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Der Fuß­ball

Die Natio­nalelf des Landes ist in der Fifa-Welt­rang­liste gerade vier Plätze abge­rutscht, auf den 113. Rang, zwi­schen die Zen­tral­afri­ka­ni­sche Repu­blik und Thai­land. Die Natio­nalelf kann gar nicht stark sein, denn es gibt ja nicht viele Kataris“, sagt Dieter Mein­hold, der von 2007 bis 2009 Sport­di­rektor der Ersten Liga Katars war. Mein­hold, ehe­ma­liger Manager des Karls­ruher SC, kann gut ein­schätzen, wie stark Katars Fuß­ball ist. »Es gibt zwei, drei Ver­eine, die in der deut­schen Zweiten Liga im oberen Drittel mit­spielen könnten«, sagt Mein­hold. »Der Rest hat eher unteres Zweit- oder Dritt­li­ga­ni­veau.« In der Zweiten Liga spielen Teams vom Militär und Polizei mit. »Das Mili­tär­team ist topp, die rennen alle anderen in Grund und Boden, da sie den ganzen Tag für Trai­ning und Fit­ness nutzen können«, sagt Mein­hold. »In den anderen Mann­schaften spielen bis auf einige Aus­länder ein­hei­mi­sche Ama­teure.«



Der ehe­ma­lige Bun­des­li­ga­trainer Frank Pagels­dorf ist sich trotzdem sicher, dass Katars Mann­schaft bei der Heim-WM eine ordent­liche Rolle spielen wird. »Kon­kur­renz­fähig gegen­über der Welt­spitze wird Katar sicher nicht sein«, sagt Pagels­dorf, der meh­rere Jahre auf der ara­bi­schen Halb­insel im benach­barten Dubai gear­beitet hat. »Aber um bei der WM an den Start zu gehen, ordent­lich mit­zu­spielen und sich gut zu prä­sen­tieren, wird es rei­chen.« Der­zeit würden zu diesem Zweck schon marok­ka­ni­sche Spieler ein­ge­bür­gert. »In zwölf Jahren wird Katar eine ver­nünf­tige Natio­nal­mann­schaft haben«, glaubt Pagels­dorf.

Die Fans

Die Katarer sind wie alle Araber sehr fuß­ball­in­ter­es­siert. Zusammen mit Kamel­rennen ist Fuß­ball die Sportart Nummer eins im Land. Auf die Zuschau­er­zahlen in den Sta­dien schlägt sich diese Begeis­te­rung aller­dings nicht nieder. Der Katarer ver­folgt das Geschehen lieber von der hei­mi­schen Couch aus. Alkohol ist in dem mus­li­mi­schen Land wei­test­ge­hend ver­boten, nur in Hotels und einigen wenigen Bars sind alko­ho­li­sche Getränke erhält­lich. Es ist strikt unter­sagt, auf der Straße Alkohol zu trinken. Ver­mut­lich würde da auch gar kein Bier schme­cken: Bei Tem­pe­ra­turen bis zu 50 Grad wird jedes Kalt­ge­tränk in kurzer Zeit eng­lisch-lau­warm. So werden in den Sta­dien haupt­säch­lich Nüsse gegessen, um die Schalen küm­mern sich nach Spiel­schluss Putz­kräfte.

Fast alle Katarer gehen in tra­di­tio­neller Beklei­dung ins Sta­dion, trägt doch jemand mal Shorts und T‑Shirt, han­delt es sich meist um einen Aus­länder. Rund 80 Pro­zent der kata­ri­schen Bevöl­ke­rung sind Gast­ar­beiter, nur rund 200 000 Men­schen haben auch die Staats­bür­ger­schaft Katars. Gast­ar­beiter sind zwar oft nicht gut bezahlt – viel Geld braucht aber nie­mand, um in Katar ins Sta­dion zu gehen. Nicht selten ist der Ein­tritt sogar frei. Das trotzdem kaum Stim­mung auf­kommen will, liegt auch an der in Katar ver­brei­teten Unlust zum Singen. Mehr als rhyth­mi­sches Klat­schen ist selten zu hören.

