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Dies ist eine gekürzte Ver­sion. Den voll­stän­digen Artikel lest ihr in 11FREUNDE #167

Als der Prä­si­dent in der Halb­zeit zu seiner Brat­wurst will, wird er kurz vor dem Grill von einem Mann gestellt. Beson­deres Kenn­zei­chen: hoch­roter Kopf. Noch atemlos stam­melt er: Ich konnte nicht mehr, Chef. Die haben mir schon Trau­ben­zu­cker gegeben. Ich wäre bei­nahe umge­kippt.“ Agis­silaos Kourk­ou­dialos, blaue Kappe, blaue Stoff­hose, hört sich das geduldig an. Vor ihm steht: das Mas­kott­chen. Der Gro­ti­fant wäre bei der Hitze fast kol­la­biert. Und jetzt soll ihm der oberste Dienst­herr bestä­tigen, dass er seine Ver­klei­dung ablegen darf.

Einige Jahre lang war der Plüsch ele­fant das ein­zige Wesen, das kuriose Mel­dungen über den KFC Uer­dingen pro­du­zierte. Dann kam, im Januar 2008, dieser Agis­silaos Kourk­ou­dialos und wurde der neue starke Mann. Seitdem sorgt nur noch der Prä­si­dent für Schlag­zeilen. Der Immo­bi­li­en­un­ter­nehmer – in Kre­feld wahl­weise Lakis“ oder Herr Lakis“ genannt – hat gerade Moha­madou Mo“ Idrissou als Mit­tel­stürmer ver­pflichtet. Zusammen mit einem rus­si­schen Spon­soren plant er die bal­dige Wie­der­auf­er­ste­hung des Uer­dinger Fuß­ball­klubs. Sie wollen so schnell wie mög­lich in die Dritte Liga. Zuletzt sind sie aber erst einmal in die fünfte abge­stiegen.

Herr Lakis“, 49, ist viel­leicht der letzte Ver­rückte in einem Geschäft, in dem längst die Con­troller das Sagen haben. Er hat sogar mal mit­ge­spielt, am letzten Spieltag der Ober­li­ga­saison 2012/13, 15 Minuten gegen Ger­mania Ratingen. Elf­meter. Bei You­tube gibt es einen ver­wa­ckelten Film seines Auf­tritts. Die Fans singen: Auf geht’s, Lakis, schieß ein Tor.“ Dann läuft er an – und ver­schießt.

Dabei war alles ein großer Zufall. Lakis suchte 2008 nach Frei­zeit­aus­gleich, er hatte zu viel gear­beitet. Er sagt: bis zu 15 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Im Mau­ri­tius-Urlaub hatte ihm sein Freund Rudi Völler – mit ihm unter­hält er eine pri­vate Kar­ten­runde – erzählt, dass die Bayer-AG den Pro­fi­bas­ket­ball auf­geben wolle. Für andert­halb Mil­lionen könne man den Spiel­be­trieb auf­recht­erhalten. Lakis, in Lever­kusen auf­ge­wachsen, erzählte einem Mit­ar­beiter davon. Der ant­wor­tete: Mach doch lieber was für den KFC Uer­dingen, denen steht das Wasser bis zum Hals.“ Am nächsten Tag saß der dama­lige Inte­rims­boss bei ihm im Büro. Es waren noch vier Tage Zeit, das Ende abzu­wenden.

Jetzt ist Lakis seit über sieben Jahren Prä­si­dent. Mitt­ler­weile hat er ver­standen, dass man besser nicht mit dicker Zigarre und Kasch­mir­mantel auf den Platz geht. Er sagt: Andere spielen Golf, ich gehe zum KFC Uer­dingen.“ Hinter ihm in der VIP-Loge beim Spiel gegen Schwarz-Weiß Essen sitzt Mikhail Pono­marev, neuer Haupt­sponsor, den er in der BayA­rena ken­nen­ge­lernt hat. Pono­marev kommt jetzt zu jedem Heim­spiel des KFC. Der Investor, der vor­erst 120 000 Euro bei­steuert, sagt: Was ich hier mag, ist die Tra­di­tion.“ Und dann ergänzt er, dass der KFC wieder ganz nach oben gehöre. 2012 hat der Russe mit seinem besten Kumpel den AFC Bour­ne­mouth in der vierten eng­li­schen Liga über­nommen. Seit dieser Saison spielt der Klub in der Pre­mier League. Für Lakis ist es ein Neu­start. Meist über­legen sie im Bun­des­liga-Sze­ne­treff Kytaro in Düs­sel­dorf, wie es nach oben geht. Trainer Michael Boris wurde mit dem Auf­trag ein­ge­stellt, im Sommer 2016 auf­zu­steigen.

