Souverän ist der FC Lausanne-Sport in die Schweizer Super League aufgestiegen. Dabei ist der Verein nur ein kleines Rädchen in einer milliardenschweren Marketingmaschinerie eines umstrittenen Chemiekonzerns – dessen Vorgehen stark an Red Bull erinnert.
Die engen Netzwerke der Ineos-Klubs zeigen auch die regelmäßigen Treffen von Aufstiegstrainer Contini mit seinem Nizzaer Amtskollegen Patrick Vieira, bei denen sie sich sich fachlich austauschen. Vor dem Ausbruch des Corona-Virus habe Contini, wie er erzählt, zudem mit den beiden Brüdern Jim und Bob Ratcliffe bei einem Meeting an der Côte d’Azur über bestmögliche Synergien mit Ineos-Teams aus anderen Sportarten diskutiert.
Das erinnert schon sehr an die Vorgehensweise im Red-Bull-Konzern, bei dem etwa die Fußballklubs aus Salzburg und Leipzig oder die Schwesternteams Scuderia AlphaTauri und Red Bull Racing in der Formel 1 eng zusammenarbeiten. Im Ineos-Konglomerat geht man sogar noch einen Schritt weiter. Um die Synergien perfekt zu nutzen, trainieren die Radfahrer und die Fußballer in Nizza und bekommen Daten zur Aerodynamik aus der Formel 1 und der Marathonläufer Kipchoge bekommt Unterstützung von den Meteorologen der Segler.
Auch die Strategie hinter den Investitionen von mehreren Hundert Millionen Euro scheint nach dem Vorbild des Energydrink-Riesen zu funktionieren. Denn Red Bull hat es geschafft, dass die Marke zwar stets präsent ist, dabei aber explizit nicht das Produkt an sich im Vordergrund steht. So will auch Ineos erfolgreich sein, denn ein Aufpolieren des eigenen Images hat der Chemiekonzern dringend nötig.
Das Unternehmen steht seit Jahren heftig in der Kritik. Es entstand aus einem Management-Buyout beim Ölkonzerns BP und erweitert die Produktpalette stetig. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 22.000 Mitarbeiter und macht rund 51 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Zu den Geschäftsfeldern gehören unter anderem die Herstellung von Plastik aus Rohstoffen, die durch das umstrittene Fracking gewonnen werden.
„Wir erleben ein hyperkapitalistisches Unternehmen, das mit Schulden ein riskantes Geschäft finanzieren will“, kritisierte Thomas Gorden von der belgischen Bürgerbewegung StRaten-Generaal gegenüber der Münchner Denkfabrik 1E9 die Errichtung einer Ineos-Fabrik in Antwerpen. „Dabei liegt der Fokus komplett auf fossilen Brennstoffen. Die werden ausgerechnet durch Fracking gewonnen. Und damit soll Plastik hergestellt werden, das irgendwann in den Weltmeeren landet oder verbrannt wird. Alles, was man falsch machen kann, wird hier falsch gemacht.“
Und auch Ineos-Gründer Jim Ratcliffe, der 2018 zum Sir geschlagen wurde, wird aufgrund der Diskrepanz zwischen seinen Aussagen und Taten immer wieder kritisiert. Der von der Zeitschrift Forbes erst im März als reichster Brite betitelte Milliardär sprach sich vehement für den Brexit aus, zog allerdings Anfang 2019 nach Monaco. Den Sitz von Ineos verlegte er zwischenzeitlich in die Schweiz, um Steuern zu sparen.