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Vor China kam Russ­land. Gut zehn Jahre ist es her, da sich das flä­chen­mäßig größte Land der Welt anschickte, den Fuß­ball­markt mit rol­lendem Rubel zu über­schwemmen. Top­spieler und solche, die auf dem besten Weg waren, welche zu werden, folgten dem Ruf des Geldes und zogen in die Pre­mier Liga, der höchsten Spiel­klasse des Landes.

Hulk? Für 40 Mil­lionen zu Zenit St. Peters­burg. Axel Witsel? Eben­falls Zenit, eben­falls für 40 Mil­lionen. Auch die Bun­des­liga wurde vom Kauf­rausch der Neu­rei­chen erfasst, Hof­fen­heims Carlos Edu­ardo, sei­ner­zeit einer der auf­re­gendsten Offen­siv­spieler der Liga, wech­selte für 20 Mil­lionen Euro zu Rubin Kazan.

Die Cham­pions League blieb ein feuchter Traum

Manche belä­chelten die rus­si­sche Bemü­hungen, ver­spot­teten den dor­tigen Wett­be­werb als bes­sere Ope­ret­ten­liga. Andere wie Arse­nals ewiger Trainer Arsène Wenger hin­gegen pro­phe­zeiten, es werde nicht mehr lange dauern, bis rus­si­sche Ver­eine auch die Cham­pions League gewinnen würden.

Es kam anders. Zwar gewannen sowohl ZSKA Moskau (2005) als auch Zenit St. Peters­burg (2008) den Uefa Pokal, aber die Cham­pions League, der ganz große Tri­umph, blieb ein ferner, feuchter Traum.

Die Rubel-Rodeos zogen weiter

Dann wurde es still und stiller um den rus­si­schen Fuß­ball. Dann kam China. Und stellt seither alles bisher dage­we­sene in den Schatten. Die Rubel-Rodeos zogen weiter. Hulk? Für 56 Mil­lionen zu Shanghai SIPG. Axel Witsel? Für 20 Mil­lionen zu Tianjin Quan­jian, trotz eines gleich­zei­tigen Ange­bots von Juventus Turin. Einzig Carlos Edu­ardo spielt wieder dort, wo für ihn alles begonnen hat, schon vor Hof­fen­heim – in seiner Heimat Bra­si­lien.

Und Russ­land? Wie haben sich die einst so groß­spurig auf­tre­tenden Klubs ent­wi­ckelt? Eine Bestands­auf­nahme.

Zenit St. Peters­burg
Hulk: FC Porto: 40 Mil­lionen (2012)
Axel Witsel: Ben­fica Lis­sabon: 40 Mil­lionen (2012)
Danny: Dinamo Moskau: 30 Mil­lionen (2008)
Bruno Alves: FC Porto: 22 Mil­lionen (2010)
Javi Garcia: Man­chester City: 17 Mil­lionen (2014)

Hulk und Witsel haben den Klub ver­lassen. Im Gegenzug holte Zenit die relativ unbe­kannten Bra­si­lianer Hernani (8 Mil­lionen, Atle­tico PR) und Giu­liano (7 Mil­lionen, Gremio). Das liegt auch am neuen starken Mann in St. Peters­burg: Trainer Mircea Lucescu.

Nach Jahren in Donezk ver­sucht er sich nun bei Zenit an der Wie­der­ho­lung einer Erfolgs­ge­schichte: Junge, hung­rige Spieler aus Süd­ame­rika zu einer spiel­starken Ein­heit zu formen. Und setzt damit auf Spieler, die den Verein als Sprung­brett sehen, und nicht als wohl ali­men­tierte End­sta­tion.

Ein Sta­dion für eine Mil­li­arde

Die Abgänge der Mega-Stars war aber auch des­halb zu ver­kraften, weil Zenit in der Tabelle bereits mit acht Punkten hinter Spartak Moskau auf Rang zwei liegt. Mit wenig Aus­sichten auf den Titel fällt der Umbruch leichter. Fast 82 Mil­lionen Euro Trans­fer­über­schuss hat St. Peters­burg in dieser Saison erzielt.

Dabei sind sie darauf nach wie vor nicht ange­wiesen. Eigen­tümer Gaz­prom (offi­ziell ist es das ein Toch­ter­un­ter­nehmen, die Gaz­prom­bank) schwimmt im Geld wie eh und je. Und setzt es auch ein. Wie beim Bau des neuen Kres­towski-Sta­dions, das in diesem Jahr fertig gestellt sein soll und mal eben eine schlappe Mil­li­arde (!) Euro kostet.

Anschi Machatschkala
Wil­lian: Shakhtar Donezk: 35 Mil­lionen (2012)
Samuel Eto’o: Inter Mai­land: 27 Mil­lionen (2011)
Alek­sandr Kokorin: Dinamo Moskau: 19 Mil­lionen (2013)
Lacina Traoré: Kuban Kras­nodar: 18 Mil­lionen (2012)
Balazs Dzsudzsak; PSV Eind­hoven: 14 Mil­lionen (2011)

Ein­ziger Transfer in dieser Saison: Pavel Dolgov, Stürmer von Zenit St. Peters­burg 2. Kos­ten­punkt? 270 Tau­send Euro. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Das Geld ist knapp geworden.

