Udo Scholz, der ehemalige Stadionsprecher des 1.FC Kaiserslautern hat den berühmtesten deutschen Fangesang erfunden. Und den ganzen Berufszweig revolutioniert. Nun ist er verstorben.
Der nette Herr mit den grauen Haaren und den fröhlichen Augen hatte so gar nichts von einem „Anheizer“, doch das war noch einer der höflicheren Ausdrücke, die sich Udo Scholz früher gefallen lassen musste. Manche Leute nannten ihn einen „Scharfmacher“ oder „Einpeitscher“; Winnie Schäfer benutzte sogar Vokabeln, die wir hier nicht wiedergeben können. Und das alles nur, weil Scholz in seinem Nebenjob als Stadionsprecher des 1. FC Kaiserslautern ein paar Dinge machte, die heute völlig normal sind, die aber damals – in den Siebzigern und Achtzigern – keiner seine Kollegen tat.
So las Scholz die Aufstellung nicht im stillen Kämmerlein vor, sondern stand dabei auf dem Rasen vor der Westkurve. Und er las nur den Vornamen eines Spielers, damit die Tribüne den Nachnamen brüllen konnte. „Das war eigentlich eine Idee von Rainer Franzke vom ‚Kicker‘“, erklärte Scholz. „Der hat das irgendwo im Ausland gesehen. In Deutschland wollte keiner das Risiko eingehen, weil wir ja damals noch keine Videowürfel hatten, auf denen man die Namen einblenden konnte. Die anderen Stadionsprecher hatten einfach Angst, dass ihr Publikum nicht mitmacht. Aber ich kannte ja meine Westkurve.“
Die perfekte Vorbereitung für den Job
Außerdem hatte Scholz schon immer ein Faible für große Auftritte und Showeffekte. In den späten Sechzigern arbeitete er als Tourmanager für den Kinderstar Heintje, davor veranstaltete der gebürtige Sauerländer Konzerte, bei denen es sehr wild zugehen konnte, wie Scholz in seinen 2017 erschienenen Memoiren erzählte. In Ludwigshafen zerlegten erst The Who ihre Instrumente, dann die Zuschauer die Halle. In Düsseldorf bewarfen Fans von Deep Purple die Vorband mit so vielen Joghurtbechern, dass die Feuerwehr anrücken musste, um die Bühne zu säubern.
Böse Zungen sagen, diese Art von Randale sei eine perfekte Vorbereitung auf den Job in Kaiserslautern gewesen. Dorthin verschlug es Scholz 1973 aus beruflichen Gründen. In den zehn Jahren zuvor hatte er als Stadionsprecher für Borussia Dortmund gearbeitet, nun übernahm er diese Aufgabe auch am Betzenberg – und erfand dort nicht nur den bekanntesten Fangesang des Landes, sondern auch seinen Posten neu. Mit ihm am Mikrofon wurde das Stadion nämlich zu einem gefürchteten Hexenkessel. „Er dirigierte die Massen“, schrieb das Magazin „SportBild“ schon 1989. „Er machte den Betzenberg für die Gegner zur Hölle.“ Scholz, war sich keiner Schuld bewusst. „Wenn du nicht brennst, kannst du kein Feuer entfachen“, sagte er. „Mein Motto war: Wenn ich ein Tor des FCK ansage, ist das so, als ob der Papst den Segen Urbi et orbi spricht.“