Motivierter könnten die Glasgow Rangers heute Abend kaum sein. Sie wollen für ihren verstorbenen Zeugwart ins Europa-League-Finale einziehen. Wer war Jimmy Bell?
Es herrschte Aufregung in der Kabine der Glasgow Rangers. Mitte der 2000er-Jahre lag eine Zeitung auf dem Tisch und die Spieler diskutierten über die Schlagzeile: „Australier von Hai gefressen!“ Eine Tragödie. „Hey Jimmy“, rief einer der Jungs, als ihr Zeugwart in den Raum trat, „das ist unglaublich. Was hättest du getan? Wie konnte das passieren?“ Also trat Jimmy Bell, der Zeugwart, näher an das ausgebreitete Journal heran. Er studierte die Geschichte über den Mann, der im Meer gefressen worden war, schnaubte und sagte: „Nun, es ist ihr Territorium, nicht wahr?“ Dann ging er.
Jimmy Bell ist tot. Mit 69 Jahren verstarb der Schotte plötzlich und für alle überraschend, wie der Verein am Dienstagnachmittag mitteilte. Über 30 Jahre lang hatte Bell für die Rangers gearbeitet und galt, obwohl er nie ein Spiel für den Klub gemacht hatte, als Legende. Wie groß sein Einfluss war, könnte am Abend auch RB Leipzig in der Europa League zu spüren bekommen.
„Wir werden alles tun, um das Finale zu erreichen“
„Wir werden alles tun, um das Finale zu erreichen“, betonte Trainer Giovanni van Bronckhorst. Er habe seine Mannschaft aufgefordert, das Spiel in Gedenken an den Verstorbenen zu gewinnen, während vor den Stadiontoren des Ibrox zahlreiche Fans Blumensträuße, Schals und Kerzen niedergelegt hatten. Sich dabei an einen erinnerten, der die Rangers verkörperte wie kaum ein Zweiter. Und dabei Zeit seines Lebens die Frage zu beantworten schien, was es braucht, um eine Ikone eines Vereins zu werden.
Schließlich galt Bell unter Spielern nicht gerade als liebenswürdiger, alter Mann, der immer zu einem Spaß aufgelegt war. Im Gegenteil. Bell, wie ein Hai im pazifischen Ozean, verteidigte sein Territorium – und biss im Zweifel auch mal zu. So erinnerte sich Stürmer Jermain Defoe vor einiger Zeit im Gespräch mit TheAthletic daran, dass er selbst zu Beginn bei den Rangers ein Trikot trug, das ihm offensichtlich eine Nummer zu groß war. Doch als Defoe den Zeugwart nach einem kleineren Exemplar fragte, schüttelte Bell nur den Kopf. „Mach einfach weiter und spiel, Sohn.“ Über Monate flehte ihn Defoe an, ihm ein kleineres Trikot zu überreichen, doch Bell lehnte ab. Es schien, als ginge es ihm ums Prinzip: In der Kabine entschied nur einer, wer was trug – und das war Bell. Erst als Defoe im Strafraum von einem Verteidiger am übergroßen Shirt festgehalten wurde, reagierte der Betreuer.
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