Robert Lewandowski will den FC Bayern verlassen. Das hat sein Berater Pini Zahavi gesagt. Und wo Zahavi auftritt, findet sich immer ein Weg für einen Wechsel.
Die Geschichte von Pini Zahavi ist eine voller Konjunktive. Könnte, sollte, ja, er hätte sogar vielleicht. Und normalerweise zerstören Konjunktive jede Geschichte. Sie sind uneindeutig. Im Fall von Pini Zahavi, von dem es heißt, er könnte der größte Spielervermittler der Welt sein, macht es die Story nur interessanter.
Vor den Toren Melwoods
Pini Zahavi stand in den Achtzigern vor den Toren Melwoods. Unter seinen Armen: Ein Koffer voller saftiger, israelischer Orangen. Melwood war während des Regiments von Bill Shankly umgebaut worden. Und ist noch heute das altehrwürdige, aber auch abgeschottete Trainingszentrum des FC Liverpool. Ein schweres Holztor versperrt den Blick auf die Anlage. Und nur in den seltensten Fällen erhalten Gäste Zutritt auf das Gelände. Zahavi aber ging ein und aus. Auf dem Trainingsplatz würden ihn Kenny Dalglish und Kapitän Graeme Souness gleich schon von weitem erkennen. Endlich wieder Orangen – und vielleicht würde Zahavi sie heute auch einladen, ihren Sommerurlaub bei ihm in Eilat am Roten Meer zu verbringen.
In den Jahren zuvor hatte sich Zahavi ganz langsam einen Zugang in die Welt des Profifußballs verdient. Als Sohn eines einfachen Ladenbesitzers hatte er es zu einem angesehenen Sportjournalisten der größten Tageszeitung Israels gebracht. Schon damals hatte Zahavi erkannt, wie man auch in diesem Job ein bisschen mehr Geld verdienen konnte – indem man seinen Arbeitgeber immer wieder wechselt. „Meine Art des Geschäftemachens ist es, alle drei bis vier Jahre von einer Zeitung zur nächsten zu wechseln“, soll er einem jungen Kollegen 1981 gesagt haben, als sie gemeinsam das WM-Qualifikationsspiel zwischen Nordirland und Israel besuchten.
Wie Zahavi zum Fußball kam
Seit vier Jahren ist Robert Lewandowski beim FC Bayern München. Vier Jahre, das ist nach der Logik von Pini Zahavi genug Zeit, um sich mal wieder nach einem neuen Arbeitgeber umzusehen. Und erst gestern bestätigte der Berater des polnischen Stürmers, dass sein Klient nicht länger in München bleiben wolle. Doch: Wie hat es Pini Zahavi eigentlich geschafft, zu einem der wichtigsten Spielerberater der Welt zu werden?
Um genau zu sein, halfen ihm Geduld – und britischer Nebel. Die bekannteste Anekdote über den Mann, der sich gerne im Hintergrund hält, spielt 1979 am Flughafen Heathrow in London. Am Drehkreuz zum internationalen Flugverkehr wartete Zahavi auf seinen Flieger, der draußen im Nebel versteckt lag und keine Starterlaubnis erhalten hatte. Ein ziemlich mieser Tag, bis Zahavi nur ein paar Meter weiter den ebenfalls wartenden Peter Robinson sah, den Vorstandssekretär des FC Liverpool. „Warum verpflichtet ihr nicht einen israelischen Spieler“, fragte Zahavi, „Avi Cohen könnte jemand für euch sein.“ Und wenige Minuten später war aus dem Journalisten Zahavi ein Spielervermittler geworden. Einer, dem sich die Tore des FC Liverpool fortan stets öffnen würden.
Bis heute gilt Zahavi als einer der einflussreichsten Spielervermittler. Auffällig ist, dass sich der Israeli nie darin auszeichnete, besonders viele Spieler zu immer schnelleren Wechseln drängte. Ganz im Gegenteil. Zahani ist der Typ Berater, der mit viel Geduld im Hintergrund wartet – und die ganz dicken Deals einfädelt.
