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Wenn die deut­sche Natio­nal­mann­schaft am 20. März in Wolfs­burg auf Ser­bien trifft, dann wird sich vieles ver­än­dert haben. Was zuerst auf­fallen wird, allein weil der Spielort schon sym­bo­lisch gewählt wurde: Der gute alte Mer­cedes-Stern auf den Trai­nings­ja­cken der Natio­nal­spieler wird einem VW-Logo, dem neuen Haupt­sponsor, gewi­chen sein. Was seltsam ist. Schließ­lich stehen Autos in Zeiten des Die­sel­skan­dals mächtig in der Kritik.

Keine Rolle für die Achse

Nach dem WM-Aus in der Grup­pen­phase 2018 wurden Thomas Müller, Mats Hum­mels und Jerome Boateng eben­falls heftig kri­ti­siert. Wir haben einige Punkte, an denen wir ansetzen müssen, wenn wir uns wie­der­sehen“, hatte Hum­mels nach der Nie­der­lage gegen Süd­korea gesagt. Viele sahen die Pro­ble­matik darin, dass einer wie Hum­mels noch immer zum DFB-Kader gehören würde. Bun­des­trainer Joa­chim Löw, der auch schon als Pro­blem ein­ge­stuft wurde, hielt trotzdem an ihnen fest. Mehr noch: Der Trai­ner­stab nannte neben Manuel Neuer und Toni Kroos die Namen Müller, Hum­mels und Boateng, als es um eine Achse im DFB-Team“ ging.

Jetzt aber reiste Joa­chim Löw nach Mün­chen, um den drei Spie­lern des FC Bayern per­sön­lich mit­zu­teilen, dass sie vor­erst keine Rolle mehr spielen werden in der Natio­nal­mann­schaft. Sie sind alle wei­terhin Spieler auf Welt­ni­veau“, beschwich­tigte der Bun­des­trainer. Allein: Für die DFB-Elf reicht Welt­ni­veau nicht mehr aus. Wes­halb Löw den drei Spie­lern abschlie­ßend dankte: Sie haben über Jahre hinweg unend­lich viel für Deutsch­land und die Natio­nal­mann­schaft geleistet.“

Erfolg­reiche Jahre, wun­der­barer Fuß­ball

Und das stimmt. Als die deut­sche U21 die Euro­pa­meis­ter­schaft 2009 gewann, kün­digte sich in Fuß­ball­deutsch­land, wenn man denn so will, eben­falls eine neue Zeit­rech­nung an. Mats Hum­mels, Jerome Boateng und später dann Thomas Müller gehörten zu einer neuen Spie­ler­ge­nera­tion. Aus­ge­stattet mit einer Klasse, die keine Zweifel daran ließ, dass sie sich durch­setzen werden. Der U21-EM-Titel war nur ein erster Fin­ger­zeig, was der deut­sche Fuß­ball in den Fol­ge­jahren von dieser Gene­ra­tion erwarten durfte. Es folgten: 3. Platz bei der WM 2010, Halb­fi­nale bei der EM 2012, WM-Titel 2014, EM-Halb­fi­nale 2016. Trotz des Aus in der WM-Grup­pen­phase 2018 kann man mit Fug und Recht behaupten: Es waren erfolg­reiche Jahre. Und zeit­weise wun­der­barer Fuß­ball.

Die Inves­ti­tionen haben sich gelohnt. Schließ­lich galten diese Spieler als erstes Ergebnis einer Struk­tur­re­form des DFB um die Jahr­tau­send­wende. Ein Haufen voller Vor­zei­ge­profis. Beim WM-Titel 2014 bil­deten Boateng und Hum­mels die Innen­ver­tei­di­gung. Kaum vor­stellbar, dass diese Posi­tion nur zehn Jahre zuvor von Jens Nowotny und Chris­tian Wörns besetzt worden war.

Jérôme Boateng, Mats Hum­mels und Thomas Müller haben ent­schei­dend dazu bei­getragen, dass wir 2014 Welt­meister geworden sind. Dafür wird der DFB den Spie­lern immer dankbar sein“, ver­sprach DFB-Prä­si­dent Rein­hard Grindel. Dafür müssen die drei Spieler ihm wohl ver­bunden sein. Mit anderen Teilen dieser Gene­ra­tion ist der Ver­band weitaus weniger gnädig umge­gangen. Der unwür­dige Umgang mit Mesut Özil, die Aus­boo­tung von Sami Khe­dira. Bei Bene­dikt Höwedes kam Schalke 04 dem DFB beim Vor-die-Tür-setzen zuvor.

Es heißt, Joa­chim Löw hätte den drei Bayern-Spieler jeweils fünf Minuten ein­ge­räumt, um sie über die Nicht­be­rück­sich­ti­gung zu infor­mieren. Zwi­schen Tür und Angel sollen die ver­dienten Natio­nal­spieler dem DFB einen letzten Dienst erweisen – und klaglos Platz machen. Das passt zu den modernen Aka­de­mie­ka­detten des DFB.

Die Erfah­rung fehlt

Dabei hätte es ja genug Fragen gegeben. Zum Bei­spiel, warum Joa­chim Löw, der erst vor einem Jahr eine umfas­sende Ana­lyse betrieben hatte, nun seine Ent­schei­dung um die Achse des Teams voll­ständig revi­diert. Oder über welche Alter­na­tiven auf min­des­tens Welt­ni­veau – vor allem auf der Posi­tion des Innen­ver­tei­di­gers – er in den nächsten zwei Jahren ver­fügen wird. Der Bun­des­trainer sagt: Im Jahr der Qua­li­fi­ka­tion zur Euro­pa­meis­ter­schaft 2020 senden wir damit ein deut­li­ches Signal der Erneue­rung: Die jungen Natio­nal­spieler erhalten den nötigen Raum zur vollen Ent­fal­tung.“

Hum­mels (30), Boateng (30) und Müller (29), sagt Löw, nähmen der Jugend den Platz weg und die Ver­ant­wor­tung ab. Dabei ent­wi­ckelten sich die Spieler dieser Gene­ra­tion so prächtig, weil sie zwar Ver­ant­wor­tung über­nahmen, aber beim ersten großen Tur­nier 2010 und dem WM-Titel 2014 erfah­rene Spieler wie Miroslav Klose, Per Mer­te­sa­cker oder Bas­tian Schwein­steiger neben sich hatten.

Neuer und Kroos wackeln

Auf diese Dienste, ihre Erfah­rung, ver­zichtet Joa­chim Löw sehr plötz­lich. Dass junge Spieler diesen Nach­teil in Qua­li­fi­ka­ti­ons­spielen gegen Est­land und Nord­ir­land auf­holen, ist zwei­fel­haft. Beim Gedanken daran, dass auch Manuel Neuer (32) und Toni Kroos (29) mitt­ler­weile in der Kritik stehen, könnte sein frei­wil­liger Ver­zicht auf die erfah­rene Achse noch teuer werden.