Alexander Nouri soll den freien Fall des SV Werder stoppen. Beim Blick auf seine bisherige Karriere ist ihm das durchaus zuzutrauen.
Zu versuchen, sich Alexander Nouri über die öffentlichen Verlautbarungen zu nähern, muss so erfolglos bleiben, wie von der Farbe einer Jacke auf die Leibspeise seines Trägers schliessen zu wollen.
Denn natürlich sagt Werder-Manager Frank Baumann über seinen Interimstrainer: „Er ist ein gewissenhafter, ehrgeiziger Fußballlehrer, dem wir zutrauen, die Mannschaft erfolgreich in die nächsten Partien zu führen.“ Er hätte auch sagen können: Morgen war heute schon gestern.
Irgendwas muss man ja schreiben
Auch der so allgemein umschriebene Nouri diktierte in seiner Antritts-Pressekonferenz einen Platzhalter nach dem nächsten in die Notizblöcke der Reporter. Und gab Sätze von sich, die schon tausendfach von tausenden Trainern vor ihm gesagt wurden:
„Ich bin voller Energien und möchte dazu beitragen, bessere Ergebnisse zu erzielen.“ Oder: „Jeder Spieler ist eingeladen, alles rauszuhauen und seine Chance zu suchen.“
Sätze, mit denen man davon kommt.
Vielen Zeitungen, Magazinen und Online-Portalen gereichte das unbenommen für einen ersten Eindruck. Demnach startet Nouri „mit Enthusiasmus“, „Gelassenheit“ oder „mit voller Konzentration“. Irgendwas muss man ja schließlich schreiben.
Mit der Selbstverständlichkeit eines Buddhas
Doch wie nähert man sich einem Mann, über den wenig bekannt ist, und der von einem Tag auf den anderen ins Flutlicht der Bundesliga gestellt wurde? Man schaut auf den Trainingsplatz.
Da, wo es zählt, wirkt Nouri wie einer, der neben allen für die Öffentlichkeit bestimmten Floskeln vor allem die Sprache der Spieler spricht. Ein (Ex-)Fußballer unter Fußballern. Der sich seinen Spielern nähert, als wäre er einer vor ihnen.
Der kumpelhaft seinen Arm um sie legt, als wolle er sich und sie zugleich einschwören: Es heißt wir gegen sie — und wir gewinnen. Vertraut mir. Und vor allem: Vertraut Euch.
In Oldenburg, seiner ersten Station als Cheftrainer (2013−14), schwärmen sie noch heute davon, wie Nouri seinen Stürmer Addy-Waku Menga derart mit Selbstbewusstsein voll pumpte, dass der gar nicht mehr anders konnte, als mit der Selbstverständlichkeit eines zum Tore schießen geborenen Buddhas zu knipsen. 23 Treffer erzielte er in jener Regionalliga-Saison und sorgte mit dafür, dass aus dem Fastabsteiger der Vorsaison ein Überraschungs-Dritter wurde.
Doch Nouri ist kein Dampf-Plauderer, keiner, der seinen Jungs ein Himmelszelt der Hoffnung aufzeigt, nur um sie dann ohne Wegbeschreibung auf die Reise zu schicken. „Die spielen nun nicht den traumhaften Kombinationsfußball“, befand seinerzeit ein Beobachter von „Blog trifft Ball“ über den VfB Oldenburg, „aber sie spielen erwachsen, mit Fahrplan und Köpfchen.“