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Es gehört zur Tragik des Lebens von Jenő Károly, dass er seinen größten Tri­umph nicht mehr mit­er­lebte. Noch etwas tra­gi­scher gerät dieser Umstand dadurch, dass Károly ihn in gewisser Weise selbst her­bei­re­dete. Denn nachdem auch das zweite Final­spiel der ita­lie­ni­schen Nord­liga gegen den FC Bologna im Jahr 1926 Unent­schieden geendet hatte, sagte der Trainer von Juventus Turin: Ein drittes Spiel erlebe ich nicht mehr.“ Ver­mut­lich meinte er damit, dass er bei der all der Auf­re­gung eine wei­tere Partie nur schwer aus­halten könne. Doch er sollte recht behalten. Im wört­li­chen Sinne.

Drei Tage nach dem 0:0 im eigenen Sta­dion erlag Károly einem Herz­schlag. Die mit echt süd­li­chem Tem­pe­ra­ment betrie­benen Ent­schei­dungs­spiele“ sowie die zahl­rei­chen Auf­re­gungen des Trai­nings- und Wett­spiel­be­triebes“ hätten dem Ungarn arg zuge­setzt, berich­tete das Wiener Sport-Tag­blatt am 3. August 1926. Den Todes­stoß ver­setzten ihm jedoch wohl die eigenen Spieler: Als er sie nach einem Trai­nings­spiel noch zum Laufen schi­cken wollte, hätten sich einige der jün­geren gewei­gert. Dar­über sei Károly in so große Erre­gung geraten, dass er auf dem Platz zusam­men­brach und in seine Woh­nung gebracht werden musste. Dort ver­starb er einen Tag später im Alter von nur 40 Jahren.

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Seine Mann­schaft indes schien der Schick­sals­schlag nicht negativ zu beein­flussen. Lands­mann József Viola über­nahm als Spie­ler­trainer und führte die Turiner zum dritten Ent­schei­dungs­spiel, das in Mai­land vor einer bis zum Fana­tismus erregten Zuschau­er­menge von etwa 25.000 Men­schen“ (Sport-Tag­blatt) aus­ge­tragen wurde. Juventus siegte mit 2:1 und fer­tigte in den End­spielen um die gesamt­ita­lie­ni­sche Meis­ter­schaft Alba Rom mit 7:1 und 5:0 ab. Es war der zweite von bis heute 31 Lan­des­meis­ter­ti­teln in Juves Geschichte.

Daran hatte auch Karoly seinen Anteil. Schließ­lich war er der erste über­haupt, der bei Juventus Turin das Amt des Chef­trai­ners beklei­dete. Zuvor war es in Ita­lien üblich, dass sich die Spieler unter Anlei­tung des Mann­schafts­ka­pi­täns mehr­mals in der Woche zum Fuß­ball­spielen und Laufen trafen. Das änderte sich in Turin erst, als Edo­ardo Agnelli, Sohn von Fiat-Gründer Gio­vanni Agnelli, 1923 das Prä­si­den­tenamt über­nahm. Er inves­tierte nicht nur in Spie­ler­ein­käufe, son­dern warb auch Jenő Károly als Trainer von Savona Calcio ab.

Bis zum Fana­tismus pflicht­eifrig

Eine rich­tungs­wei­sende Ent­schei­dung: Unter Károly trai­nierte die Mann­schaft erst­mals nach fest­ge­legten tak­ti­schen und stra­te­gi­schen Vor­gaben. Schnell erar­bei­tete er sich den Spitz­namen des Herrn Pro­fes­sors“. Das Sport-Tag­blatt attes­tierte ihm, er sei bis zum Fana­tismus pflicht­eifrig.“

Mit seiner peni­blen Arbeit lockte der unga­ri­sche Trainer auch Lands­leute wie József Viola und Ferenc Hirzer nach Turin, die sich als echte Ver­stär­kungen erwiesen. Und so ver­bes­serte sich die Mann­schaft unter Károly stetig: Auf einen noch ent­täu­schenden sechsten Grup­pen­platz in der Pre­mie­ren­saison folgte Platz drei und schließ­lich der Grup­pen­sieg mit den anschlie­ßenden Ent­schei­dungs­spielen gegen Bologna.

Das erfolg­reiche Wirken der Ungarn in Turin blieb auch inter­na­tional nicht ver­borgen: Im April 1926 notierte das Illus­trierte Sport­blatt aus Öster­reich: Immer wieder werden Stimmen laut, welche mit großer Sicher­heit behaupten, daß Hirzer, Viola und der Trainer Károly (Juventus) nach Bar­ce­lona gehen wollen. Das wäre ein schwerer, fast nicht über­wind­barer Schlag für die Juventus.“

Dass Károly über­haupt in Ita­lien gelandet war, hatte wohl mit den Wirren der Zeit nach dem ersten Welt­krieg zu tun. Zwi­schen dem König­reich Rumä­nien und der kurz zuvor aus­ge­ru­fenen Räte­re­pu­blik Ungarn kam es im April 1919 zum Krieg. Mit­ten­drin an der Front als stell­ver­tre­tender Kom­man­dant eines Arbei­ter­ba­tail­lons: Jenő Károly. Als die Räte­re­pu­blik nach dem Ein­marsch rumä­ni­scher Truppen in Buda­pest zusam­men­brach, begann der soge­nannte Weiße Terror“, bei dem ehe­ma­lige Funk­tio­näre und Anhänger des Räte­sys­tems teils bes­tia­lisch hin­ge­richtet wurden. Es wird ver­mutet, dass Károly als Soldat der Räte­re­pu­blik des­halb nach Ita­lien floh.

Ein Opfer seines Berufs

Dabei hatte er in seinem Hei­mat­land durchaus einige Erfolge vor­zu­weisen. Mit dem MTK Buda­pest hatte er als Spieler zweimal die Meis­ter­schaft geholt. Károly wurde Tor­schüt­zen­könig und Natio­nal­spieler, nahm mit Ungarn sogar an den olym­pi­schen Spielen 1912 in Stock­holm teil.

Die Nach­richt über seinen plötz­li­chen Tod rief in Ungarn dann auch Bestür­zung hervor. Das Sport-Tag­blatt berich­tete von überaus herz­li­chen Nach­rufen“ in der unga­ri­schen Presse auf den Herrn Pro­fessor, der sich überall größter Sym­pa­thie erfreut habe. Und auch die Tragik seines Todes brachte das Blatt auf den Punkt: Der arme Karoly wurde also in seiner Art ein Opfer seines Berufes.“