In Niclas Füllkrugs Schatten hat sich Waldemar Anton in Hannover zum Shootingstar entwickelt. Als Innenverteidiger, Sechser und Identifikationsfigur ist er für Sechsundneunzig unersetzlich – und zum berühmtesten Sohn einer völlig unbekannten Stadt geworden.
Schon mal von Olmaliq gehört? Nein? Von Georgi Tadschijetwitsch Arsamow? Auch nicht? Wenigstens von Wladimir Anton? Auch nicht?
Na gut, zur Erklärung: Olmaliq ist eine Stadt mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern in Usbekistan, südöstlich der Hauptstadt Taschkent gelegen und dank der Lage am Fuße des Quramagebirges ein Zentrum der Metallverarbeitung. Und Arsamow? Nun, der war als sowjetischer Schachgroßmeister jahrzehntelang der berühmteste Sohn der Stadt am Fluss Ohangaron. Bis Wladimir Anton 1996 in Olmaliq das Licht der Welt erblickte und 2016 im Alter von 20 Jahren und mit einem anderen Namen begann, sich in der Defensive von Hannover 96 zu etablieren.
Aus Wladimir wird Waldemar
1998 war er mit seinen Eltern als Spätaussiedler nach Hannover gekommen. Der Sohn war gerade mal zwei Jahre alt und hieß noch Wladimir. Auf dem deutschen Pass wurde daraus Waldemar, aus Wladi wurde Waldi. Waldemar fiel die Integration leicht, in der Schule lief es gut, beim Stadtteilverein Mühlenberger SV, wo er siebenjährig das Kicken begann, noch besser. 2008 überzeugten ihn die Verantwortliche von Hannover 96 von einem Wechsel in die bedeutendste Jugendabteilung der Stadt.
Der Beginn eines langen aber beständigen Weges bis in die Bundesliga, die am vergangenen Montag mit der Ehrung zu Niedersachsens Fußballer des Jahres ihre vorläufige Krönung fand. In seiner Laudatio bei der Preisverleihung des NFV lobte 96-Aufsichtsrat Martin Andermatt den mittlerweile 21-Jährigen: „Du bist einer, der von der ersten bis zur letzten Minute alles gibt. Wenn du auf dem Platz stehst, willst du gewinnen.“
„Kämpfen, immer arbeiten“
Mit Ehrgeiz und Disziplin hat Anton sich nach zehn Jahren im Verein zur Identifikationsfigur an der Leine hochgearbeitet. Werte, die ihm die Eltern beigebracht haben, der Vater Busfahrer, die Mutter Köchin: „Meine Eltern sind hierhergekommen und konnten kein Deutsch. Sie mussten kämpfen, immer arbeiten“, sagt Anton heute über die nicht leichte Zeit nach dem großen Umzug.
Wie er selbst auf dem Platz. Letztes Jahr in der zweiten Liga avancierte er zum Stammspieler, trug maßgeblich zum Aufstieg bei und konnte seine Leistungen in der Bundesliga bestätigen. Bis auf sechs Spiele, die er verletzungsbedingt verpasste, lief er wahlweise als Innenverteidiger oder im defensiven Mittelfeld auf.