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László Bénes war schon immer ein Grenz­gänger. Das ist er auf dem Platz, wo er zwi­schen zen­tralem und offen­sivem Mit­tel­feld sein zu Hause gefunden hat. Das war er schon als Jugend­li­cher. Denn streng genommen spielte der heute 22-Jäh­rige Slo­wake schon mit 13 im Aus­land, in der Jugend­ab­tei­lung des ETO FC Győr in Ungarn.

Genau genommen aller­dings war der vier­ma­lige unga­ri­sche Meister ein­fach nur um die Ecke, 50 Kilo­meter von Dob­ro­host ent­fernt, dem idyl­lisch an der Donau gele­genem Hei­mat­dorf von László Bénes, das zu dem Teil der Slo­wakei zählt, in dem das unga­ri­sche Leben ohnehin domi­niert.

Dort, wo schon früh alles anfing. Mein Vater hat mir einen Fuß­ball geschenkt, als ich sieben Monate alt war. Sobald ich laufen konnte, habe ich immer nur den Ball am Fuß gehabt, die Leute im Dorf haben mich so gut wie nie ohne gesehen“, sagte Bénes einmal dem Foh­len­Echo“.

Frühe Bril­lanz

Nach Mön­chen­glad­bach sind es fast 1.100 Kilo­meter mehr. Viel­leicht hat der inzwi­schen drei­fache Natio­nal­spieler seines Landes auch des­halb drei Jahre gebraucht, um wirk­lich anzu­kommen in seiner neuen Heimat, der Stammelf von Borussia. Obwohl ihm der Klub zur bes­seren Inte­gra­tion einen Lands­mann und Fuß­ball­gott“ an die Seite stellte, Ex-Borusse Igor Demo, der zwi­schen 2000 und 2005 für die Glad­ba­cher das Mit­tel­feld umgrub. Und der Bénes inner­halb der ver­gan­genen drei Jahre zum väter­li­chen Freund und Rat­geber wurde.

Ande­rer­seits war Bénes auch gerade erst 18, als er an den Nie­der­rhein wech­selte, für zwei Mil­lionen Euro von MSK Zilina. Mit dem er Vize­meister wurde, als Stamm­spieler schon. Mit dem er in der Europa-League-Qua­li­fi­ka­tion bril­lierte. In acht Spielen konnte er auf sich auf­merksam machen, ehe erst gegen Ath­letic Bilbao und trotz eines 3:2‑Heimspielerfolgs (mit Tor­vor­lage Bénes) End­sta­tion war.

Schon bei seinen ersten Auf­tritten im Trikot der Foh­lenelf dann war klar, dass Bénes zumin­dest tech­nisch alles mit­brachte, um in der Bun­des­liga min­des­tens bestehen zu können. 

Bei etwas stren­gerer Aus­le­gung könnte sein linker Fuß auch als Prä­zi­si­ons­waffe durch­gehen. Oder die Flug­kurven seiner mil­li­me­ter­ge­nauen Pässe als Zirkel-Ersatz. Eine Qua­lität, die ihm bereits ein halbes Jahr nach seiner Ankunft zum Bun­des­liga-Debüt ver­helfen. Beim Heim­spiel gegen Bayern Mün­chen (0:1) am 19. März 2017 wird er in der 81. Minute ein­ge­wech­selt. Zwei Wochen später steht er erst­mals in der Startelf, erzielt beim 1:0‑Erfolg über Hertha BSC auch gleich den Sieg­treffer. 

Er kommt jetzt regel­mäßig zum Ein­satz und spä­tes­tens nach dem dann fol­gendem Abgang von Mo Dahoud zu Borussia Dort­mund scheint Bénes dessen logi­scher Nach­folger.

Dass es anders kommt, liegt an einem Mit­tel­fuß­bruch, den er im Sep­tember 2017 in einem Freund­schafts­spiel erleidet und der ihn 168 Tage außer Gefecht setzt. Daran und an Mickaël Cui­sance, der im Sommer aus Nancy zur Borussia stößt und gleich in seiner Pre­mieren-Saison zum Shoo­ting-Star wird. Zudem ist das Mit­tel­feld in Mön­chen­glad­bach ohnehin schon gut besetzt, selbst Welt­meister Chris­toph Kramer muss immer häu­figer auf die Bank.

