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Seite 2: Der österreichische Erhard Goldbach

Nun befindet sich der Herr Pucher einer­seits unter Poli­zei­schutz, weil Tau­sende Sparer, dar­unter viele SVM-Fans, um ihr Geld bangen und stink­sauer sind. Ande­rer­seits steht der lang­jäh­rige Fuß­ball­funk­tionär, der von 2005 bis 2009 sogar Prä­si­dent der öster­rei­chi­schen Bun­des­liga war, mit ein­ein­halb Beinen im Knast. Weil Bilanz­fäl­schung und Betrug eben keine Kava­liers­de­likte sind. Seinen Anwalt ließ Pucher fol­gende öffent­liche Erklä­rung abgeben: Herrn Martin Pucher fällt es schwer bzw. ist es ihm unmög­lich, in Worte zu fassen, wie sehr er die Vor­komm­nisse bedauert. Die Ent­täu­schung und Fas­sungs­lo­sig­keit über ihn selbst ist es, die es ihm unmög­lich macht, dafür eine Erklä­rung zu finden. Jedes Wort der Ent­schul­di­gung oder des Aus­dru­ckes des tiefen Bedau­erns muss den Betrof­fenen – aus ver­ständ­li­chen Gründen – wie ein blanker Hohn vor­kommen.“

Aus deut­scher Per­spek­tive gleicht der Fall jenem des Erhard Gold­bach: Der selbst ernannte Ölkönig“ stand in den 1970er-Jahren einer Tank­stel­len­kette namens Goldin“ vor und pumpte einen Teil seines Ver­mö­gens in den dama­ligen Zweit­li­gisten West­falia Herne. Leider hatte Gold­bach ver­gessen“, seine Gewinne zu ver­steuern. Irgend­wann hatte er rund 60 Mil­lionen Mark Schulden beim Finanzamt ange­häuft. 1980 lan­dete Gold­bach schließ­lich im Knast, die West­falia musste in die Ober­liga. Man­chen mag Martin Pucher auch an Jean Löring erin­nern, den lang­jäh­rigen Präses und Mäzen von For­tuna Köln. Auch der Schäng“ wollte nicht wahr­haben, dass es finan­ziell irgend­wann nicht mehr wei­ter­ging – dazu hatte er seine Rolle als Volks­tribun viel zu sehr ver­in­ner­licht.

Mög­li­cher­weise ist er aus­ge­nutzt worden“

Pucher hin­gegen galt als kal­ku­lie­render Geschäfts­mann, nicht als Zam­pano. Einer mit Weit­sicht, wenn auch etwas stur: Von 2004 bis 2013 ver­traute der Mat­ters­burg-Prä­si­dent das Trai­neramt einem ehe­ma­ligen Brief­träger namens Franz Lederer an. Bewun­derns­werte Kon­ti­nuität, lobten die einen. Purer Eigen­nutz Puchers, arg­wöhnten die anderen, die in Lederer nur den Zusteller prä­si­dialer Ent­schei­dungen sahen. Pucher redete gern mit, in allen Fragen rund um den SVM. Seine Tochter Ines küm­merte sich als Pres­se­spre­cherin um das mediale Erschei­nungs­bild des sym­pa­thi­schen Dorf­klubs“, der im ersten Jahr seiner Erst­klas­sig­keit (2003÷04) mit­unter vier­stel­lige Aus­wärts­fah­rer­zahlen vor­weisen konnte.

Es lief beim Fami­li­en­be­trieb. Der SV Mat­ters­burg ent­wi­ckelte sich zu einer Art Dau­er­gast in der höchsten Spiel­klasse des öster­rei­chi­schen Fuß­balls: Nur einmal, von 2013 bis 2015, musste man ein Inter­mezzo in der 2. Liga ein­legen. Im Pap­pel­sta­dion, das seinen Namen den schlanken Baum­riesen hinter der Haupt­tri­büne ver­dankt, spielten über die Jahre viele pro­mi­nente Namen: Ex-Bayern-Star Carsten Jan­cker, der noch immer in der Gegend wohnt. Der frü­here Wolfs­burger Didi Küh­bauer (aktuell Chef­coach von Rapid Wien), der in Öster­reich abso­luten Legen­den­status genießt. Oder der spä­tere Schalke- und Lei­cester-City-Legionär Chris­tian Fuchs.

Es schien, als würde alles immer so wei­ter­gehen beim SVM, dessen Jahres-Etat zuletzt rund 6,5 Mil­lionen Euro betrug. Der Prä­si­dent hatte die Kon­zepte und die Bezie­hungen. Er hatte das Geld und die Kon­trolle. Dachten alle. Und Pucher hatte offenbar nicht die Absicht, die Wahr­heit zu erzählen. Bis zur ver­gan­genen Woche, als ihm ein Wirt­schafts­prüfer auf die Schliche kam. Der lang­jäh­rige Mat­ters­burger Kapitän Nedeljko Malic, der im Sommer nach 15 Jahren beim SVM zurück­trat, zeigte sich geschockt: So etwas hätte er seinem Prä­si­denten nie­mals zuge­traut, sagte Malic der Kleinen Zei­tung“: Mög­li­cher­weise ist er aus­ge­nutzt worden“, mut­maßte der Ex-Profi und kün­digte an, Kon­takt mit Pucher auf­zu­nehmen: Ich will wissen, wie es ihm geht.“

Ver­mut­lich nicht allzu gut. Martin Pucher war der viel­leicht letzte Dorf­kaiser, der im öster­rei­chi­schen Profi-Fuß­ball regierte. Jetzt musste er abdanken – und das Volk will ihn nur noch hinter Git­tern sehen.