Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Er ist ein Phä­nomen, ein Cho­le­riker, ein Vor­be­strafter und noch immer eine der schil­lerndsten Figuren des spa­ni­schen Fuß­balls. Nun wurde er wieder einmal zu einer mehr­jäh­rigen Haft­strafe ver­ur­teilt: Absitzen muss Jesus Gil y Gil sie nicht, er hat eine Kau­tion hin­ter­legt. Martin Kaluza über das Steh­auf­männ­chen von Madrid.

Jesús Gil y Gil ist ein Mann mit Gerichts­er­fah­rung. Wie­viele Ver­fahren gegen mich laufen, ist mir scheiß­egal, darum küm­mern sich meine Anwälte“, hat er einmal gesagt. Auf über 80 Pro­zesse soll Gil y Gil es in seiner Lauf­bahn bereits gebracht haben. Am 14. Februar war es wieder soweit: Gil y Gil, Prä­si­dent und durch zwei­fel­hafte Geschäfte auch Besitzer des spa­ni­schen Erst­li­gisten Atlé­tico Madrid, musste sich vor Gericht wegen Unter­schla­gung und Betrugs ver­ant­worten. Das Urteil des Natio­nalen Gerichts­hofes in Madrid lau­tete auf drei­ein­halb Jahre Haft. Aller­dings muss er seine Strafe nicht absitzen. Gil y Gil und sein eben­falls ver­ur­teilter Sohn Miguel Angel (bekam zwei­ein­halb Jahre) sowie Ver­eins­vize Enrique Cerezo (ein Jahr) legten zusammen mehr als 15 Mil­lionen Euro an Kau­tionen hin. Die Staats­an­walt­schaft hatte ein Strafmaß von sieb­zehn­ein­halb Jahren gefor­dert.
Gil, dessen Nach­name im Spa­ni­schen übri­gens Idiot“ bedeutet, ist eine der frag­wür­di­geren Figuren, die sich auf der Bühne des euro­päi­schen Fuß­balls tum­meln. Ende der Acht­ziger trat er als Retter des Arbei­ter­clubs aus Madrid ins Ram­pen­licht. Der Bau­un­ter­nehmer und Immo­bi­li­en­könig pumpte ? so sah es zunächst aus ? Mil­lionen in den Verein, ließ sich als Prä­si­dent instal­lieren und führte Atlé­tico zu seinem neunten Meis­ter­titel und drei Pokal­siegen. Seitdem hat er rund 30 Trainer gefeuert.
Als er den Verein über­nahm, war Gil durchaus kein unbe­schrie­benes Blatt gewesen. 1969 saß er bereits einmal im Gefängnis. Gil hatte in der Nähe von Madrid eine Ver­samm­lungs­halle ohne Archi­tekten gebaut und dabei an der Statik gespart. 58 Men­schen ver­loren beim Ein­sturz der Halle ihr Leben. Gil kam danach zwar ins Gefängnis, wurde jedoch nach 18 Monaten von Spa­niens Dik­tator Fran­cisco Franco per­sön­lich begna­digt. 1991, gut zwei Jahre nach seinem Amts­an­tritt bei Atlé­tico, wurde Gil zum Bür­ger­meister des Jetset-Städt­chens Mar­bella an der Costa del Sol gewählt. Mit rechts­po­pu­lis­ti­schen Parolen wütet er seitdem durch die poli­ti­sche Szene Spa­niens, beschimpft die Demo­kratie und ver­spricht, end­lich mit den Kri­mi­nellen, den Nutten, mit den Bett­lern und den ille­galen Ein­wan­de­rern auf­zu­räumen. Im Rat­haus wurde er indes nur selten gesehen. Gil zog es vor, von seinem Fir­men­sitz aus zu regieren ? und das tat er, so sagen Beob­achter, in der Manier eines römi­schen Volks­tri­buns.