Vor zwei Jahren war der Amerikaner Alex Menta nur ein Fußballfan. Jetzt ist er Sportdirektor in der Serie A – in Venedig. Ein Gespräch über Fußballdaten, Kaderplanung und Michaël Cuisance.
Gleich die erste Mannschaft, die Sie zusammengestellt haben, ist im vergangenen Jahr in die Serie A aufgestiegen. Was war ihr Plan für diese Saison?
Wir haben die niedrigsten Gehaltskosten der Liga und das mit großem Abstand. Ich wollte eine junge Mannschaft, bei der uns die Spieler gehören. So dass wir beim Klassenerhalt den Kern einer Mannschaft zusammen haben, mit der wir in den nächsten drei oder vier Jahren arbeiten können. Kleinere Klubs in Italien machen oft den Fehler, dass sie nach einem Aufstieg zur Ausleihplattform von Juventus Turin, Inter oder AC Mailand werden. Dann rufen ihre Freunde von den großen Klubs an und sagen: Ich habe einen Spieler für dich. Natürlich sind das gute Spieler, aber wenn man absteigt und die Mannschaft ist um diese Spieler gebaut, fehlt ihr plötzlich die Seele.
Ihre Spieler haben auch erstaunlich langlaufende Verträge.
Wir haben relativ bald nach Saisonbeginn viele Verträge aufgestockt und verlängert, wenn wir davon überzeugt waren, dass die Spieler auf diesem Level mithalten können. Und zwar bei so vielen Spielern, wie ich es noch nie bei einer anderen Mannschaft gesehen habe, nämlich ungefähr zehn. Außerdem wollte ich einen internationalen Flavour in der Mannschaft.
„Italien schon zu kennen, wird total überschätzt“
Warum?
Meiner Meinung wird total überschätzt, dass es wichtig ist, über Erfahrung in der Serie A zu verfügen oder den italienischen Fußball zu kennen. Auch im Rückblick auf die bisherigen Spiele bestätigt sich das. Das einzige Problem war die Sprache und das Problem haben wir meiner Meinung nach gelöst. Vor einem Jahr konnte der Trainer quasi kein Englisch und inzwischen ist es kein Problem, sich mit ihm zu unterhalten.
Zum internationalen Flavour gehört auch Michaël Cuisance, den Sie im Januar vom FC Bayern geholt haben. Welche Idee steckte hinter dem Transfer?
Ich habe seine Daten aus der Zeit bei Borussia Mönchengladbach mit denen bei Bayern verglichen, und in Gladbach konnte man viel klarer einen kompletten Spieler sehen. Er ist so ein großer Kämpfer und statistisch gesehen, ist er der gefährlichste Spieler aus der Tiefe des Spiels, den ich je gesehen habe. Er bringt den Ball in viele gefährliche Bereiche und bereitet viel Torchancen vor. Meine Wette auf ihn ist, dass er ein Box-to-Box-Spieler wird, wenn er richtig fit ist.
Sie haben sicherlich auch diese Geschichten über ihn gehört, wie kompliziert und überheblich er ist.
Ich glaube, dieser Junge braucht nur etwas Liebe. Wenn man ihn trifft, ist er ein so netter, übersprudelnder Bursche. Ich hatte jedenfalls mit ihm sofort eine richtige Verbindung.
Ihre Mannschaft steht gerade auf einem Abstiegsplatz. Haben Sie mal in Ihre Daten geschaut, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der FC Venezia sich nicht rettet?
Ich will die Zahlen nicht glauben, die ich da sehe.
Das ist aber nicht sehr analytisch.
Doch, denn ich glaube, dass ein Datenpunkt in diesen Algorithmen fehlt, den man Mannschaftswachstum nennen könnte. Ich bin fest überzeugt, dass es bei der Mannschaft noch klickt, denn ich kenne die Leute hier.
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