Suleyman Kerimov, der den Klub einst aus seiner prall gefüllten Pri­vat­scha­tulle heraus finan­zierte – Samuel Eto’o soll 20 Mil­lionen im Jahr ver­dient haben – hatte irgend­wann die Lust ver­loren. Angeb­lich, weil die so teure Mann­schaft weit hinter den Erwar­tungen blieb.

Die Ärzte sagten Njet“

Ein Umstand, der dem sen­si­blen Kerimov an die Gesund­heit ging. Also rieten ihm seine Ärzte, das Invest­ment zu redu­zieren. Wie jeder weise Mann hörte der Olig­arch auf die Halb­götter in weiß, ver­scher­belte die Stars und setzte fortan auf die Jugend und Nach­wuchs­för­de­rung.

Die Pro­fi­mann­schaft des Klubs trai­nierte zwar wegen der krie­ge­ri­schen Unruhen in Dage­stan wei­terhin im fernen Moskau, und reiste nur zu den Heim­spielen in die Stadt am Kas­pi­schen Meer. Doch vor Ort inves­tierte man in Steine.

Auch das eine weise Ent­schei­dung. Nach einem zwi­schen­zeit­li­chen Abstieg ist der Verein inzwi­schen wieder in der ersten Liga ange­kommen und hält sich auf ganz eigenen Beinen und fast ohne teure, aus­län­di­sche Stars gekonnt über Wasser.

Dynamo Moskau
Alek­sandr Kokorin: Anschi: 19 Mil­lionen (2013)
Balazs Dzsudzsak: Anschi: 19 Mil­lionen (2011)
Maniche: FC Porto: 16 Mil­lionen (2005)
Igor Den­isov: Anschi: 15 Mil­lionen (2013)
Yuri Zhirkov: Anschi: 11 Mil­lionen (2013)

Der Poli­zei­klub der rus­si­schen Haupt­stadt konnte sich einst sogar Kevin Kuranyi leisten. Sport­lich, wie finan­ziell. Von 2009 gehörte der Verein der VTB Bank unter der Füh­rung eines Mannes namens Boris Roten­berg.

Mit ihm spielte die Mann­schaft zwar einige Jahre um den Titel mit, ver­stieß aber auch gegen die Richt­li­nien des Finan­cial Fair Play, so dass der Klub im Sommer 2015 aus dem kom­menden Europa League Spiel­zeit geworfen wurde. Die Stars ver­ließen das sin­kende Schiff, wel­ches dann auch gleich in die zweite Liga abstieg. Ende 2016 kam der Klub wieder in Besitz des Ursprungs­verein Dynamo – für den sym­bo­li­schen Kauf­preis von einem Rubel. Das sind 0,016 Euro. 

Loko­motiv Moskau
Mou­barak Bous­soufa: Anschi: 15 Mil­lionen (2013)
Las­sana Diarra: Anschi: 12 Mil­lionen (2013)
Peter Odem­wingie: LOSC Lille: 10 Mil­lionen (2007)
Roman Pav­lyu­chenko: Tot­tenham Hot­spur: 9 Mil­lionen (2011)
Felipe Cai­cedo: UD Levante: 7,5 Mil­lionen (2011)

Der Eisen­bah­n­er­klub gehört tat­säch­lich noch immer der rus­si­schen Eisen­bahn. Die ist immerhin das dritt­größte Trans­port­un­ter­nehmen der Welt. Hält sich in Sachen Inves­ti­tionen aber seit jeher merk­lich zurück. Loko­motiv ist die eine rühm­liche Aus­nahme. Ein Klub, der ein­fach nur über Jahre gute, nach­hal­tige Arbeit geleistet hat. Und sich dann auch ab und an auch mal etwas leisten kann.

Spartak Moskau
Fer­nando: Sampdoria Genua: 12,5 Mil­lionen (2016)
Aiden McGeady: Celtic Glasgow: 12 Mil­lionen (2010)
Quincy Promes: Twente Enschede: 11,5 Mil­lionen (2014)
Emma­nuel Eme­nike: Fener­bahce: 10 Mil­lionen (2011)
Nicolas Pareja: Espanyol Bar­ce­lona: 10 Mil­lionen (2010)

Der Rekord­meister. Und zugleich der Verein, der den ein­fa­chen Leuten zuge­schrieben wird. Zwi­schen 1991 und 2001 holte der Klub gleich neun Mal die Schale. Dann kaufte der noch heute amtie­rende Prä­si­dent Leonid Fedun sich ein. Das Geld dafür hatte er locker – ihm gehören schlie­lich 9,2 Pro­zent am Ölriesen Lukoil.