Schließlich ließ Zahavi nach dem Transfer von Avi Cohen lange Zeit nichts mehr von sich hören. Er arbeitete zwischendurch sogar als Journalist weiter, während Cohen der Durchbruch beim FC Liverpool nie gelang. Sein Berater nutzte die Zeit, um der Mannschaft die saftigen Orangen aus seinem Heimatland zu bringen. Und die Spieler für das Rote Meer zu begeistern. Dabei freundete er sich langsam auch mit den Granden des britischen Fußballs an.
Der große Chelsea-Deal
Bis 1997 wechselten unter Zahavi nur vier Spieler. Der Letzte, Eyal Berkovic, sorgte dafür, dass Zahavi endgültig in die Welt des Profifußballs eingeführt wurde. Auf dem Trainingsgelände von West Ham United sprach ihn der junge Rio Ferdinand an. Er wolle einen Berater, der international tätig sei. Kurz darauf wechselte Ferdinand zu Leeds und später für eine Rekordsumme zu Manchester United. Das Rad drehte sich schneller, Zahavi vermittelte auch Jaap Stamm zu Lazio Rom und Juan Sebastian Veron zu Manchester. Später wurde Zahavi zum Mittelsmann zwischen dem FC Chelsea und Roman Abramowitsch. Der Milliardär bedankte sich, indem er in den ersten Jahren bevorzugt Spieler aus dem Portfolio des Israelis an die Stamford Bridge holte.
Der Berater wurde in all den Jahren, zuletzt soll er beim umstrittenen Transfer von Neymar zu Paris Saint-Germain mitgewirkt haben, bekannt dafür, dass er Spieler aus langfristigen Verträgen durch juristische und finanzielle Winkelzüge hinauslösen könne. Doch belangt werden konnte Zahavi bisher nicht. Als der englische Fußballverband Untersuchungen gegen ihn anstrebte, weil sein Mandant Ashley Cole entgegen geltender Regeln mit dem FC Chelsea gesprochen hatte, wurde am Ende alle Beteiligten bestraft – abgesehen von Zahavi. „Ich habe zu diesem Zeitpunkt weder Cole noch Chelsea vertreten.“ Als Schattenmann war er juristisch unantastbar.
Geld verdienen mit System
Denn auch wenn der Berater nur selten in Erscheinung tritt, gilt er doch als einer der bestvernetzten Strippenzieher im internationalen Fußball. Mit Jorge Mendes, dem Berater von Cristiano Ronaldo und James Rodriguez, soll er gut befreundet sein. Auch mit Mino Raiola habe sich Zahavi nie überworfen. Ein Wohltäter ist er dabei aber nicht. „Er hatte nie Probleme, sich seinen Anteil aus dem Geldfluss im Fußball zu ziehen. Zahavi verdient wahrscheinlich mehr als jeder Profi oder Trainer im englischen Fußball“, schrieb einst der „Guardian“. Und Zahavi tut das, mal wieder, durch eine kleine Hintertür.
Denn zum einen verdient er als Vermittler, zum anderen hat er sich die Rechte an weniger bedeutenden Spielern aus Lateinamerika und Afrika gesichert. „Ich bin kein Berater mehr. Ich besitze Spieler“, sagt er. Durch Einzug von Investoren wie Abramowitsch und den immer größeren Summen in Spielertransfers, steigen auch die Preise in den unteren Ligen. Ein Schneeballsystem. Und genau damit soll Zahavi immer wieder Millionensummen einstreichen.
Doppeltes Interesse
Der Israeli hat also durchaus doppeltes Interesse daran, dass Robert Lewandowski für viel Geld seinen Verein wechselt. Wenn sich der Markt zusätzlich erhitzen würde, könnte Zahavi indirekt daran verdienen. Alles im Konjunktiv, versteht sich. Die Zusammenarbeit zwischen Zahavi und Lewandowski soll übrigens nur bis zum Ende des Transfersommers laufen. Vielleicht ist das die schlechteste Nachricht für den FC Bayern.