Uwe Seeler, Charly Dörfel, Horst Hrubesch – die Hall of Fame beim HSV ist groß. Das größte Idol der Fans war dennoch ein anderer: Masseur Hermann Rieger. Heute vor fünf Jahren verstarb er im Alter von 72 Jahren.
Doch es kam jedes Mal anders. Er hatte sich längst zu sehr in Hamburg verliebt. Eines Tages sagte er: „Ich mache weiter, bis ich keine Kraft mehr habe. Ich wüsste gar nicht, was ich ohne meine Jungs machen sollte!“ Also blieb Rieger und massierte weiter. Die Schenkel, die Rücken, die Seelen. Wenn ein Spieler im Trainingslager Bauchweh hatte, rief er ihn an, wenn ein anderer Spieler zu spät zum Training kam, stand er schon mal mit einer Ausrede parat. In der „taz“ stand einmal der schöne Satz: „Rieger tut alles für sie. Abends gönnt er ihnen von Herzen sogar das Entspannungsprogramm ›Tutti Frutti‹ im Fernsehen.“
Die Profis liebten ihn für seine Loyalität und Gutmütigkeit. Einmal sammelte Horst Hrubesch Geld in der Kabine, damit sie ihm zum Geburtstag einen Mercedes kaufen konnten, und einst erzählte Kevin Keegan eine Anekdote aus seiner Zeit beim HSV: Bei ihrem ersten Treffen fragte er den Bajuwaren, ob er ihm das Jodeln beinbringen könne. Rieger sagte, natürlich, aber es sei nicht so einfach. Doch Keegan beharrte darauf, also übte Rieger jedes Mal mit dem Engländer, wenn er ihn massierte. Als Keegan ging, sagte Rieger: „Du bist jetzt der einzige Engländer, der perfekt jodeln kann.“ Keegan umarmte ihn und sagte: „Danke. Nicht nur dafür!“
„Ich habe keine Angst vor dem Tod“
Als Hermann Rieger nur wenige Tage vor seinem Tod mit dem „Hamburger Abendblatt“ sprach, ging es ihm eigentlich gut. So erzählte er jedenfalls. Am Vormittag war ihm noch eine Gewebeprobe entnommen worden, denn die Ärzte wollten wissen, ob der Krebs, der neun Jahre zuvor das erste Mal auftauchte, wieder zurückgekehrt ist. „Ich habe keine Angst vor dem Tod, weil ich glaube, dass danach noch etwas kommt“, sagte Rieger in dem Interview.
Und trotzdem wusste man: Auch wenn er 27 Jahre für den HSV gearbeitet hatte, war er immer noch nicht ganz fertig. So hoffte er zum Beispiel, von Alfstedt im Landkreis Rotenburg wieder nach Hamburg ziehen zu können, in eine eigene Wohnung. „Ich könnte dann wieder jeden Tag zum Training gehen.“ Die Ärzte hätten nur grünes Licht geben müssen, doch seine Leberwerte ließen es nicht zu.
„In der Ruhe liegt die Kraft“
Das Interview erschien am 15. Februar 2014. Zwei Tage später erhielt er bei der Hamburger Sportgala den Ehrenpreis für sein Lebenswerk, den er selbst nicht mehr entgegennehmen konnte. Am 18. Februar 2014, heute vor fümf Jahren, verstarb er in der Medizinischen Hochschule Hannover.
Eine letzte Erinnerung, vor zehn Jahren auf der 11FREUNDE-Saisonabschluss-Party. Hermann Rieger saß auf der Bühne und erzählte einige Anekdoten aus seinem Leben, der Zeit in Hamburg und zur Saison, in der sein HSV sogar um die Meisterschaft mitgespielt hat. Später fragte ich ihn, warum es wieder nicht geklappt hat. Er sagte: „In der Ruhe liegt die Kraft. Egal, ob man oben oder unten steht.“