Der HSV entlässt Trainer Joe Zinnbauer, Peter Knäbel übernimmt. Der Klub denkt damit wieder mal an eine große Lösung im Sommer – und bietet Slapstick wie in einer bekannten TV-Show.
„Dittsche“ hatte keinen guten Sonntagabend. Seine neue Erfindung – der „reine Verdunklungsgenerator“ – löste in der Eppendorfer Grill-Station einen Kurzschluss aus. Das führte zu einem heftigen Streit mit Besitzer Ingo.
Doch an manchen Stellen der Fernsehsendung weiß der Zuschauer eben nicht, was Komödie und was bitterer Ernst ist. Und damit wären wir zwangsläufig beim Hamburger SV. Der Klub wechselte am Sonntag zum zweiten Mal während der laufenden Saison den Trainer und liegt damit nur knapp über dem vereinseigenen Schnitt. Seit der Absage an einen unrasierten Jeansträger namens Jürgen Klopp im Jahr 2008 hat der HSV 13 Trainer verschlissen. Sie hörten auf so klangvolle Namen wie „Zauber-Joe“, „Holland-Berti“, „Wunderheiler Slomka“ oder Michael „Mad“ Oenning.
Knäbel – ein unerfahrener Trainer
Der neue Trainer braucht keinen Spitznamen, denn sein tatsächlicher ist bildhaft genug: Peter Knäbel. Als „Direktor Profifußball“ hat er nicht gerade ein Alibi, wenn es um die Aufklärung der bisherigen sportlichen Hamburger Gräueltaten geht. Außerdem hat er zuletzt vor 15 Jahren als Trainer gearbeitet – bei einem unterklassigen Verein in der Schweiz.
Da liegt auf den ersten Blick der Verdacht nahe, dass die Idee zu Knäbel von einem Mann in Schlappen und Bademantel stammte: „Knäbel ma sagen … bidde … bidde… Knäbel… das ist ‚ne reine Welt-Idee!“
Zwei Faktoren mögen hingegen für Knäbel sprechen. Zum einen scheint er das Vertrauen von einem Großteil der Spieler zu genießen, zum anderen will er den Job tatsächlich machen. Denn es wird nicht so wahnsinnig viele Trainer geben, die bei diesem Stellenprofil schwach werden: drei Monate Abstiegskampf mit einer überbezahlten Mannschaft ohne Aussicht auf Weiterbeschäftigung. Der HSV soll bereits ab dem Sommer mit einem anderen Trainer planen, Knäbel gibt also derzeit den Statthalter.
Es ist eine Zwischenlösung in der an Zwischenlösungen reichhaltigen jüngeren Geschichte des HSV. Hamburg denkt trotz des 16. Tabellenplatzes weiter an die große Lösung im Sommer, hält sich wieder mal für „too big to fail“. Bisher kamen sie mit dieser Marschroute ungeschoren davon, im letzten Jahr reichten lächerliche 27 Punkte zum Klassenerhalt. Doch der Abstiegskampf dieser Saison ist gnadenloser, er bestraft jede Überheblichkeit.
Ein Verein wie „Dittsche“
Im Falle eines Abstieges könnte der HSV gleich zwei Stellen neu ausschreiben. Denn die Zusage des neuen Trainers, ob nun Thomas Tuchel oder nicht, dürfte wohl auch vom Klassenerhalt abhängen, genauso wie die Weiterbeschäftigung von Knäbel als „Direktor Profifußball“. Er ist derzeit ein Interimstrainer in einem Interimsverein.
Der Hamburger SV ist der „Dittsche“ der Bundesliga: Er ist schon so lange dabei, hat die unüberlegtesten, verrücktesten Ideen und unterhält damit ganz Deutschland. Irgendwie wäre es dann doch schade, wenn er bald abgesetzt wird.