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Goran Malic ist Mit­glied der linken Ultra­gruppe White Angels“ und unter­stützte früher den NK Zagreb. Weil er den Ras­sismus auf den Rängen und die Kor­rup­tion der Funk­tio­näre nicht mehr ertrug, grün­dete er Ende 2014 mit Freunden den ersten anti­fa­schis­ti­schen Fan­verein Kroa­tiens. Anfang Dezember fei­erte der NK Zagreb 041 sein zwei­jäh­riges Bestehen – unter anderem mit einer Reise nach Berlin. Wir trafen ihn zum Inter­view in einer Kneipe im Prenz­lauer Berg.
 
Goran Malic, wenn in den ver­gan­genen Jahren über kroa­ti­schen Fuß­ball berichtet wurde, ging es um Kor­rup­tion, Betrug oder Ras­sismus. Ist es wirk­lich so schlimm?
Es gibt nichts zu beschö­nigen. Der kroa­ti­sche Fuß­ball ist am Boden, ein Desaster. Wegen der genannten Ent­wick­lungen lässt auch Inter­esse immer weiter nach. Zu einigen Erst­li­ga­spielen kommen heute nicht mal mehr 300 Zuschauer, die Natio­nal­mann­schaft trug in den ver­gan­genen vier Jahren öfter in London ihre Heim­spiele aus als in Split.
 
Haben Sie des­wegen einen neuen Verein gegründet?
Das ist eine Folge. Ich war Fan des NK Zagreb (Meister 2002, aktuell zweite Liga, d. Red.) und bin bis heute Mit­glied der Ultra­gruppe White Angels“, die vor zwei Jahren geschlossen dem Verein den Rücken kehrte. Wir waren die ein­zige linke Fan­gruppe im kroa­ti­schen Fuß­ball, was uns viel Ärger ein­brachte.
 
Was mussten Sie ertragen?
Als Linker kann man sich in Zagreb nicht so frei bewegen wie etwa in Berlin. Wenn ich früher mit einem Anti-Ras­sismus-Shirt zum Sta­dion gegangen bin, habe ich immer einen Pull­over drüber gezogen.
 
Wie war es im Sta­dion?
Wir wurden oft ange­feindet. Bei Spielen beschimpften uns die geg­ne­ri­schen Fans als Kom­mu­nisten“ oder Schwuch­teln“. Gele­gent­lich wurden wir auch kör­per­lich atta­ckiert. Als wir einmal ein Banner mit dem Slogan Fuß­ball­fans gegen Homo­phobie“ prä­sen­tierten, tauchten plötz­lich ein paar Typen auf, prü­gelten auf uns ein und ver­suchten, unsere Fahne zu stehlen.
 
Im Gegen­satz zu west­eu­ro­päi­schen Fan­szenen ist die Ultra­kultur in Ost­eu­ropa oft von rechts­extremen Hoo­li­gans durch­setzt. Wieso?
Im ehe­ma­ligen Jugo­sla­wien grün­deten sich die meisten Ultra­gruppen Ende der acht­ziger oder Anfang der neun­ziger Jahre, also in der Zeit der Jugo­sla­wi­en­kriege. Alle Gruppen traten des­wegen von Anfang an sehr natio­na­lis­tisch und ras­sis­tisch auf – und sie sind es bis heute. In den Sta­dien sieht man etwa Refu­gees not welcome“-Banner und aller­hand rechts­extreme Sym­bole: Usta­scha-Ver­weise am Revers, Kel­ten­kreuze auf Fahnen…
 
Oder Haken­kreuze im Rasen.
Das pas­sierte vor dem EM-Qua­li­fi­ka­ti­ons­spiel gegen Ita­lien im Juli 2015. Unbe­kannte bra­chen in der Nacht vor der Partie ins Sta­dion ein und ätzten mit Che­mi­ka­lien ein Haken­kreuz in den Rasen. Zwar sind Haken­kreuze im Sta­dion ver­boten, aber auch das hält einige Fans nicht davon ab, sie trotzdem zu zeigen. Ich erin­nere mich an ein Spiel, bei dem sich zahl­reiche rechts­extreme Ultras in einem Block in Haken­kreuz-For­ma­tion auf­stellten.
 
Was unter­nehmen der Ver­band oder die Ver­eine dagegen?
Nichts. In Kroa­tien gibt es keine Fan­läden oder Fan­pro­jekte. Es gibt keine linke Fan­kultur wie in Deutsch­land. Soli­da­rität bekommen wir bis heute vor­nehm­lich von aus­län­di­schen Fans, wir haben etwa Freunde beim FC St. Pauli oder dem SV Babels­berg 03. Bei unserem Verein waren wir dagegen stets uner­wünscht. Wir wurden sogar aus dem eigenen Block geprü­gelt. Von Schlä­gern, die unser Prä­si­dent bezahlt hatte.
 
Sie spre­chen von Drazen Medić. 2012 soll er den Spieler Vedran Celiscak so wüst ver­prü­gelt haben, dass der mit Ver­let­zungen im Gesicht, am Ohr und Arm ins Kran­ken­haus gebracht werden musste.
Ein Wahn­sin­niger. Dazu noch kor­rupt. Seit Jahren füllt er sich auf Kosten des Ver­eins die eigenen Taschen. Diese Miss­stände haben wir immer wieder ange­pran­gert – und er reagierte mit Gewalt. Irgend­wann konnten wir es nicht mehr ertragen. Wir sind schließ­lich eine kleine Gruppe, 15 bis 20 Leute viel­leicht. Ende 2014 beschlossen wir, einen eigenen Klub zu gründen. Einen Verein wie den FC United of Man­chester, HFC Falke oder den AFC Wim­bledon. Einen Verein nach unseren eigenen Vor­stel­lungen.
 
Welche sind das?
Bei unserem neuen Klub, dem NK Zagreb 041, wird alles basis­de­mo­kra­tisch ent­schieden, und es gibt keinen Prä­si­denten. (Lacht.) Außerdem sind wir explizit anti­fa­schis­tisch, enga­gieren uns für Flücht­linge. Einige spielen bei uns mit, und auch unser Trainer ist ein ehe­ma­liger Flücht­ling.