt. Tuchel sagt: „Ich bin ein großer Verfechter davon, Auswahl auf der Bank zu haben. Im Optimalfall besetze ich sie so, dass die Spieler dort mehrere Positionen übernehmen können.“ Das kann Sahin nicht bieten. Es ist ein stiller Abstieg. Er beklagt sich nicht. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit, die es beiläufig registriert und von ihm immer wieder die Rückkehr zur alten Leistungsfähigkeit fordert.
Vielleicht spült ihn das Dortmunder Verletzungspech gegen Hertha in den Kader, vielleicht sogar auf den Platz. Aber das Ende scheint absehbar. Im Sommer 2018 endet sein Vertrag. So lange wird er nicht warten wollen. Nach Rotterdam 2007 und Real 2011 könnte Sahin bald zum dritten Mal das Westfalenstadion verlassen. Dann für immer. Dortmunder wird er bleiben.