Er besitzt ein eigenes Mode-Label, macht Charity, hat Informatik studiert – und fand nebenbei noch Zeit, die ecuadorianische Nationalelf nach Brasilien zu schießen: Felipe Caicedo ist alles andere als ein typischer Mittelstürmer.
Vergiss nie, wo du herkommst, hat Felipe Salvador Caicedo Corozo einmal gesagt, und damit er das wirklich nie vergisst, hat er sich vor einigen Jahren eine Tränen-Tätowierung unter das linke Auge stechen lassen.
Jedes Mal, wenn er sich im Spiegel anschaut, soll sie ihn an seine Kindheit erinnern, an Guasmo, das bekannte Armenviertel im Süden von Guayaquil in Ecuador. Dort, wo sie früher auf den Straßen und in den Hinterhöfen barfuß abgewetzten Bällen hinterherrannten, immer mit dem großen Traum im Kopf, eines Tages als Fußballprofi alle Sorgen vergessen zu können.
Der Traum von Barcelona
Caicedo ließ dieser Traum nie los, und so trat er recht bald einem richtigen Verein bei. Er hieß Rocafuerte FC, und plötzlich, als er Schuhe an den Füßen hatte, merkte Caicedo, was alles mit dem Ball möglich war. Er wurde schon bald einer der wichtigsten Spieler in seinen Jugendmannschaften, und auch der Verband wurde auf ihm aufmerksam. Caicedo wurde eingeladen zu Jugendturnieren und Jugendnationalmannschaften.
Damals war er Fan des Barcelona SC, einem der größten Klubs in Ecuador Noch heute sagt er, dass er davon träume, eines Tages für die „Idole Ecuadors“ zu spielen.
Doch zunächst zog es ihn nach Übersee. Denn spätestens nachdem er bei der U17-WM mit Ecuador gegen Topteams aus Europa brilliert hatte, waren etliche europäische Klubs hinter ihm her. Olympique Lyon buhlte lange um den Mittelstürmer, doch das Rennen machte schließlich der FC Basel. Die Schweizer verpflichteten den damals 16-jährigen Felipao im Sommer 2006.
„Die ersten Wochen waren hart“
„Die ersten Wochen waren hart“, erinnert sich Caicedo. Der Junge war zum ersten Mal alleine unterwegs, ohne Familie, ohne Freunde und dazu in einem fremden Land, einer fremden Kultur. Doch Caicedo gab nicht auf, er kämpfte und er sah sich immer wieder seinen Lieblingsfilm an: „Rocky“, diese Geschichte von dem italienischen Einwandererjungen, der es in den USA von ganz unten nach ganz oben schaffte. Nach zwei Jahren hatte Caicedo 44 Spiele bestritten und 16 Tore geschossen.
Irgendwann fühlte er sich in der Schweiz so wohl, dass er sich sogar intensiv Dingen abseits des Fußballs widmen konnte. Fast im Vorbeigehen schloss er in Basel ein Informatik-Studium ab.
In jenen Tagen wurde auch Manchester City auf ihn aufmerksam. Im Sommer 2008 wechselte er für sieben Millionen Euro – und war damit der teuerste Spieler in der ecuadorianischen Fußballgeschichte geworden.
In England machte er 33 Spiele und traf achtmal. Sein Trainer, Roberto Mancini, war dennoch nicht zufrieden, und so begann eine kleine Leih-Odyssee, die Caicedo zu Sporting Lissabon, zum FC Malaga und zu Levante UD führte. Bei letzterem Klub spielte er sich schnell in die Herzen der Fans, auch weil er in der Saison 2011/12 mit 14 Toren die interne Torjägerkanone gewann. Sie kürten ihn prompt zum „besten Newcomer“ des Jahres.
Von Moskau in die Vereinigten Arabischen Emirate
Doch auch Levante konnte ihn nicht halten, denn wieder standen Männer mit noch mehr Geld am Trainingsplatz. Dieses Mal ging es zu Lokomotive Moskau in die russische Premjer Liga, wo Caicedo elf Mal in 52 Spielen traf, und drei Jahre später in die Vereinigten Arabaischen Emiraten zu Al Jazira.
So raketenhaft die Klub-Karriere von Caicedo verlief, so steinig war der Weg zur WM in Brasilien. Nachdem er 2007, als 16-Jähriger, sein Debüt für die Elf gemacht hatte und bis 2011 regelmäßig spielte (u.a. auch bei der Copa America in Argentinien), überwarf er sich später mit Reinaldo Rueda. Der Trainer glaubte, dass Caicedo für Disharmonie in der Mannschaft sorgte.
Caicedo macht Charity und hat ein Mode-Label
Doch die Fans protestierten, denn Caicedos Leistungen im Klub waren oft überragend. In seiner Heimat ist er auch deswegen beliebt, weil er sich regelmäßig für die Kinder seiner Heimat einsetzt. Seine Charity-Organisation heißt „Felipao“. Genauso wie seiner Modefirma, für die seine Mitspieler häufig Modell stehen.
Rueda hatte schließlich ein Einsehen und lud ihn zu den WM-Qualifikationsspielen ein. Eine gute Entscheidung, denn der Stürmern trug mit seinen sieben Treffern auch dazu bei, dass Ecuador in Brasilien dabei ist.
Allerdings blieb Rueda auch kaum eine andere Wahl, denn seit dem plötzlichen Tod von Christian Benitez – der Stürmer erlag 2013 einem Herzstillstand – fehlten dem ecuadorianischen Trainer treffsichere Stürmer. Mit Caicedo im Sturmzentrum von „La Tri“ soll nun Historisches gelingen.
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Juan Fernando Guerrero ist Teil des „Guardian-Netzwerks“ und ein ecuadorianischer Journalist, der u.a. für die Website Ecuagol.com schreibt.