Niemand spielte öfter für Fortuna Düsseldorf als Gerd Zewe. Vielleicht hätte er sogar ein WM-Debakel verhindert, wenn der Bundestrainer etwas mutiger gewesen wäre.
Am ersten Aprilwochenende des Jahres 1978 war Helmut Schön der Stargast einer Podiumsdiskussion in Düsseldorf. Gewohnt eloquent parlierte der scheidende Bundestrainer über den Fußball an sich und die bevorstehende WM in Argentinien. Da wurde er durch Rufe aus dem Publikum unterbrochen. Die Zuschauer skandierten: „Ze-we! Ze-we!“ Schön blieb gelassen. Nach der Veranstaltung sagte er den Reportern: „Wäre das hier in Hamburg, hätte ich einen anderen Namen zu hören bekommen. In jeder Stadt ist es anders.“
Das stimmte – aber nur zum Teil. Natürlich wollten die Zwischenrufer in Düsseldorf den Bundestrainer dazu bewegen, Lokalmatador Gerd Zewe mit zur WM zu nehmen; deswegen schallte ja auch schon seit Monaten „Zewe für Deutschland!“ durchs Rheinstadion, wenn die Fortuna spielte. Aber hier ging es nicht allein um die Person, es ging auch um die Position.
Etwa ein Jahr zuvor, in der Sommerpause 1977, hatte Fortunas Trainer Dietrich Weise an der Düsseldorfer Hintermannschaft herumgebastelt. Weise wollte seinen bisherigen Libero Josef Hickersberger nach vorne ziehen und brauchte dafür einen neuen Abwehrchef. Er testete mehrere Leute auf der Liberoposition, dann entschied er sich für den damals 27-jährigen Gerd Zewe.
Der gebürtige Saarländer Zewe ging schon in seine sechste Saison mit der Fortuna und war seit rund einem Jahr Kapitän der Elf. Zewe galt als technisch beschlagener Mittelfeldspieler mit guter Schusstechnik, dem es aber immer an Konstanz mangelte, um in einem Jahrzehnt, in dem es in der Bundesliga vor großen Dirigenten geradezu wimmelte, mehr als nur oberen Durchschnitt darzustellen.
Was es in der Bundesliga allerdings nur höchst selten gab, das waren herausragende Liberos. Diese leidvolle Erfahrung machte im Frühjahr 1977 auch Kuno Klötzer. Der HSV-Trainer war so verzweifelt, dass er sogar seinen exzellenten rechten Außenverteidiger Manfred Kaltz bat, es mal auf der Liberoposition zu versuchen. Kaltz lehnte das aus gutem Grund ab: Er wollte mit der Nationalmannschaft zur WM 1978 nach Argentinien fahren und wusste, dass er als Libero niemals an Franz Beckenbauer vorbeikommen würde. Da machte Ende März eine sensationelle Nachricht die Runde: Beckenbauer war auf dem Sprung in die USA! Keine drei Wochen später lief Kaltz zum ersten Mal als Libero des HSV auf.