Uwe Seeler lehnte ein Millionenangebot aus Italien ab, weil er in Hamburg bleiben wollte. 1978 lief er aber plötzlich für den irischen Erstligisten Cork Celtic auf. Wie konnte es dazu kommen?
Dieser Text erschien erstmal in unserem 11FREUNDE SPEZIAL „Legionäre“. Das Heft ist hier bei uns im Shop erhältlich.
Schon nach ein paar Minuten ahnten Uwe Seeler und Franz-Josef Hönig, dass etwas faul war. Die Verteidiger der Shamrock Rovers grätschten brutal in die Zweikämpfe und rannten über den Platz, als ginge es um den Einzug in ein WM-Finale. Seeler schaute Hönig ratlos an, aber auch der zog die Schultern hoch: „Sag mal, biste sicher, dass das ein Freundschaftsspiel ist?“
Nein, war es nicht. Es war ein offizielles Ligaspiel. Cork Celtic FC gegen Shamrock Rovers FC in der League of Ireland. 25. April 1978, Turner’s Cross. Shamrock spielte in jener Saison um die irische Meisterschaft, Cork gegen den Abstieg, und Uwe Seeler und Franz-Josef Hönig liefen als Gastspieler der Kelten auf.
Es könnte eine lustige Anekdote in der Karriere eines der besten deutschen Fußballer aller Zeiten sein. Die Sache ist aber etwas vertrackt: Seeler spielte von der Jugend bis zum Karriereende 1972 für den Hamburger SV, er machte 476 Spiele und schoss 404 Tore. Er gilt als One Club Man, in Hamburg ist er beliebter als der Weihnachtsmann und bekannter als Udo Lindenberg. Einmal lehnte er einen Millionenvertrag von Inter Mailand ab. Dem konsternierten Trainer Helenio Herrera sagte Seeler, er wollte in Hamburg bleiben, bei seiner Frau Ilka und seinem HSV.
Seit dem 25. April 1978 steht aber in jeder Seeler-Karrierestatistik als zweiter Verein Cork Celtic FC. Wie ein fehlerhaftes Satzzeichen nach einem Punkt.;
Aber wie konnte es überhaupt dazu kommen?
Seeler selbst spricht eher ungern über dieses Spiel. Einmal deutete er in einem Interview mit 11 FREUNDE an, dass er einer Einladung von Adidas gefolgt sei. Seeler, damals Handelsvertreter für den Sportartikelhersteller, dachte an einen Sponsoren- oder Charity-Kick. Er durfte sogar einen Spieler mitnehmen, die Wahl fiel auf seinen alten Zimmernachbarn und Freund Franz-Josef „Bubi“ Hönig.
Hönig erreicht man in seiner Heimat Rheingau, in der Nähe von Wiesbaden. Er sagt: „Ein paar Tage vor dem Spiel rief der Dicke mich an: Haste Lust, mit nach Irland zu kommen? Klar, warum nicht, sagte ich.“ Hönig hatte von 1967 bis 1974 beim HSV gespielt und seine Karriere beim SV Wiesbaden ausklingen lassen. Wie Seeler arbeitete er danach für Adidas.
Beide waren trotz ihres Alters – Seeler war 41, Hönig 36 – noch gut in Form. Regelmäßig liefen sie für die Adidas-Betriebsmannschaft auf, in der auch andere ehemalige Bundesligaprofis wie Wolfgang Overath, Max Lorenz oder Pico Schütz mitspielten. Hönig sagt: „Wir hätten sogar auf Welttour gehen können, wir bekamen Einladungen aus Brasilien oder Uruguay. Adi wollte das aber nicht. Dann arbeitet ihr ja gar nicht mehr, nörgelte er.“