Heavy Metal und Klassik

Keine guten Vor­aus­set­zungen für einen wie Bénes, der Spiel­praxis braucht, erst Recht, nach der langen Zeit in der Reha. Also geht es in der Win­ter­pause der Saison 2018/19 ab zu Hol­stein Kiel, ein halbes Jahre Stahlbad zweite Liga. Ein halbes Jahr, das zu einem Glücks­fall wird. Kiel war der per­fekte Schritt für meine Kar­riere. Diese fünf Monate haben mich enorm wei­ter­ge­bracht in meiner Ent­wick­lung. Ich konnte (…) mir Sicher­heit für mein Spiel holen, auch Selbst­ver­trauen durch die guten Leis­tungen“, sagte Bénes dieser Tage gegen­über dem Kicker“.

Bei Hol­stein bekommt er zudem einen Vor­ge­schmack auf das, was nun bei Borussia Mön­chen­glad­bach auch unter Marco Rose ange­sagt ist: Ball­jagd, Spiel­tempo, phy­si­sche Härte. Trainer Tim Walter lobte: Laszlo hat Musik in seinem Fuß.“ Und die kann, um im Bild zu bleiben, sowohl Heavy Metal als auch Klassik sein. 

Denn obwohl Bénes auch für den eigenen Geschmack noch zu wenig Tore erzielt (eins in 18 Bun­des­li­ga­spielen), hat er den wuch­tigen Abschluss ebenso im Reper­toire wie den feinen Pass in die Gasse. Die 40-Meter-Sei­ten­ver­la­ge­rung ins Fuß­ge­lenk ebenso wie den Drei-Meter-Quer­pass, der die Statik eines Spiels manchmal mehr ver­än­dert als ein ver­meint­lich spek­ta­ku­lärer Dribb­ling-Ansatz. Und den­noch kamen in der bis­he­rigen Saison starke 86 Pro­zent seiner häufig ris­kanten Zuspiele an.

Oder um es mit den Worten seines Trai­ners Marco Rose zu sagen: Laci ist nicht nur ein intui­tiver Spieler. Diese Fähig­keit hat er zwar auch, aber vor allem macht er die meisten Dinge sehr bewusst. Er hat eine sehr gute Ori­en­tie­rung, einen sehr guten ersten Ball­kon­takt, spielt gute Pässe und gute Stan­dard­si­tua­tionen.“

Keine Über­ra­schung

Bénes kre­iert in jeder Partie min­des­tens eine Groß­chance, ver­liert selten den Ball und ist zudem auch im Defensiv-Zwei­kampf zu gebrau­chen. Die klei­neren Makel, die sein Spiel noch aus­ma­chen, die manchmal feh­lende Hand­lungs­schnel­lig­keit, der manchmal eine Ball­kon­takt zu viel, treten gegen die erstaun­liche Klar­heit seiner Aktionen in den Hin­ter­grund. Zumal er sich im Trai­ning richtig quält“, wie sein Trainer sagt. Dass man, wenn man zusam­men­fügt, was Marco Rose über diesen Mus­ter­schüler sagt, daran denken mag, all das auf­ge­zählt zu bekommen, was man sich von Mickaël Cui­sance zuletzt nur noch erhofft hatte, trägt dann fast schon iro­ni­sche Züge.

Dass Bénes nach bald einem Drittel der Saison als eine ihrer bisher größten Über­ra­schungen gilt, sollte man aller­dings etwas rela­ti­vieren. Denn über­ra­schend ist weniger, was der Mann, dessen Nach­name Der Geseg­nete“ bedeutet, zu leisten im Stande ist. Über­ra­schend ist höchs­tens, mit wel­cher Kon­stanz und Selbst­ver­ständ­lich­keit er diese Leis­tungen inzwi­schen abruft.

Leis­tungen, die ihn immer mehr zu dem machen, wonach sich alle sehnen: einem Unter­schieds­pieler. Aber warum auch nicht? László Bénes war schließ­lich schon immer ein Grenz­gänger.