Vor einigen Jahren war Christopher Schorch das „next German Wunderkind“, nach seinem Wechsel zu Real Madrid Castilla galt er schnell als kommender Stammspieler in der Abwehr der Königlichen. Wieso lümmelt „Schorchi“ heute auf der Ersatzbank von Drittligist MSV Duisburg?
„Immer noch traurig darüber, dass ich gestern nicht mithelfen konnte“, schreibt Christopher Schorch kurz nach dem verlorenen Pokalspiel gegen den 1. FC Köln Ende Oktober auf seiner Facebookseite. Darunter postet der 25-Jährige ein Schwarzweißbild – Eingemummelt in eine dicke Daunenjacke, eine Wolldecke über den Beinen, schaut er aus dem Häuschen der Reservebank. Sechseinhalb Jahre früher post der blondgesträhnte Achtzehnjährige vor dem hellblauen Himmel Madrids und hält verschmitzt das Emblem des erfolgreichsten Klubs der Welt in die Kamera. Diesmal ist es kein Schwarzweißbild, sondern eines das zeigt, wie stolz der junge Hallenser auf das ist, was er bisher erreicht hat.
Es sind nicht nur sechs Jahre, die die beiden Bilder trennen, sondern Fußballwelten. Ende 2008 war Christopher Schorch Abwehrchef von Real Madrid Castilla, der zweiten Mannschaft des „weißen Balletts“ in der Segunda Division. Er galt als heißer Nachfolgerkandidat für Christoph Metzelder, der sich zu der Zeit in der ersten Mannschaft der Königlichen schwertat. Bernd Schuster, damals Trainer von Real, plante fest mit dem U20-Nationalspieler.
Von Halle nach Berlin
Was dann geschah, beschreibt Schorch heute so: „Mein rechter Oberschenkel hat plötzlich zugemacht, dann habe ich zwar nur vier Wochen Pause gebraucht, aber das hat gereicht, um den Anschluss zu verlieren, weil es bei Real einfach eine riesige Qualität gibt.“ Man könnte meinen, dass die Phrase „vom Verletzungspech verfolgt“ allein wegen Christopher Schorch existiert. Immer dann, wenn er gerade an vorherige Leistungen anknüpfen konnte, passierte etwas Neues, das ihn zurückwarf.
Kurz bevor er mit 15 Jahren zu seinem ersten Bundesligaverein Hertha BSC Berlin wechselte, brach er sich das Bein. Die Diagnose damals: Schorch könne nie wieder Fußball spielen. Der Schüler der Sportschule des Halleschen FCs, den vorher Klubs wie Werder Bremen und Wolfsburg schon auf ihrer Einkaufsliste hatten, wird plötzlich uninteressant. Nur Hertha glaubt an eine Genesung des Jugendlichen und verpflichtet ihn. Für die Berliner spielt er schnell in der zweiten Mannschaft, im Frühjahr 2007 läuft er in zwei Einsätzen bei den Profis auf. Schorch geht es gut in der Hauptstadt, die so ganz anders ist als seine Heimat Halle.
Hier wird er in der Plattenbausiedlung Neustadt groß – außen grau, innen warm, denn seine Eltern, die als Schichtarbeiter in den angrenzenden „Buna-Werken“ arbeiten, merken dass „Schorchi“ ein Zappelphilipp ist. Schorchs Vater, ein begeisterter Fußballfan, schickt ihn deshalb zum Training beim Nietlebener SV Askania 09. Schon als Sechsjähriger fällt er hier auf und geht auf die Sportschule des Halleschen FC, bevor er von Hertha verpflichtet wird.