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Dieser Text erschien erst­mals 2011 anläss­lich des Kar­rie­re­endes von Paul Scholes.

Der moderne Profi-Fuß­ball lässt eigent­lich keinen Platz mehr zu für so sen­ti­men­talen Kram, wie Legenden und Vor­bilder. Wäh­rend sich frü­here Gene­ra­tionen noch ganz ver­liebt den Kicker-Star­schnitt“ von Kevin Keagan an die hei­mi­sche Wohn­zim­mer­wand kleben durften, gehört es in der Gegen­wart zum guten Ton auf die Frage Wer ist ihr großes Idol?“ mit einem sou­ve­ränen Ich selbst“ zu ant­worten. Immerhin, ein paar Vor­bilder sind uns noch geblieben. Eines davon hat mehr als 100 Tore in seiner Kar­riere geschossen und spielte für Man­chester United in der Pre­mier League. Das Vor­bild heißt Paul Scholes.

Für mich ist Paul Scholes der Beste“, hat Cesc Fab­regas einmal gesagt, der kann alles: Pässe spielen, Tore machen, arbeiten.“ Um dann noch ganz bescheiden anzu­fügen, gerne selbst so gut zu werden, wie der kan­tige Rot­schopf. Es gab nicht wenige, die dem Spa­nier genau das zuge­traut hatten. Doch es war eine große Auf­gabe, die sich Fab­regas – ohne Zweifel ein Aus­nah­me­ta­lent – da gestellt hatte. Seit der Saison 1995/96 hatte Scholes in jeder Saison mehr als 20 Liga­spiele bestritten, hat Minuten, Stunden, Tage, Monate im Trikot von Man­chester United abge­rissen, als sei er kein Lebe­wesen aus Fleisch, Blut und ver­let­zungs­an­fäl­ligen Gelenken, son­dern ein Roboter in weißen Hosen.

Ein Roboter in weißen Hosen

Seine Erfolgs­bi­lanz für die Red Devils“, deren Aus­bil­dung er gemeinsam mit der gol­denen Gene­ra­tion um Beckham, Giggs und Neville genossen hat, ist gigan­tisch und sprengt jeden Brief­kopf. In einem der besten Fuß­ball-Ver­eine der der Welt war der Eng­länder stets trei­bende Kraft im Mit­tel­feld, dort, wo der Kon­kur­renz­kampf am größten ist. Sein Trainer in all den Jahren: der ewige Alex Fer­guson. Für den Schotten mit den roten Bau­späck­chen ist das Erfolgs­re­zept seines Schütz­lings ziem­lich ein­fach: Paul hat sich schon immer durch zwei Dinge aus­ge­zeichnet, die man selten ver­eint findet: Hirn und Klasse.“

Im Februar 2011 hatte Paul Scholes gegen den abstiegs­be­drohten Neu­ling Wol­ver­hampton Wan­de­rers noch ein ganz beson­deres Jubi­läum feiern können: Sein 1:0 in der 73. Minute (gleich­zeitig der End­stand) war das 100. Pre­mier-League-Tor für Man­ches­ters Nummer 18. Eine sen­sa­tio­nelle Quote, bedenkt man, dass Scholes seit jeher einen eher defen­si­veren Part in der Zen­trale von United beklei­dete. Ent­spre­chend eupho­risch urteilte denn auch sein Trainer: 100 Tore aus dem Mit­tel­feld heraus machen deut­lich, welch ein her­aus­ra­gender Spieler Paul Scholes ist.“

Er ver­eint zwei Dinge: Hirn und Klasse“

Die 100 war voll, doch ver­mut­lich wird das Eng­lands ein­ziges Vor­bild nicht mal gejuckt haben. Kein anderer Fuß­baller von der Insel hat sich sei­ner­zeit so vehe­ment gegen indi­vi­du­elle Ver­mark­tung und mediale Aus­schlach­tung ver­wehrt, wie er. Keine Berater, keine Wer­be­ver­träge, keine Geschichten für die Zei­tungen mit den großen Buch­staben. Wenn er nicht ein so guter Fuß­baller wäre, könnte man fast meinen, dass Paul Scholes ein ziem­lich lang­wei­liger Mensch sei.

Dass man ihm zu Beginn seiner Kar­riere noch ein sehr schnelles Ende pro­phe­zeite, ist heute ledig­lich eine kurze Rand­notiz wert. Das Starlet von Man­chester leidet an einer schreck­li­chen Form von Asthma“, dia­gnos­ti­zierten ein­schlä­gige Bou­le­vard­blätter im Sommer 1996, er wird ver­mut­lich nur noch wenige Spiele über­leben.“

Paul Scholes aber blieb. Bis er, 36-jährig, auf einer eigens ein­be­ru­fenen Pres­se­kon­fe­renz 2011 sein Kar­rie­re­ende bekannt gab. Er ver­ab­schie­dete sich als Rekord­meister, Man­chester United distan­zierte mit dem 19. Titel die Kon­kur­renz aus Liver­pool. Gibt es eigent­lich den Star­schnitt“ noch?