5:3 in Bremen, Dritter beim Passen, Laufen und Bälle halten. Und jetzt ist Hoffenheim auch noch ein Kandidat für Rang 3. Doch: woher kommt der Höhenflug?
Die Drei ist in dieser Saison die magische Zahl in Hoffenheim. Die TSG hat den dritthöchsten Ballbesitzwert der Liga, verfügt über die dritthöchste Passquote, erzielte die dritthöchste Laufleistung. Sie haben die drittmeisten Schüsse auf das gegnerische Tor abgegeben und die drittmeisten Tore erzielt. In der Heim- und Auswärtstabelle belegen sie jeweils den dritten Rang, in der Hinrunden- und der Rückrundentabelle ebenfalls. Es gibt derzeit eigentlich nur eine Statistik, in der sie den vierten Rang belegen: die Tabelle.
Hoffenheim möchte als Dritter unbedingt die schweren Gegner in der Champions-League-Qualifikation meiden. Ein Team wohlgemerkt, das im letzten Jahr noch darum kämpfen musste, nicht Drittletzter zu werden. Was steckt hinter Hoffenheims erfolgreicher Saison? Fünf Gründe für den Hoffenheimer Höhenflug.
1. Hoffenheim kann das Spiel machen
Normalerweise folgt der Aufstieg und Fall eines Bundesliga-Teams einem Muster: Ein Team gewinnt als Außenseiter Spiel um Spiel, befindet sich plötzlich oben in der Tabelle – und wird dadurch zum Favoriten. Diesem Druck sind viele Teams nicht gewachsen, weder mental noch spielerisch. Oft steigen Teams mit einer Kontertaktik an die Bundesliga-Spitze. Sie können diese Leistungen aber nicht mehr bestätigen, sobald sich ihre Gegner zurückziehen und sie selbst das Spiel gestalten müssen. Siehe Frankfurt, siehe Hertha, siehe Köln.
Hoffenheim ist anders. Julian Nagelsmann brachte seinen Spielern von Anfang an das Ballbesitzspiel bei. Nagelsmann arbeitet nach den Lehren des Positionsspiels, jener Form des Ballbesitzspiels, die auch Pep Guardiola nutzt. Die Spieler sollen bestimmte Zonen auf dem Feld besetzen, um einen möglichst reibungsfreien Spielfluss zu ermöglichen. Hoffenheim passt genauer und spielt dominanter als viele andere Bundesliga-Teams und kann somit jeden Gegner dominieren.
2. Hoffenheim ist flexibel
Nagelsmann ist dabei kein Fußballideologe. Er nutzt zwar die Vorteile des Positionsspiels, seine Mannschaft kann jedoch auch andere Facetten zeigen. Gegen starke Gegner spielt Hoffenheim auf Konter. Wenn sie ein Tor erzwingen müssen, schlagen sie Flanke um Flanke in den Strafraum. Hoffenheims Mannschaft kann über viele Strategien zum Sieg kommen.
Das zeigt sich auch im Detail: Auch wenn Nagelsmann am liebsten mit einem 5 – 3‑2-System operiert, ist er nicht darauf festgelegt. Im Spiel gegen Bremen stellte Hoffenheim diese Flexibilität unter Beweis: Hoffenheim begann die ersten Sekunden in einem 4−3−3. Schnell wechselten sie jedoch in ein Rautensystem, um das Bremer Rautensystem zu kontern. Der Übergang verlief nahtlos, seine Mannschaft schien voll darauf eingestellt, das System bereits nach wenigen Minuten zu ändern.
3. Hoffenheim kommt gut in die Räume hinter der Spitze
Gegen Bremen zeigte Hoffenheim ebenfalls, was zur absoluten Stärke dieser Mannschaft gehört: Sie gelangen gut in die Räume hinter die Spitze. Schon die Verteidiger spielen die ersten Pass zwischen die gegnerischen Linien, wo sich die vorstoßenden Achter und die zurückfallenden Stürmer wechselseitig anbieten. Durch viel Bewegung im Zwischenlinienraum sorgt Hoffenheim dafür, dass der Gegner diesen Bereich nicht leicht verteidigen kann.
Hoffenheim würzt dieses Spiel mit viel Breite auf beiden Flügeln. So wird der Gegner im Aufbau geschickt ins Zentrum gelockt, um das Spiel später mit diagonalen Bällen auf den Flügel zu öffnen. Vor allem Steven Zuber als vorstoßender Linksverteidiger spielt eine starke Saison, erzielte gegen Bremen bereits seinen vierten Saisontreffer.
4. A‑Elf + 2
Aller Flexibilität zum Trotz verfügt Hoffenheim über eine klare Stammelf. Elf Spieler haben mindestens 66% aller möglichen Spielminuten auf dem Feld gestanden, sechs davon sogar 75%. Hoffenheim verfügt über eine A‑Elf, die eingespielt ist, gut harmoniert und Nagelsmanns Regeln des Positionsspiels verinnerlicht hat.
Darüber hinaus kann Nagelsmann mit seinen Ersatzspielern Akzente setzen. In jedem Mannschaftsbereich stehen zwei Akteure bereit, die einspringen können. Gegen Bremen saß Stammstürmer Sandro Wagner auf der Bank, Adam Szalai durfte dafür von Beginn an ran. Als Aushilfs-Zehner machte Szalai eine gute Figur, half wesentlich mit, Bremens Raute im Mittelfeld zu sprengen.
5. Julian Nagelsmann entwickelt das Team weiter
All diese Punkte verdichten sich in einer Person: Julian Nagelsmann. Seine Strategie ist klar, aber dennoch flexibel. Er zwingt den Spielern keinen Spielstil auf, der nicht zu ihnen passt, konfrontiert sie dennoch ständig mit Neuerungen und entwickelt sie dadurch kontinuierlich weiter. Nagelsmann hat die Mannschaft besser gemacht.
Die größten Sprünge in dieser Saison hat die zentrale Achse gemacht: Kevin Vogt zeichnet als zentraler Spieler der Dreierkette eine enorme Passgenauigkeit aus, auch als Sechser überzeugt er mit seinen pfeilschnellen, aber immer präzisen Spieleröffnungen. Sebastian Rudy hat sich vom konstanten, aber wenig spektakulären Außenverteidiger zum zentralen Taktgeber im Mittelfeldzentrum entwickelt. Und Andrej Kramaric hat seiner technischen Klasse eine neue Zielstrebigkeit und Genauigkeit hinzugefügt, die ihn zu fünfzehn Saisontoren verhalf.
Doch noch ist die Saison nicht vorbei. Nagelsmann, der Ehrgeizige, will mehr. Nach dem Werder-Spiel versprach er seinem Trainerkollegen Alexander Nouri, dass er ihn zum Urlaub einlade, wenn seine Bremer am kommenden Wochenende Dortmund besiegen. Denn so könnten sie auch in der Tabelle am Ende auf Rang drei landen.