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Mit Geschichten über das Wunder von Lei­cester hätte man im Früh­jahr eine zweite Bri­tish Library in London eröffnen können. Mit jedem Sieg machten immer neue, noch unglaub­li­chere Storys die Runde.

Es waren Schwär­me­reien, Lob­hu­de­leien, Geschichten, die einen wieder an das Gute, Roman­ti­sche und Schöne im Fuß­ball glauben ließen, und ins­ge­heim hoffte man, dass dem­nächst ein Scout auch vor der eigenen Haustür steht, einen Ver­trag von Lei­cester City in der Hand.
 
Die meisten dieser Geschichten han­delten natür­lich von Jamie Vardy, einem Jungen, der vor ein paar Jahren noch mit Fuß­fessel durch den unter­klas­sigen eng­li­schen Fuß­ball turnte und in Lei­cester zu einem der besten Stürmer der Pre­mier League geworden war.

Andere erzählten von Riyad Mahrez, diesem Zau­ber­stürmer aus Alge­rien, den Lei­cester einst für 500.000 Euro in die eng­li­schen East-Mid­lands gelotst hatte und der seinen Markt­wert in den ver­gan­genen zwei Jahren ver­vier­zig­fachte.

Das Mär­chen vom Scout mit dem gol­denen Näs­chen
 
Manchmal aber, wenn der Schwär­mende einen Blick hinter die Kulissen wagte, erzählten die Geschichten auch von Steve Walsh. Das Mär­chen vom Scout mit dem gol­denen Näs­chen.
 
Steve Walsh ist ein gemüt­li­cher älterer Herr mit grau melierten Schläfen, einer hohe Stirn und tiefen Augen­höhlen. In den sieb­ziger Jahren machte er ein paar Trai­ner­scheine, danach arbei­tete er als Scout für Bury und Chester City. Weil er seine Arbeit ganz ordent­lich ver­rich­tete, durfte er danach auch für Chelsea oder New­castle United Nach­wuchs­spieler beob­achten. Seit 2010 arbeitet er für Lei­cester.

Er war es, der No-Name-Spieler wie Vardy und Mahrez zu den Foxes holte. Er war es auch, der seinen Trainer Claudio Ranieri über­re­dete, N’Golo Kanté vom fran­zö­si­schen Klub SM Caen los­zu­eisen.
 
Der beste Spieler der Pre­mier League“

Das war im Sommer 2015.

Und viel­leicht muss man an dieser Stelle schon mal kurz vor­spulen, ans Ende der Saison, um auch diese wun­der­same Epi­sode aus Lei­cester zu ver­stehen. Denn spä­tes­tens als Lei­cester sich auf der Meis­ter­ziel­ge­raden befand, über­häuften Mit­spieler, Ex-Trainer oder Ex-Profis N’Golo Kanté, den neuen Wun­der­spieler mali­scher Her­kunft, mit Lobes­hymnen.
 
N’Golo ist mit großem Abstand der beste Spieler der Pre­mier League“, sagte etwa Sir Alex Fer­guson.
 
Er war mir total unbe­kannt. Für mich ist er der New­comer der Saison“, erklärte Ex-Lei­cester-Spieler Robbie Savage.
 
Die Kom­pli­mente für Mahrez und Vardy sind berech­tigt, aber wenn es einen bes­seren Neu­zu­gang als Kanté in dieser Saison gab, habe ich ihn nicht gesehen“, jubelte Eng­lands Sturm­le­gende Gary Lineker.
 
Sie ver­gli­chen ihn mit Claude Maké­lélé. Und sie wählten einen son­der­baren Spitz­namen: The Rash“, was so viel wie Haut­aus­schlag“ bedeutet. Schließ­lich sei Kanté einer, den man auf dem Paltz nicht gerne in seiner Nähe habe. So erklärte das jeden­falls sein Mit­spieler Danny Drink­water.
 
Der Haut­aus­schlag selbst blieb relativ gelassen. Er sagte, das würde ihm schmei­cheln, nur die Sache mit Maké­lélé müsse er revi­dieren, er wolle lieber spielen wie Las­sana Diarra. Von dem war ich großer Fan!“

Acht Mil­lionen Euro für einen No-Name-Spieler
 
Im Sommer 2015 ist Kanté aber nichts weiter als eine fixe Idee. Ein Name, der immer und immer wieder auf­poppt, weil Steve Walsh ihn ständig erwähnt. Claudio Ranieri ist aller­dings zunächst über­haupt kein Fan von N’Golo Kanté. Jeden­falls ist der Mit­tel­feld­spieler keine Wunsch­lö­sung. Nach dem Weg­gang von Esteban Cam­bi­asso will Lei­ces­ters neuer Coach eigent­lich einen gestan­denen Profi ver­pflichten und nicht einen New­comer, der in seiner Vita Ver­eine stehen hat wie US Bou­logne oder SM Caen. Der gerade einmal eine Ligue-1-Saison hinter sich hat.

Ranieri ver­han­delt also zunächst mit Jordan Ver­e­tout (FC Nantes) oder Gökhan Inler (SSC Neapel).
 
Zeit­gleich refe­riert der aus­dau­ernde Steve Walsh weiter über das große Poten­zial Kantés. Über einen, der in Frank­reichs Ligue 1 mit Auf­steiger Caen immerhin auf Platz 13 lan­dete und der 2014/15 die meisten Zwei­kämpfe und die meisten Ball­ge­winne ver­zeichnen konnte. Der euro­pa­weit sogar die meisten Bälle abge­fangen hatte.