Clément und sein Hahn oder traurige Trompeter: Jedes EM-Teilnehmerland hat seinen Kultfan, der fast so bekannt ist wie seine Nationalelf. Einer von ihnen hat sich aber bereits weit ins Abseits geschossen.
Manolo el del Bombo
Direkt neben dem beeindruckenden Mestalla-Stadion in Valencia liegt die Bar „El Bombo“ des berühmtesten spanischen Fans: Monolo el del Bombo – Manolo mit der Trommel. Drei dieser Bauchtrommeln mit seinem Schriftzug und dem spanischen Wappen hängen über der Bar. Darunter steht Manolo im Nationaltrikot und schenkt Bier aus. Früher trommelte Manuel Cáceres Artesero noch den FC Valencia zu Siegen, doch nachdem der Edelfan keine Karte für das Champions-League-Finale 2001 erhielt, unterstütze er fortan nur noch die „Furia Roja“ und in unregelmäßigen Abständen den FC Barcelona und Real Madrid bei internationalen Spielen.
Eine Kultfigur, die bei Länderspielen in allen möglichen Teilen des Stadions trommelt und für Stimmung sorgt. Das weiß auch der Verband „Sie zahlen Flug, das Hotel und die Tickets. Ich bezahle für Essen und so weiter“, sagt der 67-Jährige, der für seine Leidenschaft zwei Ehen opferte. Der Gladbacher Manolo, der Trommler vom Bökelberg, wurde nach ihm benannt. Er wirkt schrullig, wird von anderen Fans als Visionär, Stimmungskanone oder einfach nur als Spinner verschrien. Im Sommer fährt Manolo el del Bombo zu seiner achten Europameisterschaft. (Videolink)
Trompeten-Sigi
„Jetzt bläst Sigi wieder richtig“, verkündete im September kein dubioser Bezahl-Sender, sondern das Schweizer Boulevardblatt „Blick“. Mit einer Hilfsaktion hatte die Zeitung dafür gesorgt, dass Trompeten-Sigi – Edelfan der Schweizer Nati – mit einem neuen Instrument ausgestattet wurde. Die alte Trompete, mit der Sigi Michel seit der Weltmeisterschaft 1986 kein großes Turnier der Schweizer Nationalmannschaft verpasste, spielte schon seit längerer Zeit keinen geraden Ton mehr. Sehr zum Leidwesen der gesamten Kurve.
Bekannt ist das Fanoriginal trotzdem landesweit, schließlich reiste er seiner Nati in die ehemalige DDR, nach Ungarn, Kenia und in die USA hinterher. Zudem ist er Interpret von „Hallo Fußball“ – dem bekannten „EM-08-Hit“ (zumindest laut CD-Cover). Bei der Weltmeisterschaft 2014 wurde Sigi vor dem ersten Vorrundenspiel der Arena verwiesen, weil seiner Trompete kein Einlass gewährt wurde. Noch schlimmer: Er sollte sie vor dem Stadion liegenlassen. „Da habe ich Magenkrämpfe bekommen und wurde richtig wütend“, erinnerte sich Sigi und schaute das Spiel im Hotel.
Zumeist mit der einzigartigen Kombination aus rotem Sombrero und traditioneller Almtracht bekleidet, will Sigi auch in Frankreich zur „Attacke“-Melodie ansetzen. Schiefe Töne nicht ausgeschlossen, denn beim Blick auf die neue Trompete meinte Sigi: „Nein, die ist mir zu wertvoll.“ Und nahm das alte Instrument zum Auswärtsspiel nach England mit. (Videolink)
Clément d‘ Antibes
Bekannter als Clément Tomaszewski aus Antibes ist sein gallischer Hahn: Balthazar. Mit dem Wappentier der Franzosen reist Clément d‘Antibes seit der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien der Nationalmannschaft hinterher. Bei der Weltmeisterschaft 1998 im eigenen Land gehörte das Pärchen zum französischen Inventar wie das offizielle Maskottchen Footix – ebenfalls ein gallischer Hahn. Als vier Jahre später in Japan und Südkorea die Vogelgrippe grassierte, musste Balthazar zuhause bleiben. Er hätte schlicht nicht wieder einreisen dürfen. Clément besorgte stattdessen einen Hahn auf einem koreanischen Markt. Ohne Glück: Die Franzosen schieden torlos in der Vorrunde aus.
