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Er startet den Motor, denkt an das Match, da schlägt sein Herz schneller. Sie müssen gewinnen! Drei Pünkt­chen haben sie Vor­sprung vor Mac­cabi Tel Aviv. Noch zwölf Spiele sind es bis zur Meis­ter­schaft. Bei der Aus­fahrt aus der Tief­ga­rage blendet ihn die Sonne. Er liebt das: Blauer Himmel, Son­nen­schein, 20 Grad im Februar. Zwei junge Israe­linnen in tarn­grüner Uni­form patrouil­lieren vor dem Gebäude. Ihre Maschi­nen­ge­wehre hängen ihnen locker um die Hüften. Sexy. Er mag Frauen in Uni­form.

Auf den Straßen ist viel los. Es ist Don­nerstag, ein nor­maler Arbeitstag in Israel. Er hatte sich das nicht so vor­ge­stellt. Er hatte gedacht, alles ist viel chao­ti­scher, mehr Men­schen, mehr Schmutz, mehr Anfein­dungen. Aber man ist freund­lich zuein­ander, man ist freund­lich zu ihm.

Siege gegen Inter, Celtic und Olym­piakos

Er, das ist Lukasz Bortnik, 39 Jahre alt, pol­ni­scher Staats­bürger. Kein Jude, son­dern Katholik. Er hat einen Job, den es in der Bun­des­liga noch gar nicht gibt, wohl aber in der eng­li­schen Pre­mier League. Er ist ein pro­fes­sio­neller Daten­aus­werter, ein Per­for­mance Coach“. Wenn Invest­ment-Broker die Daten der Börse inter­pre­tieren, dann beschäf­tigen sich Per­for­mance Coa­ches“ in Voll­zeit mit den Fit­ness-Werten von Profi-Kickern. Lukasz Bortnik arbeitet für Hapoel Beer Sheva und er macht seinen Job gut. Seit das Fit­ness-Tracking ein­ge­setzt wird, ist dieser kleine Pro­vinz­club nahe der Wüste Negev unglaub­lich erfolg­reich. Auf inter­na­tio­naler Ebene gewann man gegen Inter Mai­land, Celtic Glasgow, Olym­piakos Piräus, also gegen Ver­eine, die ein Viel­fa­ches an Spie­ler­bud­gets zur Ver­fü­gung haben. Und auch in der israe­li­schen Liga ist man erfolg­reich. Nach vierzig langen Jahren wurde im letzten Jahr end­lich wieder die Meis­ter­schaft gewonnen. Und das, obwohl der Kader des größten Liga-Kon­kur­renten Mac­cabi Tel Aviv dop­pelt so teuer ist. Auch Mac­cabi benutzt ein GPS-Tracking-System, aber: Einen Per­for­mance Coach gibt es hier nicht.

Ankunft im Ver­eins­heim. Auf dem Park­platz parken nur Mit­tel­klas­se­autos neueren Jahr­gangs. Die Spieler bei Hapoel ver­dienen durch­schnitt­lich zwi­schen 20.000 und 30.000 Euro im Monat. Sie könnten sich Por­sche oder Mer­cedes leisten, aber sie scheinen das Auto nicht als eine erwei­terte Aus­for­mung des Egos zu betrachten, wie es bei den Pro­fi­ki­ckern der Bun­des­liga üblich ist.

Als Lukasz das Ver­eins­heim betritt, ist die Tür nicht abge­schlossen. Es gibt keine Rezep­tion. Keinen Sicher­heits­ser­vice. Jeder kann her­ein­spa­zieren, so wie bei einem pol­ni­schen Dorf­verein. Die anderen Trainer und Spieler begrüßen ihn mit Hand­schlag und freund­li­chen Frot­ze­leien. Ein Grund, warum Lukasz sich für Hapoel als Arbeit­geber ent­schieden hat, ist dieses Gefühl: im Ver­eins­heim zu Hause zu sein. Er fühlt sich gebraucht und respek­tiert. Er weiß natür­lich, woran das liegt.

Zlatan machte den Männer-BH“ berühmt

Er legt seine Sachen im Büro ab und geht nach draußen in die Sonne. Sein Assis­tent Micha ist schon hier, gemeinsam beginnen sie auf­zu­bauen. Spannen hüft­hohe Netze, über die Fuß­ball­tennis gespielt wird, ste­cken bunte Plas­tik­stäbe in den Rasen, die für den Slalom mit dem Ball am Fuß gebraucht werden, posi­tio­nieren einen Tor­wart aus Leicht­me­tall, den es bei dem Schuss aufs Tor zu über­winden gilt. Vor zwei Jahren stellte Lukasz den Ver­ant­wort­li­chen von Hapoel Beer Sheva die GPS-Tech­no­logie des aus­tra­li­schen Her­stel­lers GPS­port vor, die auch vom FC Chelsea, Valencia und dem FC Bayern benutzt wird.

Jetzt trägt jeder Spieler beim Trai­ning ein GPS-Sensor, der mit­hilfe eines Brust­gurts am Rücken getragen wird. Große, mediale Auf­merk­sam­keit erhielt dieser Brust­gurt, als Zlatan Ibra­hi­movic nach einem Freund­schafts­spiel gegen Real Madrid mit freiem Ober­körper über das Spiel­feld stol­zierte und nur diesen Männer-BH“ mit dem GPS­ports-Schriftzug trug. Das war im Jahr 2013. Inzwi­schen benutzen alle Klubs der ersten und zweiten Bun­des­liga GPS-Tracking-Sys­teme.

Der Chip misst jeden gelau­fenen Meter, jeden absol­vierten Sprint, jeden ein­zelnen Herz­schlag. Sogar die G‑Kräfte, die auf den Körper des Ath­leten ein­wirken, werden auf­ge­zeichnet. Dank der Daten kann Lukasz jedem Spieler zu seiner best­mög­li­chen Form ver­helfen. Ihm fällt es auf, wenn jemand ver­let­zungs­an­fällig ist und geschont werden sollte. Aber er sieht auch, wenn sich ein Spieler aus­ruht und andere laufen lässt oder sich die Sprints in einer zweiten Halb­zeit, aus wel­chen Gründen auch immer, an einer Hand abzählen lassen. Er ist ein echter Big Brother des Pro­fi­fuß­balls. Wäh­rend die Daten­sam­melwut bei Google Glas und anderen Appli­ka­tionen des Silocon Valley an der gesell­schaft­li­chen Kritik geschei­tert sind, hat sich das GPS-Tracking im Pro­fi­fuss­ball durch­ge­setzt. Hier geht es nicht um das mora­li­sche Abwägen des Für- und Wider einer erhöhten Daten­nut­zung, hier geht es ums Gewinnen. Und Teams mit GPS-Tracking sind erfolg­rei­cher, des­halb wird die Tech­no­logie ein­ge­setzt.