Das ZDF zeigt am Samstag eine Reportage über den Konflikt zwischen Dietmar Hopp und den Ultras. Einer der Film-Autoren ist Jochen Breyer – dem in der Vergangenheit zu große Nähe zu Hopp und der TSG vorgeworfen wurde.
Am 4. April 2020 war Dietmar Hopp im ZDF-Sportstudio zu Gast. Das war, zumindest auf den ersten Blick, sehr besonders, denn der Mann gibt so gut wie nie Interviews, schon gar nicht zu brisanten Themen. Aber an diesem Tag wollte er offenbar etwas loswerden.
Zur Erinnerung: Am 29. Februar 2020 hatten Ultras des FC Bayern beim Auswärtsspiel in Hoffenheim Dietmar Hopp beleidigt. Auf einem Transparent konnte man etwa lesen: „Hopp bleibt ein Hurensohn“. Gemäß eines neuen Drei-Stufen-Planes des DFB unterbrach der Schiedsrichter die Partie. („Wenn der Schiedsrichter rassistische oder andere diskriminierende Beleidigungen wahrnimmt, soll er das Spiel unterbrechen.“) Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Dietmar Hopp betraten danach gemeinsam und (fast) händchenhaltend den Rasen. In ihren Gesichtern: tiefe Betroffenheit. Hopps Anwalt Christoph Schickhardt forderte später in einem Fernsehinterview, dass die Polizei Hausbesuche bei den Ultras machen sollte und sie auch mal für ein paar Tage wegsperren könnte. Dann folgte das besagte Interview von Hopp im Sportstudio.
Bloß, auf den zweiten Blick war Hopps Auftritt eine Farce, denn es war gar kein Interview. Hopp hatte eine Videobotschaft verfasst, die der Sender abspielte. Er berichtete von seinem Impfstoff, der im Herbst verfügbar sein könnte, und zeigte sich irritiert, dass Ultras ihn als Feindbild auserkoren hatten. Dann war Ende. Keine Nachfragen, schon gar keine kritischen. Das war bei Hopp übrigens schon immer so. Als der Mainzer Manager Christian Heidel 2007 die Finanzmittel der TSG kritisierte, antwortete Hopp nicht nur Heidel, sondern schickte gleich mal eine Rundmail in Form eines Empörungsschreibens. Empfänger waren der FSV-Präsidenten Harald Strutz, der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger, DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und der Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff: „Wir würden uns wünschen, dass man Diskriminierung, wie sie Herr Heidel betreibt, mit Konsequenz verfolgt.“ Wir, die TSG Hoffenheim, ihr neuer Premiumpartner in Sachen Bundesliga.
Aber zurück zum Sportstudio-Sendung vom 4. April 2020, nach der sich viele fragten: Ist das noch Journalismus? Oder eher eine Gefälligkeit? Vor allem Jochen Breyer, der damals die Sendung moderierte, musste sich Kritik anhören. Er hatte erst wenige Wochen zuvor bei der TSG Hoffenheim durch einen Neujahrsempfang geführt. Der „Spiegel“ fand seinen Auftritt im Sportstudio „fragwürdig“ und „diskutabel“, das Medienmagazin „Zapp“ titelte: „Zu große Nähe? Das ZDF, Jochen Breyer und die TSG Hoffenheim“.
Nun hat Jochen Breyer gemeinsam mit dem Journalisten Jürn Kruse (ehemals taz, jetzt uebermedien.de) eine Dokumentation über den seit Jahren schwelenden Konflikt zwischen Dietmar Hopp und den Ultras gedreht. Ist es ein persönliches Anliegen? Will Breyer zeigen, dass er doch nachfragen kann und sich für Zusammenhänge interessiert? Wie vor einigen Wochen, als er Karl-Heinz Rummenigge im Sportstudio mit guten Fragen zu Katar und zur Sonderstellung des FC Bayern ins Schwimmen brachte? Vielleicht.
Vorweg noch dies: Hopps Sportstudio-Show wird im Film nicht thematisiert, obwohl sie zur Geschichte gehört und sehr gut die Person Hopp erklärt. Trotzdem ist dieser Film sehr sehenswert. Das liegt auch daran, dass Breyer und Kruse alle wichtigen Protagonisten der Geschichte vor die Kamera bekommen haben (außer Hopp, der ein Interview abgelehnt hat). Sie sprechen mit dem Fananwalt Stefan Witte, mit Hopps Anwalt Christoph Schickhardt, mit Hopps Freund Uli Hoeneß, mit dem damaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel und seinem Stellvertreter Rainer Koch, mit dem ehemaligen BVB-Ultra Jan-Henrik Gruszecki und sogar mit den Bayern-Ultras der „Schickeria“, die im Grunde der Auslöser für alles waren.
Obwohl, der Konflikt beginnt natürlich früher. Viel früher. Wenn man so will, fängt alles an mit dem Aufstieg der Hoffenheimer in den Profifußball. Und er ist, auch das zeigt der Film, noch facettenreicher, als man bisher angenommen hatte.