Die Infra­struktur

Die neuen, kli­ma­ti­sierten Sta­dien werden bis zur WM 2022 pro­blemlos fertig werden. Die Katarer sind ein­fach in der Lage, in einer anderen Geschwin­dig­keit zu bauen, als wir es gewohnt sind“, sagt Frank Pagels­dorf. Zum einen, weil sie leicht bil­lige Arbeits­kräfte besorgen könnten. Zum anderen, weil sie auch nachts arbeiten lassen dürften. »Es dürfte maximal ein Jahr dauern, ein Sta­dion fer­tig­zu­stellen«, sagt Pagels­dorf. Um die Arenen zu füllen, bedarf es aller­dings vieler aus­län­di­scher Fans. In das neue Sta­dion von Al-Shamal sollen 45 120 Zuschauer passen, die Stadt selbst hat aber nur 11 229 Ein­wohner. Die WM-Spiel­orte Al-Dayeen (36 592 Ein­wohner) und Umm Sal (44 177 Ein­wohner) sind kaum größer. Um alle Besu­cher auf­nehmen zu können, sind rund 140 neue Hotel­bauten mit 55 000 Zim­mern geplant. Das Haupt­au­gen­merk liegt dabei aber auf Nobel­ho­tels. Bil­lige Her­bergen gibt es der­zeit kaum, weil die Nach­frage fehlt: Die Leute, die kommen, haben Geld.



Die Frauen

Das haut­enge T‑Shirt endet weit über der Hüfte, der Bauch­nabel ist frei, ein gepiercter Bauch­nabel. Die Besit­zerin hat blonde Haare, die fast bis zum Gürtel rei­chen. So kann das aus­sehen, wenn eine Frau in der Shop­ping-Mall in Doha, dem rie­sigen Ein­kaufs­zen­trum mit der Kunst­eis­fläche im Erd­ge­schoss, ein­kaufen geht. Keine Frau muss sich in Katar ver­schleiern, keine muss ein Kopf­tuch tragen. Genauer gesagt: keine Aus­län­derin. Denn neben der Blon­dine mit dem knappen T‑Shirt schwatzen zwei ein­hei­mi­sche Frauen, in schwarze Gewänder gehüllt, die fast bis zum Boden rei­chen. Die Haare sind selbst­ver­ständ­lich bedeckt. Kata­ri­sche Frauen haben immer noch eine Viel­zahl von Pro­blemen, sie werden benach­tei­ligt, sie erhalten nicht genü­gend Schutz bei häus­li­cher Gewalt und Schei­dungen sind erschwert. Aber dahinter gibt es Fort­schritte, die den Frauen Zug um Zug mehr Rechte ver­schaffen. Vor wenigen Jahren noch hingen die Gewänder wie Kar­tof­fel­säcke an den Frauen, jetzt sind die Kleider figur­be­tont und mit auf­ge­stickten Muster geschmückt.

Und seit die Frau des Emirs von Katar bei einem Staats­be­such in den USA wie unab­sicht­lich ihr Kopf­tuch weit nach hinten geschoben hatte, zeigen auch die nor­malen Frauen von Katar mehr von ihren Haaren. Sie dürfen jetzt auch Auto fahren, bis vor ein paar Jahren war das undenkbar. Für aus­län­di­sche Frauen gelten die Klei­dungs­vor­schriften nicht. Wer als weib­li­cher Fuß­ball-Fan die WM ver­folgt, braucht kein Kopf­tuch. Oder höchs­tens, um sich gegen die Hitze zu schützen.

Die Hitze

Am Don­nerstag hat die Debatte um die extremen Tem­pe­ra­turen in Katar neues Futter bekommen. Peter Vel­appan, der ehe­ma­lige Gene­ral­se­kretär des Asia­ti­schen Fuß­ball-Ver­bands (AFC), for­derte eine Ver­le­gung der WM 2022 in den Winter, wie es schon Franz Becken­bauer vor­ge­schlagen hatte. Vel­appan plä­dierte dafür, das Tur­nier wegen der großen Hitze aus dem Sommer auf die Monate Januar oder Februar vor­zu­ziehen. Vel­appan sagte, es sei »keine Lösung«, die Sta­dien und Trai­nings­plätze mit Kli­ma­an­lagen her­un­ter­zu­kühlen und warnte, dass einige euro­päi­sche Mann­schaften das Tur­nier wegen der Hitze sogar boy­kot­tieren könnten. Fifa-Prä­si­dent Joseph Blatter wies den Vor­stoß zunächst zurück: »Die Basis­aus­schrei­bung spricht gegen eine Winter-Welt­meis­ter­schaft in Katar. Die Bedin­gungen waren, dass die WM 2018 und 2022 anhand des bestehenden inter­na­tio­nalen Kalen­ders im Juni und Juli aus­ge­tragen werden müssen.« Gleich­zeitig hielt sich der Chef des Welt­fuß­balls eine kleine Hin­tertür offen. »Aber es sind ja noch zwölf Jahre bis 2022“, sagte Blatter und ver­wies auf ein glo­bales Thema: Man weiß ja nicht, was auch mit dem Klima noch pas­sieren kann.«