Marco Sallemi ist Trainer in der niedersächsischen 1. Kreisklasse beim SG Olympia/Leoni. Seine Mannschaft hat sich eine bemerkenswerte Fair-Play-Aktion ausgedacht, die für Aufsehen gesorgt hat.
Im Amateurfußball kommt es immer wieder zu unschönen Zwischenfällen. Brutale Fouls, Diskriminierung und Angriffe auf die Schiedsrichter sind keine Seltenheit. Dass Fair-Play ganz einfach, aber genau so schnell wieder vorbei sein kann, zeigt das Beispiel der SG Olympia/Leoni.
Herr Sallemi, Sie sind Trainer der SG Olympia/Leoni. Bringen Sie uns doch den Verein ein wenig näher.
Unsere Spielgemeinschaft besteht nun seit etwa drei Jahren. Sie hat sich aus zwei Vereinen zusammengesetzt. Der eine Ursprungs-Verein SC Leoni Braunschweig hat italienische Wurzeln. Deswegen haben auch viele Mitarbeiter einen italienischen Hintergrund.
So weit so gut. Was ist das besondere bei Ihrem Klub?
Wir spielen in der Kreisklasse. Trotzdem wollen wir unseren Verein und unsere Mannschaft nach außen immer positiv darstellen. Außerdem wollten wir ein Zeichen setzen, wie man den Fair-Play Gedanken fördern kann und zudem besser auf dem Platz umsetzen kann. Die Idee mit dem „Gegenspieler des Tages“ hatte dann mein Spieler Jonte Laatz.
Was genau ist der „Gegenspieler des Tages“?
Nach jedem Heimspiel setzt sich der Mannschaftsrat kurz zusammen, um über den Gegenspieler des Tages“ abzustimmen. Das ist nicht immer zwingend der beste Spieler, auch nicht derjenige mit den meisten Toren. Wir hatten mal einen Fall, bei dem der fußballerisch beste Gegenspieler durch einige Undiszipliniertheiten aufgefallen ist. Die Jungs haben sich dann für einen anderen Spieler entschieden.
Wie läuft so eine Ehrung ab?
Der „Gegenspieler des Tages“ wird von uns sofort über unsere Entscheidung informiert und wir gratulieren ihm. Bei Facebook posten wir dann auch ein Foto des Spielers. Außerdem gibt es von uns zur Belohnung einen Essens-Gutschein.
Wie kommt die Aktion an?
Die Resonanz war durchweg super. Nicht nur im Verein und der Umgebung. Auch bei den Gegenspielern. Natürlich haben wir nicht damit gerechnet, dass das ganze so hohe Wellen schlagen würde.
Sie sprechen auf die Auszeichnungen an, die Sie gewonnen haben?
Tatsächlich wurden wir für unser Engagement geehrt, unter anderem als Niedersachsens „Fair Play-Geste der Saison“. Zudem haben wir am Samstag die Ehre, bei der bundesweiten „Fair Play-Geste des Jahres“ zur Wahl zu stehen. Jonte und ich fahren gemeinsam zu der Aktion des DFB. Die Hotelkosten und auch das Spritgeld werden übernommen. Außerdem dürfen wir beide beim WM-Quali-Spiel zwischen Deutschland und Aserbaidschan dabei sein. Ich freue mich sehr, dass seine Idee derart gewürdigt wird.
Wir müssen auch über eine unangenehme Sache sprechen. Am Wochenende passierte beim Spiel gegen Bienrode etwas, das eigentlich überhaupt nicht zu Ihrem Verein passt. Was ist genau vorgefallen?
Das ist leider wahr. In dem eigentlich fairen Spiel gab es nach knapp 80 Minuten einen schlimmen Zwischenfall. Zwei Spieler gerieten aneinander, jeweils einer von uns und einer von Bienrode. Es kam zur Rudelbildung. Unser Spieler ging nach einer Kopfnuss zu Boden. Danach ging alles sehr schnell. Es wurde getreten und geschubst – auf beiden Seiten. Dann hat einer unsere Spieler leider etwas sehr Dummes getan.
Was ist passiert?
Er saß auf unserer Auswechselbank. Als er sah, wie unser Spieler nach der Kopfnuss zu Boden ging und es zur Rudelbildung kam, sprang er auf und rannte auf den Platz. Im Eifer des Gefechts hat er dem Gegenspieler einen Faustschlag verpasst. Für seine Aktion hat er sich danach entschuldigt. Aber es gibt daran natürlich nichts schönzureden. So etwas gehört nicht auf den Fußballplatz. Schon gar nicht bei uns. Uns allen im Verein ist es sehr unangenehm was da passiert ist. Auch der Spieler bereut das zu tiefst.
Ein Helikopter und auch die Polizei mussten anrücken. Das Medien-Echo war danach gewaltig. Es war von Massenschlägereien die Rede.
Die Berichterstattung war in meinen Augen sehr hart und einseitig. Aber natürlich war es eine sehr unrühmliche Aktion, für die wir uns nur entschuldigen können. Wir stehen dazu, aber wir wollen uns auch davon distanzieren. Denn so sind wir eigentlich nicht.
Hat dieser Vorfall in ihren Augen Einfluss auf ihre Chancen am Wochenende?
Das weiß ich nicht. Aber wir haben natürlich überlegt, ob wir da überhaupt hinfahren sollen. Wir haben sogar beim DFB angerufen. Aber man hat uns gesagt, dass diese Geschichte nicht im Zusammenhang mit unserer Fair-Play-Aktion steht. Wir sollen uns dennoch für unser Tun belohnen. Ich finde auch, dass der Verein und die Mannschaft es nicht verdient haben, dass unser ganzes Bemühen durch eine Aktion in Frage gestellt wird. Es war sicherlich ein großer Fehler. Aber eigentlich wollen wir nur das Fair-Play auf dem Platz hervorheben. Jetzt noch mehr als zuvor.