Vor 17 Jahren ließ sich Hartmut Ostermann als Sponsor vom FC Homburg tiefgehende Rechte in der Vereinssatzung verankern. Und obwohl er zur Konkurrenz nach Saarbrücken weiterzog, ist Homburg bis heute an ihn geknebelt. Im Saarland brodelt es gewaltig.
Hartmut Ostermann trägt keine rote Rose im Sakko, selten weißes Hemd und Fliege. Er bevorzugt schwarze Hemden, der oberste Knopf bleibt gerne offen. Rein äußerlich lässt sich eine gewisse Ähnlichkeit zu Don Vito Corleone trotzdem nicht leugnen. Ob des Aussehens oder der zahlreichen Verbindungen in Politik und Wirtschaft wegen, jedenfalls taufte der „Spiegel“ Ostermann bereits 2010: „Der Pate von der Saar“.
Ostermann ist Geschäftsmann. Er baute die Unternehmensgruppe „Victor´s„ auf, zu der neben den gleichnamigen Hotels auch einer der größten Anbieter von Senioreneinrichtungen in Deutschland gehört. Mittlerweile ist Ostermann Vorstand des Aufsichtsrats der „Victor´s Bau & Wert AG“. Im beschaulichen Saarland polarisiert Ostermann seit Jahrzehnten. 2002 musste er für mehrere Tage in Untersuchungshaft, weil eines seiner Unternehmen der Steuerhinterziehung verdächtigt wurde. 17 Millionen Euro. Dank Selbstanzeige blieb er straffrei.
Auf Ewig an den Willen Ostermanns geknebelt
Etwa zur gleichen Zeit – also um die Jahrtausendwende – stieg Ostermann mit seiner Firma „Forum GmbH“ beim klammen FC Homburg als Trikotsponsor ein. Im Gegenzug ließ er sich, beziehungsweise seiner „Victor´s Bau & Wert AG“, am 24. Februar 2000 tiefgehende Befugnisse in der Satzung des damaligen Viertligisten verankern.
Die Satzungsänderungen und die damit einhergehenden „Ostermann-Klauseln“ wurden damals ordentlich beschlossen. Aus vereinsrechtlicher Sicht ist deshalb nichts dagegen einzuwenden. Aus moralischer Sicht allerdings schon. Schließlich wurde die finanzielle Notlage ausgenutzt und eine Satzung verabschiedet, die den Verein auf Ewig an den Willen des Investors Ostermann knebelt.
Was sind die „Ostermann-Klauseln“?
Ostermanns Unternehmen, der „Victor´s Bau & Wert AG“, wurde als juristische Person zahlreiche Sonderrechte in die Satzung geschrieben. Mehrere Klauseln stechen besonders hervor: So steht dem Unternehmen „ein Vetorecht zu Beschlüssen des Vorstandes zu“ (§10). Auch hat es „ein Sonderstimmrecht in Höhe von 26 Prozent der in der Jahreshauptversammlung anwesenden Mitglieder“ (§12). Der Aufsichtsrat vom FC Homburg kann außerdem nur „im Einvernehmen mit der juristischen Person“ bestimmt werden (§13).
Aktuell heiß diskutiert wird allerdings Paragraf 20. Dieser besagt, dass für „Änderungen der Satzung eine Zweidrittelmehrheit der Mitgliederversammlung und die Zustimmung der juristischen Person erforderlich“ sind. Vereinfacht gesagt: Egal welche Satzungsänderungen von der Mitgliederversammlung beschlossen werden, es braucht immer die Zustimmung von Ostermanns Unternehmen.
Der Paragraf 20 beschäftigt seit nunmehr eineinhalb Jahren den Verein und seine Mitglieder. Denn Ostermann hat dem FC Homburg schon lange den Rücken zugekehrt. Er ist aktuell sogar Vereinspräsident vom 1. FC Saarbrücken. Dem Lokalrivalen und in der vergangenen Saison direkten Konkurrenten in der Regionalliga. Dessen Hauptsponsor: Ostermanns „Victor´s Residenz Hotels“.
Kann es also sein, dass der Vereinspräsident eines Regionalligavereins dazu in der Lage ist, durch eines seiner Unternehmen ganz entscheidend die Geschäfte eines Konkurrenten beeinflussen zu können?
Was fordern die Mitglieder?
Vielen Mitgliedern des FC Homburg sind diese Klauseln seit vielen Jahren ein Dorn im Auge. Im Februar 2016 wurde auf der Mitgliederversammlung mit einer Zweidrittelmehrheit die Streichung der Klauseln beschlossen. Es fehlte alleine die Zustimmung der „Victor´s Bau & Wert AG“. Doch diese blieb aus. Ostermann oder ein anderer Vertreter waren nicht einmal auf der Versammlung anwesend.
