Früher spielte Kevin Volland Eishockey, dann wechselte er auf den Fußballplatz. Über 1860 München kam er vor zwei Jahren zur TSG Hoffenheim. Um ein Haar verpasste er im Sommer die WM. Der Klose-Rücktritt könnte nun seine Chance sein.
Kevin Volland, wie häufig gehen Sie noch zum Eishockey?
Eher selten. Seitdem ich in Hoffenheim spiele, habe ich zwei Spiele der Adler Mannheim gesehen. In München war ich noch wesentlich öfter in der Halle. Das Interesse hat ein bisschen nachgelassen.
Und schon ist der Interview-Einstieg im Eimer…
Bitte nicht falsch verstehen, ich bin weiterhin ein großer Fan dieser Sportart. Einmal im Jahr spielen wir traditionell mit Verwandten und Freunden. Meist um die Weihnachtszeit. Mein Vater, mein Bruder, mein Onkel aus Hamburg, ein paar Kumpels. Das macht unheimlich Spaß, ist aber auch anstrengend.
Ihr Vater war Eishockey-Nationalspieler. Sie haben zunächst auch auf dem Eis gestanden. Wann sind Sie auf den Fußballplatz gewechselt?
Bis ich neun Jahre alt war, habe ich noch Eishockey gespielt. Weil ich nebenbei aber mit dem Fußball angefangen habe, musste ich mich irgendwann entscheiden. Für mich war dann schnell klar: Ich will Fußball spielen!
Warum?
Es hat einfach mehr Spaß gemacht. Zum Bolzen konnte ich mit meinen Kumpels mit dem Fahrrad fahren. Zur Eishockey-Halle mussten wir eine halbe Stunde von meiner Muttermit dem Auto kutschiert werden. Nach der Schule hat das einfach nur genervt. Ich wollte lieber schnell auf den Rasen. Eishockey habe ich dann nur noch im Winter mit Kumpels auf dem Weiher gespielt.
Im Fußball starteten Sie durch, wechselten 2007 mit 14 Jahren ins Jugendinternat von 1860 München. Wann wussten Sie, dass Sie Profi werden?
Vielleicht war rückblickend der Punkt richtungsweisend, an dem ich mich zwischen der beruflichen Ausbildung und dem Fußball entscheiden musste: Also die Frage, ob ich weiter zur Schule gehe und das Abitur mache oder auch morgens um zehn mit den Profis trainieren kann. Weil ich schon einen guten Schulabschluss hatte, habe ich das Training mit der ersten Mannschaft vorgezogen.
2010 holte Sie Reiner Maurer zu den Profis. Warum haben Sie so schnell den Sprung geschafft?
Da gehört natürlich auch Glück und viel Arbeit dazu. Es ist ja nicht so, dass mir direkt der Durchbruch gelungen ist. Ich habe in der zweiten Liga zunächst ein halbes Jahr gebraucht. In der Rückrunde 2010/11 habe ich dann beim Spiel in Osnabrück die Chance bekommen, mich zu beweisen.
Sie haben den 1:0‑Siegtreffer geschossen…
Richtig. Ich habe aber auch nur gespielt, weil zwei oder drei Spieler gelbgesperrt und einige andere Arrivierte angeschlagen waren. Das meine ich mit dem Glück. Ohne den Einsatz gegen Osnabrück wäre ich vielleicht heute gar nicht da, wo ich bin.
Bei 1860 spielten Sie noch als Mittelstürmer. Nun in Hoffenheim setzt Markus Gisdol Sie eher auf dem rechten Flügel ein. Auf welcher Position spielen Sie am liebsten?
Ich bin variabel einsetzbar. Markus Gisdol sieht mich eher im rechten Mittelfeld, wobei das bei uns eine Art rechte „Zehn“ ist, da wir Offensivspieler sehr viele Freiheiten genießen. Ich fühle mich aber auch im Sturmzentrum sehr wohl.
