Gegen Weißrussland bewies Innenverteidiger Matthias Ginter Torjägerqualitäten. Doch nicht allein deshalb könnte er zur Stütze des Teams werden.
Dass Ginter im Borussia-Park die Rolle des Abwehrchefs innehatte, war unschwer zu erkennen. Von der ersten Minute an trat er überaus selbstbewusst auf, vor allem im Spiel nach vorne. Verteidiger schien er nur pro forma zu sein, seine tatsächliche Position schwankte zwischen Achter und Zehner. „Es war klar, dass wir viel den Ball haben werden, dass wir auch viel in der gegnerischen Hälfte den Ball haben werden“, erklärte Ginter. Deshalb sei es wichtig gewesen, „dass man als Innenverteidiger nicht irgendwo hinten parkt, sondern versucht sich einzuschalten“.
Natürlich profitiert Ginter aktuell von der Personalsituation in der Nationalmannschaft. Mats Hummels und Jerome Boateng, zwei echte Größen, sind von Bundestrainer Joachim Löw Anfang des Jahres aussortiert worden, durch die Verletzungen von Niklas Süle und Antonio Rüdiger hat sich eine zusätzliche Vakanz ergeben.
Abwehrspieler mit Einfällen nach vorne
Ein Auftritt wie gegen die Weißrussen zeigt, dass Ginter seine Chance nicht nur erkannt hat, sondern auch gewillt ist, sie zu nutzen. „Er steht für Seriosität und Zuverlässigkeit“, sagte der Bundestrainer. „Er macht’s gut im Spielaufbau.“ Gegen eine Mannschaft wie Weißrussland, die ihren Bus vor dem Tor geparkt habe, „brauchst du Abwehrspieler, die Einfälle nach vorne haben. Das hat er toll gemacht.“
Löw hat immer noch das Gefühl, dass Ginter gelegentlich unterschätzt wird. Auch in der Nationalmannschaft war er nie unangefochten. Sowohl 2014 als auch 2018 gehörte Ginter zwar zum deutschen WM-Aufgebot; allerdings blieb er beide Male ohne Einsatz. Und 2016 bei der Europameisterschaft stand er nicht mal im Kader. Erst seit der verkorksten Weltmeisterschaft 2018 ist der Gladbacher eine feste Größe bei Bundestrainer Löw. Von den fünfzehn Länderspielen seitdem hat Ginter elf bestritten – alle von Anfang an. In den ersten vier Jahren seit seinem Debüt für die Nationalelf im März 2014 waren es lediglich dreizehn Startelfeinsätze.
Der Auftritt gegen Weißrussland dürfte Ginters Stellung noch einmal gefestigt haben. Der Innenverteidiger war an drei der vier Tore zumindest mittelbar beteiligt: Das erste erzielte er selbst, das dritte leitete er mit einem Ballgewinn und dem Pass auf Toni Kroos ein, und beim zweiten ließ er den Ball für den Torschützen Leon Goretzka passieren. „Da hat er eine richtig gute Entscheidung getroffen“, sagte Goretzka. „Das zeigt auch eine gewisse Qualität.“