Was folgte, waren lange Gesichter: Sowohl bei den Verantwortlichen des Vereins als auch bei den Mitgliedern. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Dieter Knicker, sagte im Anschluss an die Versammlung: „Wir wollen sein Schweigen mal als Zustimmung werten“. Der Verein werde ihm den Beschluss zusenden und eine neue Satzung ausarbeiten. Sollte die Zustimmung ausbleiben, müsse man notfalls vor Gericht. 17 Monate später fehlt die Zustimmung immer noch.
Ein weiter Dienstweg
Der Vorstandsvorsitzende Herbert Eder sagte der Zeitung „Die Rheinpfalz“ im April diesen Jahres: „Wir gehen aber davon aus, dass bei der Firma Victor´s darauf kein Wert mehr gelegt wird. Dort werden diese Rechte nicht mehr wahrgenommen, wir erledigen die Sache auf dem kleinen Dienstweg“. Scheinbar scheint der Weg weiter zu sein als gedacht.
Am 7. Juni fand nun die mit Spannung erwartete außerordentliche Mitgliederversammlung statt. Doch entgegen der Ankündigung des Unternehmens, einen Vertreter zu entsenden, kam auch dieses Mal niemand. Die Zustimmung für die Satzungsänderung fehlt also weiterhin. Die Empörung bei den Mitgliedern ist groß.
Der FC Homburg verwies auf Bitte um ein Statement auf den Vorsitzenden des Aufsichtsrats Dieter Knicker. Dieser antwortete jedoch nicht auf unser Schreiben und war auch telefonisch nicht zu erreichen.
Gibt es seitens der Verbände Statuten, die diese Klauseln und Zusammenhänge verbieten? Der DFB wälzt die Verantwortung an die Regionalliga ab. Im Fall von Homburg ist die „Regionalliga Südwest GbR“ zuständig.
In deren Zulassungsordnung, die 11Freunde vorliegt, heißt es in Paragraf 5: „Der Bewerber muss in seiner Satzung oder seinem Gesellschaftsvertrag sicherstellen (…), dass Mitarbeiter oder Mitglieder von Organen von Unternehmen, die zu mehreren Teilnehmern/Muttervereinen oder mit diesen verbundenen Unternehmen in wirtschaftlich erheblichem Umfang in vertraglichen Beziehungen (…) stehen und/oder an ihnen bedeutend beteiligt sind, nicht Mitglied in Kontroll‑, Geschäftsführungs- und Vertretungsorganen des Teilnehmers sein dürfen“.
Auch heißt es: „Ebenso dürfen Mitglieder von Geschäftsführungs- oder Kontrollorganen eines anderen Teilnehmers keine Funktionen in Organen des Teilnehmers übernehmen“. Allerdings wird eine Hintertür offen gelassen: „Für die Mitgliedschaft in Kontrollorganen des Teilnehmers kann die Regionalliga Südwest GbR auf Antrag des Teilnehmers eine Ausnahmegenehmigung erteilen“.
Alles vom DFB geprüft
Für alle, denen jetzt schwindelig ist: Die Zulassung kann nach dieser Lesart durchaus als kritisch betrachtet werden. Denn die Victor´s‑Unternehmensgruppe von Ostermann kontrolliert durch die Satzung de facto den FC Homburg und ist gleichzeitig Hauptsponsor beim 1. FC Saarbrücken. Als Präsident vom 1. FC Saarbrücken dürfte er keine Funktion in Organen beim FC Homburg haben. Aber hat er diese Funktion durch die Klauseln nicht sehr wohl?
Auf Anfrage teilte der stellvertretende Geschäftsführer der Regionalliga Südwest, Felix Wiedemann, mit, dass diese Konstellation schon vor geraumer Zeit vom DFB geprüft wurde und man sich auf deren Expertise verlasse. Außerdem gehe es in den Statuten vor allem um Doppelämter, Herr Ostermann könne selbstverständlich nicht Präsident von zwei Vereinen sein.
Was sagt Hartmut Ostermann?
Gerne hätten wir mit Herrn Ostermann oder einem Vertreter des Unternehmens gesprochen und gefragt, warum die Zustimmung zur Satzungsänderung weiterhin ausbleibt. Auf Anfrage wollte sich Peter Müller, Pressesprecher der Victor´s Unternehmensgruppe und von 2010 bis 2012 selbst Vorstandsvorsitzendert beim FC Homburg, nicht äußern: „Bis zur Klärung vermeintlich strittiger Vereinsfragen“.
Und so bleibt der FC Homburg weiterhin an der Leine von Ostermann. In der Hoffnung, der alte Sponsor lässt sie irgendwann einmal los.