Hannes Kartnig führte Sturm Graz in Europas Top 16 — und gleichzeitig in den finanziellen Ruin. Dafür ging er zuerst in den Knast und nun in die Privat-Insolvenz.
Kartnigs Geschichte ist nicht nur die eines Steuerhinterziehers und Betrügers. Sie erzählt auch von Fußball-Romantik. Aus einer Zeit, als die Bosse noch ein bisschen halbseidener waren und ein Hauch von Zirkusmief durch die Stadien waberte. Als es noch Typen wie Dragoslav Stepanovic, Charly Neumann oder Reiner Calmund gab. Oder wenigstens Peter Neururer.
Auch Hannes Kartnig war kein Schwerverbrecher. Der gebürtige Steirer betrieb hauptberuflich eine Werbe-Agentur. Äußerlich kam er daher wie eine Mischung aus Karl-Heinz Wildmoser, Väterchen Frost und Luciano Pavarotti – nicht immer topseriös, aber mit viel Leidenschaft, unbändigem Machergeist und großem Pathos. Jahrelang inszenierte er sich so als Manager und Magier — wohlwissend, dass seine gewagten Gaunereien eines Tages auffliegen könnten. Auch wenn Kartnig vor Gericht offenherzig zu Protokoll gab: „Ich war mir sicher, dass nichts passiert, dass keiner prüfen kommt.“
Keiner, der jammert
Bis heute beteuert Hannes Kartnig, all das nur zum Wohle des Vereins getan zu haben — auch die Betrügereien beim Ticketverkauf. Die Rechnung muss er am Ende selbst begleichen, zum Teil jedenfalls: Kartnig bleibt nach seiner Haft nur noch der Gang in die Privat-Insolvenz. Schuldenregulierungsverfahren, nennt sich das in Österreich.
Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) bezifferte Kartnigs Verbindlichkeiten vor einigen Tagen mit rund 8,8 Millionen Euro. Dem gegenüber stehe ein Vermögen von gut zwei Millionen. Die Kreditschützer führen die prekäre Situation des Patrons „nahezu ausschließlich auf Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Tätigkeit als Präsident des Fußballklubs SK Sturm Graz zurück“. Kartnig haftet für Steuerschulden des Vereins persönlich — weil er die Mauscheleien selbst verantwortet hatte.
„Fußball zum Vergessen“
Hannes Kartnig ist keiner, der öffentlich rumjammert. Ihm selbst, sagt er heute, gehe es „gut. Ich kann mit dem Geld, das ich habe, und mit ein bisserl Hilfe von meinem Sohn leben. Ich habe ja alles gehabt, alles schon erlebt, ich brauche keinen Flieger, kein Schiff, keine Opernredoute mehr, ich bin da gesättigt.“
Eines aber würde sich der Patron schon noch wünschen: dass sein Herzensklub Sturm Graz noch einmal so eine große Zeit erlebt wie unter seiner Regie. Doch die Aussichten beurteilt Kartnig eher nüchtern: „Sturm ist heute ein Sparverein, der vielleicht zwei Millionen auf der Seite hat, aber der Fußball, der da gespielt wird, ist zum Vergessen.“ Es sind halt andere Zeiten, möchte man sagen.