Immer wieder standen Clément und Balthazar im Blickpunkt von Tierschützern, Offiziellen und Ordnern. Oftmals wurden beide mit einem Stadionverbot belegt. Doch der Hahn gehört zu Frankreich wie der Wein zum Käse. Bei der Heim-EURO dürfen sich alle auf das Duo freuen. In Fanbetreuerschulungen soll neuerdings auf die beiden besonderen Gäste hingewiesen werden. (Videolink)
Axelle Despiegelaere
Die Reise zur Weltmeisterschaft nach Brasilien schien sich für Axelle Despiegelaere voll ausgezahlt zu haben. Die 17-jährige Belgierin wurde als Fan beim ersten Vorrundenspiel gegen Russland von den TV-Kameras beim Aufwärmen der Mannschaften gesichtet und die bildhübsche Dame mit dem Teufelshut in den belgischen Nationalfarben warf sich fortan bei jeder Aktion ihrer Mannschaft in Szene – jubelnd, tanzend, mitleidend.
Innerhalb weniger Tage entbrannte bei Flamen, Wallonen und allen anderen Fußballfans ein echter Hype um Despiegelaere, der auch Heidi Klum wohl allwöchentlich ein „Ich habe heute ein Foto“ entgegen gesäuselt hätte. Ihr Freund, der in Belgien geblieben war, erinnerte sich: „Auf einmal sah ich Axelle überall, in der Zeitung, im Fernsehen, auf Facebook. Ich saß über meinen Prüfungen und plötzlich war ein Axelle-Hype ausgebrochen. Alle wollten sie heiraten.“ Keine Hochzeit, aber zumindest ein hochdotierter Modelvertrag mit einem Kosmetikunternehmen sprangen nach mehreren Auftritten auf der Tribüne für den belgischen Edelfan heraus.
Problem: Wenige Wochen nach der Weltmeisterschaft kursierte ein Foto der hübschen Belgierin auf Safari im Netz. Despiegelaere kniete neben einer erlegten Onyx-Antilope, das Gewehr lässig über die Schulter gelegt. Der Kosmetikkonzern wandte sich ab. Aus war der Traum von Model‑, Kultfan- und Spielerfraukarriere. Zumindest ihren Freund dürfte das freuen.
David Feeney
Zugegeben: David Feeney weilt nur selten in Stadien während irischer Länderspiele. Denn Feeney, der aus Dublin stammt, arbeitet seit über 15 Jahren als IT-Leiter in Sydney – und hörte bis 2013 alle Spiele seiner Mannschaft nur im Internet-Radio. Nach einem herzergreifenden 2:2 in letzter Minute gegen Österreich war die Toleranzgrenze des Fußballfans dann aber überschritten: „Ich dachte mir, das ist doch unmöglich, dass ich dieses Spiel nicht gesehen habe. Ich kaufe jetzt die TV-Rechte.“
Also bot Feeney um die TV-Rechte des WM-Qualifikationsspiels gegen Schweden im September 2013 bei der deutschen TV-Agentur Kentaro, die – so seltsam es klingen mag – unter anderem die Übertragungsrechte der irischen Nationalmannschaft in Australien und Ozanien hielten. Was ihn der Spaß genau kosten sollte, das wollte Feeney nicht verraten, aber: „Meine Frau und ich mussten eine Hypothek auf unser Haus aufnehmen. Ihre Freude war nicht überschwänglich.“
Ob Irlands Länderspiele auch während der Europameisterschaft in Australien übertragen werden, steht noch nicht fest. Feeney sucht zurzeit noch Investoren für seinen „Channel 33“.