Doch mit ihm kamen die Pro­bleme. Spartak holte keine Meis­ter­schaften mehr, und Schuld daran, da waren sich die Fans einig, sei einzig Eigen­tümer Fedun. Dessen Vita auch reich­lich Anlass gibt, stutzig zu werden. Schließ­lich war der in Kiew gebo­rene Mil­li­ardär in seiner Jugend beken­nender Fan von Dynamo Kiew – in Sowjet­zeiten der här­teste Rivale von Spartak Moskau.

Und aus­ge­rechnet ein Dynamo-Fan sollte Spartak leiten? In diesem Jahr aber scheint der Fluch ein Ende zu finden – Spartak führt die Tabelle zur Halb­zeit der Saison wie erwähnt mit sou­ve­ränen acht Punkten Vor­sprung an. Und die dies­jäh­rige Trans­fer­bi­lanz von immerhin Minus 22 Mil­lionen Euro verrät, dass zumin­dest dieser Geld­hahn noch nicht ver­siegt ist.

ZSKA Moskau
Seydou Doumbia: Young Boys Bern: 11 Mil­lionen (2010)
Mario Fer­nandes: Gremio: 10,5 Mil­lionen (2012)
Zoran Tosic: Man­chester United: 9,5 Mil­lionen (2010)
Vitinho: Bota­fogo: 9,5 Mil­lionen (2013)
Mark Gon­zalez: Betis Sevilla: 6,5 Mil­lionen (2009)

Machen wir es kurz: Eigen­tümer Jew­geni Giner hat nicht gerade den besten Leu­mund. Oder anders gesagt: Seine Ver­bin­dungen ins kri­mi­nelle Milieu sind wohl sta­biler als es der Rubel je war. Kurz vor größten Erfolg der Ver­eins­ge­schichte etwa, dem Sieg im Uefa-Pokal 2005, wurde sein ver­dun­kelter Mer­cedes beschossen.

Einzig: Es war sein Sohn Vadim, der im Auto saß. Und der wohl noch Glück hatte, da er nur ledig­lich ernst­haft ver­letzt“ wurde, wie es später hieß. Doch wie das so ist, wenn die Grund­lage des Wohl­stands eher krummer Natur ist: Von Zeit zu Zeit gibt es Ärger mit dem Gesetz.

Und das ist immer teuer. Im Sommer 2016 ver­don­nerte ein Mos­kauer Gericht drei Firmen aus dem Besitz­stand des ZSKA-Moguls zu Straf­zah­lungen von ins­ge­samt 98 Mil­lionen Dollar. Das drückt auf die Stim­mung. Und auf die Spen­dier­hosen. So erwirt­schaf­tete der Verein, immerhin amtie­render Meister, diese Saison ein Trans­fer­plus von stolzen 22 Mil­lionen Euro. Und gab für nicht einen Neu­zu­gang auch nur eine Kopeke aus. So ist das, wenn Gangster sparen müssen.

Rubin Kazan
Carlos Edu­ardo: TSG Hof­fen­heim: 20 Mil­lionen (2010)
Roman Ere­menko: Dynamo Kiew: 12,9 Mil­lionen (2011)
Yann M’Vila: Stades Rennes: 12 Mil­lionen (2012)
Maxime Les­ti­enne: Al Arabi: 10 Mil­lionen (2016)
Ruben Rochina: FC Gra­nada: 10 Mil­lionen (2016)

Es war 1996, als Kamil Iskh­akrov die Füh­rung des Ver­eins über­nahm. In Deutsch­land eher undenk­bares Detail dieser Tat­sache: Er tat dies wäh­rend seiner Amts­zeit als Bür­ger­meister der Stadt. Und tat­säch­lich gehört der Klub auch Tatar­stan, der auto­nomen Teil­re­pu­blik Russ­lands im öst­li­chen Teil des Landes.

Und zunächst ging es bergauf. 2008 und 2009 holte der Klub die rus­si­sche Meis­ter­schaft. Der Groß­an­griff sollte folgen. Doch die teuren Neu­zu­gänge der kom­menden Jahre blieben weit hinter den Erwar­tungen. Dann drohte auch noch das Finan­cial Fair-Play der Uefa für Ärger zu sorgen.

Luft nach oben

Ent­täuscht beschloss die Klub-Füh­rung, das Budget wieder zu senken. Ein Umstand, an den sich Erfolgs­coach Kurban Ber­dyev so gar nicht gewöhnen wollte. Er zog weiter zum FK Rostow, führte den Außen­seiter zur Vize­meis­ter­schaft und bis in die Cham­pions League.

In Kazan hin­gegen hat man sich nach einer Saison 2015/16, die im Nie­mands­land und auf Platz zehn endete, dann doch wieder erin­nert, wie schön das mit dem Geld aus­geben lief. Und pumpte wieder ordent­lich Staats­gelder in den Verein. Das Trans­fer­minus von 33 Mil­lionen Euro immerhin ist dann auch schon wieder euro­päi­sches Top­ni­veau. Nur sport­lich ist noch Luft nach oben – der aktu­elle Platz neun ist jetzt nicht so viel besser als Platz zehn.