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Sagen wir mal, ein talen­tierter Fil­me­ma­cher möchte sich end­lich seine ersten Sporen ver­dienen und begibt sich auf die Suche nach einem geeig­neten Thema für einen Kurz­film. Mit Fuß­ball hat er nicht so viel am Hut, er kann also nicht wissen, dass Fuß­ball-Kurz­filme meis­tens beschissen sind.

Unser naiver Nach­wuchs-Regis­seur denkt sich also: Fuß­ball, klar! Men­schen, Bewe­gung, Emo­tionen, alles drin. Mach et!“ Weil er aus Dort­mund kommt und Kosten sparen will, wählt er fol­gendes Set­ting: Sta­dion Rote Erde, Sonntag, 14 Uhr. Die erste Mann­schaft mit begabten Schau­spie­lern nach­zu­ahmen, kann nur schei­tern, das weiß unser Mann. Also lässt er die zweite Mann­schaft gegen, tja, gegen wen, ach, die SpVgg Unter­ha­ching antreten. So ein drol­liger Name. So ein Kurz­film braucht Drama, also ran­gieren die beiden Teams vor diesem 32. Spieltag nicht im Mit­tel­feld der Dritt­liga-Tabelle, son­dern auf den Abstiegs­plätzen. Der BVB steht gar mit dem Rücken zur Wand. Ist Vor­letzter mit 26 Punkten, hinter Unter­ha­ching mit 31. Auf Rang 17, dem ret­tenden Platz, steht Mainz II. Sollten die ihr nächstes Spiel gewinnen, der BVB ver­lieren, dann ist aber richtig Alarm im Hafen.

Rot für den Keeper, die Fans heulen auf

Doch das Dreh­buch sieht vor, dass Mainz schon am Samstag gegen den Auf­stiegs­aspi­ranten Hol­stein Kiel spielen muss und mit 0:1 ver­liert. Gewinnt Dort­mund, ist der Klas­sen­er­halt zumin­dest nicht mehr in allzu großer Ferne. Dann wäre man auf drei Punkte her­an­ge­rückt. Sechs­punk­te­spiel“ nennt man so was, das hat unser Fil­me­ma­cher bei der Recherche her­aus­ge­funden.

Der Film beginnt mit einem Schwenk auf die Anzei­ge­tafel. Nach 76 Minuten steht es noch 0:0, und die 2785 Sta­tisten im Sta­dion werden immer unru­higer. Schnitt. Nächste Szene: Dort­munds Tor­wart Zlatan Alo­merovic stapft wütend vom Platz, hinter ihm hängt noch immer die Rote Karte in der Luft, gehalten von Schieds­richter Tobias Rei­chel. Die Zuschauer heulen vor Schmerz auf. Schnitt.

Der Keeper: ein Dort­mund-Fan, bei Schalke aus­ge­mus­tert

Nächste Szene: Nah­auf­nahme von Hen­drik Bon­mann, dem Ersatz­keeper, der sich gerade hek­tisch die Schuhe schnürt. Wir hören die Stimme in seinem Kopf: Ich bin Hen­drik, 21 Jahre alt. In Essen geboren, mit vier Jahren das erste Mal ins West­fa­len­sta­dion gegangen und gleich ver­knallt. Mit neun Jahren trotzdem zu den Blauen gewech­selt, da aber nach fünf Jahren als ›nicht tor­wart­taug­lich‹ aus­ge­mus­tert. Weil ich nur 1,70 Meter groß war. Bei Rot-Weiß Essen zum Her­ren­spieler gereift. Seit 2013 beim BVB. Heute ist der 12. April 2015, ich bin inzwi­schen 1,94 Meter groß und gleich werde ich einen Elf­meter halten.“ Schnitt.

In Zeit­lupe sehen wir den Unter­ha­chinger Schützen den Ball zurecht legen. Weil unser Regis­seur Humor hat und sich noch gut an die EM 1996 erin­nern kann, nennt er ihn Pascal Köpke. Dieser Köpke läuft an, schießt – doch Hen­drik Bon­mann hält den Ball. Die Kamera wackelt, denn die Sta­tisten spielen ihre Rolle so her­vor­ra­gend, dass man glauben könnte, die Rote Erde würde gleich abheben. Kein Schnitt, wir befinden uns in der­selben Szene. Der Ball bleibt im Spiel, Dort­mund greift an. Spielt einen Angriff über die rechte Seite und setzt einen Stürmer namens Tammo Harder in Szene. Dem gelingt tat­säch­lich das Tor.

Schnitt.

Wir sehen extreme Nah­auf­nahmen von Spie­lern, Trainer und Fans. Die pure Freude, die über­wäl­ti­gende Euphorie, das ungläu­bige Staunen. Dann: alt­mo­disch klin­gende Musik, wer vom Fach ist, erkennt an den ersten Klängen, dass es sich hierbei um den alten BVB-Schinken Wir halten fest und treu zusammen“ han­delt.

Wir zieh´n ver­gnügt und froh dahin,
schwarz-gelb ist unsere Tracht.
Wir haben stets einen hei­teren Sinn,
sind lustig, nie ver­zagt.
Wir kennen eine Feind­schaft nicht,
wir schaffen Hand in Hand.
Stets ruhig Blut, ein froh´ Gesicht
ist jedem wohl­be­kannt.

Wir halten fest und treu zusammen,
Ball Heil Hurra, Borussia!
Vor keinem Gegner wir ver­zagen,
Ball Heil Hurra, Borussia!“

Schnitt. Nächste Szene: Abpfiff. End­stand 1:0 Schnitt. The End.

Ein furcht­barer Kitsch ist unserem Fil­me­ma­cher da gelungen. Die Story absurd, das Set­ting unrea­lis­tisch. Aber was soll man ihm auch vor­werfen. Er hat eben keine Ahnung vom Fuß­ball.