Mario Götze kann den Fußball veredeln, aber das allein reicht nicht für einen Stammplatz in München. Woran hakt es also beim WM-Helden?
Für seine Karriere ist dieses Tor keine Last, es ist ein Symptom. Der Fußballspieler Mario Götze ist auf dem Platz immer für die besonderen Momente zuständig gewesen. Ein Kleinkünstler, dem das Publikum Szenenapplaus spendiert, der aber nicht dafür gemacht ist, seine Mannschaft über ein gesamtes Spiel mitzureißen. In Brasilien hat Götze vor der Anfertigung seines finalen Kunstwerks kaum eine Rolle gespielt. Er schoss ein Tor gegen Ghana, verlor seinen Stammplatz nach dem Achtelfinale gegen Algerien, war nicht gut genug für das Viertelfinale gegen Frankreich, das Jahrhundertspiel gegen Brasilien und zunächst auch nicht für das Endspiel. Die Weltmeisterschaft steht idealtypisch für Götzes Karriere. Ein wirklich großes Spiel, wie es etwa Bastian Schweinsteiger gegen Argentinien geliefert hat, ist von ihm nicht in Erinnerung. Aber dieser eine wunderschöne Moment.
Müller, Lahm oder Vidal würden sich niemals Götze unterordnen
Götze ist einer wie Messi, nur eben nicht ganz so gut. Auch Messi glänzt in Barcelona als Moment-Spieler, und die langen Pausen zwischen diesen Momenten fallen nur deshalb nicht so schwer ins Gewicht, weil die Momente so großartig sind und so verlässlich geliefert werden. Das funktioniert in Barcelona, weil die gesamte Mannschaft für ihn arbeitet, auch die neben ihm stürmenden Weltstars Neymar und Suárez. Messi hat sich diesen Stellenwert erarbeitet, erst als Wunderkind der klubeigenen Nachwuchsakademie, in der Profimannschaft früh gefördert vom Brasilianer Ronaldinho. Später, auf höchstem Niveau, hat Messi keine Stars mehr neben sich geduldet und Konkurrenten wie Ibrahimovic einfach weggebissen.
Die in Barcelona vorgelebte Unterwerfung auf höchstem Niveau ist einmalig im modernen Tempofußball, und sie ist einer Jahrhundertbegabung vorbehalten. So einer ist Mario Götze, bei aller Wertschätzung, nicht. Er kam mit 20 Jahren und ohne Hausmacht aus Dortmund zum FC Bayern, nicht als Weltstar, sondern als Versprechen. Kein Müller, Lahm oder Vidal, dachte oder denkt ernsthaft daran, sich einem Götze unterzuordnen. Seine Fähigkeit zum Veredeln des Spiels ist nicht stark genug ausgeprägt, als dass sie seine dauerhafte Präsenz in einer Mannschaft auf höchstem Niveau erfordert.
Gesucht: eine Mannschaft, die ihn liebt
Mario Götze muss das als Herausforderung, als Chance begreifen und seine Kunststücke demnächst woanders vorführen. Warum nicht in einer Mannschaft, deren Trainer ihn liebt und die Bedarf hat an künstlerischer Ausgestaltung? Warum nicht beim FC Liverpool?