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Hel­muth Johannsen taugte eigent­lich gar nicht zum Helden. Als er 1963 das Trai­neramt bei der Ein­tracht aus Braun­schweig über­nahm, hieß es in den Ver­eins­nach­richten nüch­tern: Johannsen gehört zu den Trai­nern, die nicht schon vorher große Ver­spre­chungen machen, son­dern immer auf dem Boden der Tat­sa­chen bleiben. Seine ruhige und sach­liche Art flößte von jeher den Spie­lern Ver­trauen ein.“

Das klang nicht gerade nach einem Tau­send­sassa, und in der Tat wusste auch vier Jahre später, im Februar 1967, die Frank­furter All­ge­meine Zei­tung“ nicht mehr über den Mann an Ein­trachts Sei­ten­linie zu sagen als: Trainer Johannsen wirkt im Ver­gleich zu den schil­lernden Figuren seiner Kol­legen wie ein auf­ge­schlos­sener Mit­tel­schul­lehrer aus der Pro­vinz.“

Harter Hund

Doch war es aus­ge­rechnet dieser Typ Erd­kun­de­lehrer, der eine der größten Sen­sa­tionen der Bun­des­li­ga­ge­schichte zu ver­ant­worten hat und bis zum heu­tigen Tag als Braun­schweiger Legende gilt. Und auch wenn man über diesen Aspekt seiner Kar­riere fast nie etwas hört, spielte Johannsen ganz nebenbei auch noch eine wich­tige Rolle bei der Ent­wick­lung der deut­schen Fan­kultur. Das aber lag weniger an ihm, mehr an fünf lang­haa­rigen Gamm­lern aus Berlin.

Gammler“, so nannten die auf­rechten Bürger in den Sech­zi­gern Beat­mu­siker und ihre Fans. Und ver­mut­lich tat das auch Johannsen selbst, denn er war ein Mann der alten Schule. Wäh­rend die einen ihn ruhig und sach­lich“ nannten, bevor­zugten andere eher Aus­drücke wie Dis­zi­plin­fa­na­tiker“ oder harter Hund“. Der ehe­ma­lige Ein­tracht-Profi Wolf­gang Simon sagte mal: Er hat uns richtig geschliffen. Selbst Felix Magath ist in dieser Bezie­hung nichts gegen Johannsen.“ Auf You­Tube finden sich alte Schwarz-Weiß-Filme, die belegen, dass die Ein­tracht selbst im knö­chel­tiefen Schnee trai­nierte.

Wie gemacht für die Ein­tracht

Aber wie hätte aus dem ein­fa­chen Arbei­ter­jungen aus Ham­burg auch ein anderer Trai­nertyp werden sollen? Mit einer Spie­ler­kar­riere bei seinem geliebten FC St. Pauli wurde es nichts, weil Johannsen als 19-Jäh­riger an die Front geschickt worden war, wo ihn ein Lun­gen­durch­schuss fast das Leben gekostet hätte. Nach dem Krieg machte er seinen Trai­ner­schein bei Sepp Her­berger, aber Flausen hatte er trotzdem nicht im Kopf. Auf seiner ersten rich­tigen Trai­ner­sta­tion, beim Ober­li­gisten Bre­mer­haven 93, fuhr er nebenbei noch Gemüse aus, wie Ein­tracht Braun­schweigs Chro­nist Alex Lep­pert berichtet.

Wie gesagt, zum Helden taugte dieser Hel­muth Johannsen eigent­lich gar nicht. Wahr­schein­lich war er des­wegen so gut bei der Ein­tracht auf­ge­hoben, einem Verein, von dem nie­mand so richtig Notiz nahm und der 1963 völlig über­ra­schend die Zulas­sung zur neuen Spiel­klasse namens Bun­des­liga bekam. (In Han­nover ist man bis heute – und mög­li­cher­weise nicht völlig zu Unrecht – davon über­zeugt, dass Braun­schweigs weit­sich­tiger Prä­si­dent Dr. Kurt Hopert hinter den Kulissen die Fäden gezogen hatte.) Wie pro­vin­ziell die Zustände beim Klub waren, sieht man daran, dass Erfolgs­trainer Hans-Georg Vogel mit Ein­füh­rung des Pro­fi­fuß­balls das Amt nie­der­legte, weil er es mit seinem Leh­rer­beruf nicht mehr ver­ein­baren konnte. Nur dadurch kam Hel­muth Johannsen über­haupt nach Braun­schweig.