Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Was hat man nicht alles schon gehört vom legendär-schlechten Ver­hältnis des Trai­ner­ve­te­ranen Huub Ste­vens zu allzu neu­gie­rigen Jour­na­listen. Oft genug hat der Nie­der­länder schon hilf­lose Fra­gen­steller vor lau­fenden Kameras ange­bellt, bis diese sich zu Tränen gerührt hinter ihrem Mikro­fon­pu­schel ver­kro­chen.

Legendär auch jenes Wort­ge­fecht, das sich Ste­vens mit einem Jour­na­listen der schrei­benden Zunft lie­ferte: Nachdem der Kol­lege den Trainer eine recht for­sche Frage zum 1:1‑Unentschieden des FC Schalke in Bochum stellte, knurrte der Mann aus Sit­tard nur zurück: Für wel­ches Blatt arbeiten Sie eigent­lich?“ Der Jour­na­list wis­perte klein­laut: Ich bin freier Jour­na­list!“ Ste­vens kon­terte tro­cken: Das merkt man!“ – und die Unter­hal­tung war beendet. Mit­unter beschlich einen das Gefühl, die wahren Gegner des Fuß­ball­trai­ners Huub Ste­vens sind nicht etwa die sport­li­chen Kon­tra­henten, son­dern all die Autoren, die Kame­ra­männer, die Fieldre­porter, die ihm Woche für Woche hin­terher jagen. Reist man also zu einem Inter­view mit dem Knurrer von Kerk­rade“, rechnet man pro forma mit allem: mit Ein-Satz-Ant­worten, purer Igno­ranz, wildem Schlamm­cat­chen oder psy­chol­gi­scher Kriegs­füh­rung.

Ste­vens lie­fert eine große Show

Ein Dienstag Vor­mittag in der Arena Auf Schalke“. Im Akkord werden neu­gie­rige Tou­risten-Gruppen durch die leere Halle, die leeren Pres­se­räume, die leeren VIP-Räume, die leere Emp­fangs­halle geschoben. Par­al­lel­welt Sta­di­on­füh­rung. Doch genau hier unten sitzt Schalke-Coach Huub Ste­vens in einer gemüt­li­chen Sitz­ecke und redet. Nein, er redet nicht, er zieht eine Show der Extra­klasse ab. Voller Kör­per­ein­satz, wildes Ges­ti­ku­lieren, lautes Lachen, Schen­kel­klopfen. Einmal glit­scht er sogar bei­nahe vom unför­migen Sitz­möbel. Unglaubig zücken die ver­dat­teren Fans ihre Kameras, als könnten sie nicht glauben, dass auch das da Huub Ste­vens sein kann. Huub Ste­vens, der ver­meint­liche Grantler, ist voll in seinem Ele­ment, in seinem Tunnel“, wie er später erklären wird. Ein Tunnel, der über die Jahre immer weiter geworden ist, weil er ihn bein­hahe erdrückt hätte.

Ein Blick in die 11FREUNDE-Spe­zial-Aus­gabe Die Nuller-Jahre“, ein Bild vom Tag der Vier-Minuten-Meis­ter­schaft, Schalkes Trauma, sein Trauma und schon rat­tert es in ihm. Da war ich weg“, mur­melt er, erzählt, wie er einen Schrank zer­dep­perte, als er zusammen mit Youri Mulder die Gescheh­nisse aus Ham­burg ansehen musste – live im Fern­sehen. Der Klos im Hals ist fast greifbar. Ste­vens wankt inner­lich, aber er fängt sich. Er fixiert seinen Gegen­über wie eine Raub­katze seine Beute, stellt Rück­fragen, ver­schränkt ent­spannt die Arme hinter dem Kopf. Nein, dieser Huub Ste­vens ist nicht mehr der Grantler von einst, dieser Huub Ste­vens ist sanft, ist locker und ist ver­dammt lustig.

Natür­lich sehe ich gerne Borussia Dort­mund!“

Er spricht über twit­ternde Jung­profis, das Älter­werden, die Belas­tungen des modernen Fuß­ball­ge­schäfts und gesteht: Natür­lich sehe ich mir gerne Borussia Dort­mund an!“ Ein Lob für den Erz­feind. Was in Gel­sen­kir­chen unter Umständen mit Stei­ni­gung, in der Regel aber nur mit Teeren und Federn bestraft wird, geht dem Nie­der­länder locker über die Lippen. Er steht über den Dingen. Viel­leicht mehr denn je.

Der Trai­ner­ve­teran Huub Ste­vens ist schon lange nicht mehr das jour­na­lis­ten­fres­sende Monster, das man einst in ihm sah, schon lange nicht mehr der Knurrer von Kerk­rade. Huub Ste­vens 2012 ist zum Gurrer von Gel­sen­kir­chen“ mutiert.

Erst ganz zum Schluss kommt dieses Bild ins Wanken. Als ihm der Foto­graf zum Abschied sagt: Bitte schlagen sie Borussia Dort­mund im Derby“, knurrt Ste­vens: Warum?“. Der Foto­graf klein­laut: Dann wird mein FC Bayern Meister!“ Ste­vens erstarrt, pumpt sich ein biss­chen auf und bellt: Und was habe ich davon?“ Doch kurz bevor sich der arme Foto­graf hinter seiner Kamera ver­krie­chen will, blitzt Ste­vens Lächeln auf. Er hat gelernt, mit seinem eigenen Kli­schee zu spielen. Noch so ein Cha­rak­terzug, mit dem man nicht unbe­dingt gerechnet hätte.