Die vergangene Saison war Ihre erfolgreichste in der ersten Liga. Sie erzielten zwölf Tore und bereiteten neun Treffer vor. Ihr endgültiger Durchbruch?
Ich habe schon in der Saison davor gemerkt, dass ich in der ersten Liga gut mithalten kann. Für mich ist das wichtig, weil ich ein Vollgas-Fußballer bin, der über den Einsatz kommt. Die vergangene Spielzeit lief dann in der Tat schon sehr gut. Vielleicht aber auch, weil wir als Mannschaft nicht so eine turbulente Saison erlebt haben wie zuvor. So konnte auch ich mich mehr auf den Sport konzentrieren.
Der Gipfel: Die Nominierung für den vorläufigen WM-Kader. Hätten Sie damit gerechnet?
Ich habe ja schon gewusst, dass es in der Saison gut lief. Da macht man sich natürlich insgeheim Hoffnungen. So richtig aber habe ich nicht damit gerechnet. Wenn man plötzlich von Hansi Flick angerufen wird, geht ein Traum in Erfüllung. Ich habe das zunächst gar nicht glauben können und erst einmal meine Eltern angerufen.
Sie debütierten gegen Polen für die A‑Nationalmannschaft. Im Endeffekt reichte es aber doch nicht für den WM-Kader.
Wenn man eine Weltmeisterschaft so knapp verpasst, ist man erst einmal schon enttäuscht. Trotzdem sehe ich heute auch das Positive. Als Neuling direkt bei einer WM-Vorbereitung dabei zu sein, war schon eine tolle Erfahrung.
Viele Experten hatten als Miroslav-Klose-Option mit Ihnen im Kader gerechnet…
In der Nationalmannschaft herrscht eine unheimliche Qualität. Thomas Müller, Mario Götze, Miro Klose, Lukas Podolski – sie alle können im Sturm spielen. Mir war schon klar, dass ich nicht die einzige Alternative für Miro bin.
Trotzdem wurde in Deutschland eine hitzige Debatte über die Mittelstürmer geführt. Wie sehen Sie die Diskussionen über falsche oder richtige „Neuner“?
Der Fußball hat sich entwickelt. Es ist nicht mehr alles auf einen einzigen Stürmer fokussiert, sondern auf mehrere wendige und variable Spieler. Trotzdem stirbt der Mittelstürmer nicht aus. Mal macht es Sinn mit einer falschen Neun zu spielen, mal mit einem klassischen Stoßstürmer, der Bälle hält und mit dem Rücken zum Tor gut ist. Miro vereint irgendwie alle Varianten Er hat seine Sache in Brasilien überragend gemacht. Seine Statistik spricht Bände.
Wo haben Sie Miro Kloses Rekord-Tor verfolgt?
Bei uns Zuhause in der Garage. Es ist mittlerweile Tradition, dass bei jedem Turnier ein anderer aus dem Freundeskreis, ein Public Viewing veranstaltet. Dieses Mal waren wir dran. Also habe ich Miros Tor mit der Familie und Freunden gesehen – und mich total für ihn gefreut.
Nun hat Miroslav Klose seine Karriere beendet. Das heißt, die Nationalmannschaft wird neue Stürmer brauchen.
In erster Linie will ich im Verein meine Leistung bringen. Wer einmal bei der Nationalmannschaft war, will unbedingt wieder kommen. Allerdings kann ich nicht davon ausgehen, dass die Einladung ein Selbstläufer wird, nur weil der Bundestrainer mal so etwas gesagt hat. Die verdient man sich im Alltag – also in der Bundesliga.
Sie werden immer wieder mit anderen Vereinen in Verbindung gebracht. Würde ein Vereinswechsel die Sache mit der Nationalmannschaft nicht erleichtern?
Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Ich bin ein Typ, der seine Karriere auf sich zukommen lässt. Ich habe aus Überzeugung in Hoffenheim verlängert. Darüber bin ich froh, Punkt.