Als der Prä­si­dent neu­lich Mo Idrissou ver­pflichtet hat, da erin­nerte sich jeder an einen anderen Trans­fer­coup. Im Dezember 2009 kam ein abge­half­terter Ailton an die Gro­ten­burg, sechste Liga. Ailton brauchte das Geld. Uer­dingen bekam mehr mediale Auf­merk­sam­keit als beim Euro­pa­pokal-Halb­fi­nale gegen Atlé­tico Madrid 1986. Aber das mit Idrissou ist anders. Ernst zu nehmen. Der Mann mit den langen Armen wollte weiter in Düs­sel­dorf wohnen, und Lakis bekam davon Wind.

Was ist das für ein Mann, der sich einem wild­fremden Verein an den Hals schmeißt? Auf dem Emp­fangs­tresen seiner Firma in Kre­feld liegen die jeweils vier letzten Aus­gaben der Immo­bi­lien Zei­tung“ und des Revier­sport“. Groß an der Wand steht: Lakis Group Real Estate. Er hat mehr als 25 Mit­ar­beiter. Bevor er Häuser ver­kaufte, hat Lakis in Mode gemacht. 1995 erwarb er die ersten Immo­bi­lien im Osten, spe­zia­li­sierte sich auf Denk­mal­schutz und Alt­bau­mo­der­ni­sie­rung. Ob Anzüge oder Häuser, das ist kein großer Unter­schied“, sagt er. Am Ende bin ich Kauf­mann.“ Den Fuß­ball ver­gleicht er gern mit der Mode­branche: Jede Saison erfor­dere eine neue Kol­lek­tion.

Der WDR hat ihm neu­lich beschei­nigt, dass er Spie­lern Schrott­im­mo­bi­lien auf­ge­schwatzt habe. Ailton trat als Kron­zeuge auf. Lakis geht gegen den Sender vor und meint: Ich habe daraus gelernt. Heute trenne ich Job und Verein strikt. Wenn ein Spieler eine Woh­nung von mir haben will, sage ich: Können wir machen, aber nur, wenn du einen Notar und ein Kame­ra­team mit­bringst.“

Ende 2014 war die Steu­er­fahn­dung bei ihm. Ein Vor­wurf lau­tete, Lakis habe Spieler in seinem Unter­nehmen beschäf­tigt, die dort gar nicht arbei­teten. Beim ehe­ma­ligen Werks­klub lag mal wieder alles in Trüm­mern, doch Lakis ist geblieben. Er möchte jetzt schnell in die Dritte Liga. Und wenn man dort ist, wird man auch über die Zweite Liga nach­denken“, sagt er. Er ver­legt gerade die Geschäfts­stelle, um alles besser unter Kon­trolle zu haben. Noch wird in seinem Hin­terhof umge­baut, bald können die Mit­ar­beiter ein­ziehen. Er nennt das Pro­fes­sio­na­li­sie­rung.

16 der 22 KFC-Spieler leben vom Fuß­ball. Beim KFC zahlen sie dreimal so viel Gehalt wie in der Ober­liga üblich. Zu den Spielen kommen im Schnitt gut 2000 Fans ins 34 000-Zuschauer-Sta­dion. Lakis hofft, dass die Stadt das Sta­di­on­ge­lände nach einem Auf­stieg in die vierte Liga ver­kauft. Dort könnten dann – wie auf dem Glad­ba­cher Bökel­berg – Häuser in attrak­tiver Lage gebaut werden. Und der Klub, so sein Traum, bekäme anderswo in Kre­feld ein neues Sta­dion. Zehn- bis zwölf­tau­send Plätze, sagt er, würden für die Dritte Liga aus­rei­chen.

Lakis erzählt, dass er sich beim letzten Auf­stieg wie ein Jung­spund gefühlt habe. Er hatte sich sogar die Haare blau-rot gesprayt, wie alle anderen Spieler“. Für die nächste Zeit hat er sich aber erst einmal etwas mehr Distanz ver­ordnet.

Ob er das durch­halten kann, erscheint ihm aller­dings selbst frag­lich. Er sagt: Das ist kein ver­lo­renes Jahr. Wir haben jetzt schon ein Team, das in der Regio­nal­liga spielen könnte.“ Wenn es nicht so läuft, gibt es immer noch eine unor­tho­doxe Lösung: Der Spie­ler­pass des Prä­si­denten wird seit dem ver­schos­senen Elf­meter jähr­lich ver­län­gert.