Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: Der jodelnde Keegan

Doch es kam jedes Mal anders. Er hatte sich längst zu sehr in Ham­burg ver­liebt. Eines Tages sagte er: Ich mache weiter, bis ich keine Kraft mehr habe. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne meine Jungs machen sollte!“ Also blieb Rieger und mas­sierte weiter. Die Schenkel, die Rücken, die Seelen. Wenn ein Spieler im Trai­nings­lager Bauchweh hatte, rief er ihn an, wenn ein anderer Spieler zu spät zum Trai­ning kam, stand er schon mal mit einer Aus­rede parat. In der taz“ stand einmal der schöne Satz: Rieger tut alles für sie. Abends gönnt er ihnen von Herzen sogar das Ent­span­nungs­pro­gramm ›Tutti Frutti‹ im Fern­sehen.“
 
Die Profis liebten ihn für seine Loya­lität und Gut­mü­tig­keit. Einmal sam­melte Horst Hru­besch Geld in der Kabine, damit sie ihm zum Geburtstag einen Mer­cedes kaufen konnten, und einst erzählte Kevin Keegan eine Anek­dote aus seiner Zeit beim HSV: Bei ihrem ersten Treffen fragte er den Baju­waren, ob er ihm das Jodeln bein­bringen könne. Rieger sagte, natür­lich, aber es sei nicht so ein­fach. Doch Keegan beharrte darauf, also übte Rieger jedes Mal mit dem Eng­länder, wenn er ihn mas­sierte. Als Keegan ging, sagte Rieger: Du bist jetzt der ein­zige Eng­länder, der per­fekt jodeln kann.“ Keegan umarmte ihn und sagte: Danke. Nicht nur dafür!“

Ich habe keine Angst vor dem Tod“
 
Als Her­mann Rieger nur wenige Tage vor seinem Tod mit dem Ham­burger Abend­blatt“ sprach, ging es ihm eigent­lich gut. So erzählte er jeden­falls. Am Vor­mittag war ihm noch eine Gewe­be­probe ent­nommen worden, denn die Ärzte wollten wissen, ob der Krebs, der neun Jahre zuvor das erste Mal auf­tauchte, wieder zurück­ge­kehrt ist. Ich habe keine Angst vor dem Tod, weil ich glaube, dass danach noch etwas kommt“, sagte Rieger in dem Inter­view.
 
Und trotzdem wusste man: Auch wenn er 27 Jahre für den HSV gear­beitet hatte, war er immer noch nicht ganz fertig. So hoffte er zum Bei­spiel, von Alf­stedt im Land­kreis Roten­burg wieder nach Ham­burg ziehen zu können, in eine eigene Woh­nung. Ich könnte dann wieder jeden Tag zum Trai­ning gehen.“ Die Ärzte hätten nur grünes Licht geben müssen, doch seine Leber­werte ließen es nicht zu.

In der Ruhe liegt die Kraft“
 
Das Inter­view erschien am 15. Februar 2014. Zwei Tage später erhielt er bei der Ham­burger Sport­gala den Ehren­preis für sein Lebens­werk, den er selbst nicht mehr ent­ge­gen­nehmen konnte. Am 18. Februar 2014, heute vor fümf Jahren, ver­starb er in der Medi­zi­ni­schen Hoch­schule Han­nover.
 
Eine letzte Erin­ne­rung, vor zehn Jahren auf der 11FREUNDE-Sai­son­ab­schluss-Party. Her­mann Rieger saß auf der Bühne und erzählte einige Anek­doten aus seinem Leben, der Zeit in Ham­burg und zur Saison, in der sein HSV sogar um die Meis­ter­schaft mit­ge­spielt hat. Später fragte ich ihn, warum es wieder nicht geklappt hat. Er sagte: In der Ruhe liegt die Kraft. Egal, ob man oben oder unten steht.“