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Zufall, der
Sub­stantiv, mas­kulin
1. das Auf­treten eines Ereig­nisses oder Zusam­men­treffen meh­rerer Ereig­nisse ohne kau­sale Erklä­rung

Im ursprüng­li­chen Wort­sinne würde Aaron Ramsey den Zufall sicher wohl­wol­lend unter­schreiben. Dass ihm Tor­er­folge zufallen“ ist letzt­lich erfreu­lich – für den Mit­tel­feld­mann und seinen Arbeits­geber, den FC Arsenal. Was die bri­ti­schen Medien und Netz­sphären daraus machen, ist weniger erfreu­lich als viel­mehr obskur. Denn die Sun“ behauptet auf Basis diverser Twitter-Ein­träge seit Februar 2012, Ramsey würde mit jedem seiner Tore eine berühmte Per­sön­lich­keit umbringen.

So ganz von der Hand weisen lässt sich die dunkle Behaup­tung bedau­er­li­cher­weise nicht. Ein Rück­blick: Am 22. August 2009 erzielt Ramsey sein Debüttor für den FC Arsenal, am 23. August stirbt der isla­mis­ti­sche Stam­mes­führer Bai­tullah Mehsud nach einem Droh­nen­an­griff der US-Luft­waffe. Vor­erst kommt nicht mal die Yellow Press“ auf den Gedanken, diese Ereig­nisse in eine Rela­tion zu bringen. Zwei Monate darauf, am 14. Oktober 2009, netzt Ramsey erst­mals für die wali­si­sche Natio­nal­mann­schaft. Noch in der Nacht zum 15. Oktober ent­schläft Josias Kumpf, als ehe­ma­liger KZ-Wach­mann der Ermor­dung von 8000 Juden beschul­digt, alters­be­dingt in einem Wiener Spital. Auch das: Eine bloße Rand­notiz. Zunächst.

Bin Laden, Jobs, Gad­dafi – und Houston

Seinen nächsten Tor­er­folg ver­bucht Ramsey am 23. Februar 2011 in den Farben Car­diff Citys, Arsenal hat ihn zwecks Wei­ter­ent­wick­lung in seine Heimat ver­liehen. Drei Tage später ver­stirbt der Kana­dier Roch Moses“ Thé­ri­ault – 26-facher Vater, Apo­ka­lypse-Ver­fechter, Gewalt­täter und Begründer der Ant Hill Kids Kom­mune“, nach zwan­zig­jäh­riger Haft in einem Gefängnis in New Bruns­wick. Es ranken sich erste dubiose Gerüchte um Ram­seys geheim­nis­volle Fähig­keit“, die Liste seiner Opfer“ erscheint jedoch wei­terhin recht beliebig und insze­niert. Bis sich der Waliser, inzwi­schen wieder für Arsenal auf dem Rasen, im Top­spiel gegen Man­chester United am 1. Mai 2011 für das Tor des Tages beju­beln lassen kann. In den Mor­gen­stunden des 2. Mai wird Al-Qaida-Anführer Osama bin Laden von einer US-Spe­zi­al­ein­heit erschossen. Ein gefun­denes Fressen für die schlag­zei­len­hei­schende Regen­bo­gen­presse der Insel.

Am 2. Oktober 2011 schiebt Ramsey im North London Derby“ gegen den Stadt­ri­valen Tot­tenham Hot­spur ein. Am 5. Oktober erliegt Apple-Gründer Steve Jobs seinem Krebs­leiden. Aaron Ramsey is a mur­derer“, ist auf dem Banner eines bedeu­tenden Tot­tenham-Blogs zu lesen. Gerade zwei Wochen darauf knipst Ramsey in der Cham­pions League gegen Olym­pique Mar­seille, am nächsten Tag segnet Libyens Macht­haber Muammar al-Gad­dafi das Zeit­liche. Auf Twitter errei­chen die bizarren Schick­sals­fü­gungen um Ram­seys Tore und das Ableben von Osama Bin Laden, Steve Jobs und Oberst Gad­dafi Kult­status. Der eng­li­sche Blät­ter­wald macht das Ganze in seiner Schlag­zei­lenwut öffent­lich­keits­wirksam. Die Sun“ titelt Ram­seys Todes­aus­flüge enden nicht“, der Tele­graph“ nennt Ramsey einen Promi-Schlächter“.

Am 11. Februar steuert Aaron Ramsey einen Treffer zum Sieg der Gun­ners“ gegen den FC Sun­der­land bei. Whitney Hous­tons leb­loser Körper wird wenige Stunden später in einem Hotel­zimmer in Beverly Hills gefunden. Das Spitze des dunklen Eis­bergs.

Ein Zufall? In jedem Fall. Zuge­ge­be­ner­maßen aber ein recht gro­tesker. Eine ähn­liche Sta­tistik ließe sich zwei­fels­frei auch für die Messis, Ronaldos und van Per­sies dieser Welt insze­nieren. Der Unter­schied ist aller­dings: Der wali­si­sche Natio­nal­spieler ist für seine Tor­ge­fahr wahr­lich nicht berüch­tigt. In vier Jahren Arsenal hatte er gerade eine Hand­voll Treffer erzielt. Drei davon seien töd­lich“ geendet, so die Hoh­rech­nung des Tele­graph“.

Seit dieser Spiel­zeit hat sich Ram­seys Profil nun ver­än­dert: Sein Trainer Arsène Wenger scheint dem defen­siven Mit­tel­feld­spieler tat­säch­lich Tor­ge­fahr ein­ge­impft zu haben. In den letzten beiden Pre­mier League Spielen traf Ramsey dreimal, in der Cham­pions-League-Qua­li­fi­ka­tion beer­digte er Fener­bahce mit dem vor­ent­schei­denden 2:0 (End­stand 3:0) im Hin­spiel und einem Dop­pel­pack im Rück­spiel. Das erste Grup­pen­spiel führte Arsenal in der Dort­munder Gruppe F nach Mar­seille. Die Nord­lon­doner besiegten Olym­pique mit 2:1, den Sieg­treffer mar­kierte – logisch – Aaron Ramsey.

Fata­lismus und Unbe­hagen

Manch einer rettet sich in Fata­lismus. Viel­leicht kann er auf diese Art wei­tere Pro­bleme der Gesell­schaft beheben“, so der schwarz­hu­mo­rige Kom­mentar eines Anhän­gers in einem Arsenal-Forum. Schließ­lich hätte Ramsey eine Pop-Sän­gerin, einen Geschäfts­mann, einen Dik­tator, einen Gewalt­täter, und den Anführer einer ter­ro­ris­ti­schen Orga­ni­sa­tion auf dem Gewissen.

Bei man­chem wie­derum sorgen Ram­seys neue Qua­li­täten im Tor­ab­schluss für Unbe­hagen. In einem anderen eng­li­schen Fuß­ball-Forum ist dieser Tage zu lesen: Ich habe Angst, dass die Dinge außer Kon­trolle geraten.“

Okkul­tismus, der
Sub­stantiv, mas­kulin
1. Vari­ante der Eso­terik, Glaube an Dinge und Ereig­nisse, die als über­na­tür­lich auf­ge­fasst werden