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Wenn man Vicente del Bosque an seinem 49. Geburtstag gesagt hätte, dass er mal einer der größten Trainer aller Zeiten werden würde, wäre die Ant­wort ein Lachen gewesen. Oder ein Kopf­schüt­teln. Gut, wenigs­tens eine fra­gend hoch­ge­zo­gene Augen­braue. Del Bosque neigt halt nicht zu großen Gefühls­aus­brü­chen und das war auch damals schon so, im Dezember 1999. Real Madrids Prä­si­dent Lorenzo Sanz hatte gerade mal wieder das getan, was er am liebsten machte, also einen Trainer ent­lassen, in diesem Fall John Toshack. Und del Bosque war mal wieder die Über­gangs­lö­sung. Das kannte der Mann mit dem prä­gnanten Schnäuzer schon. Bereits zum dritten Mal in den letzten fünf Jahren sollte er Reals Trai­ner­bank so lange wärmen, bis Sanz den rich­tigen Mann gefunden hatte. Und del Bosque war ja auch per­fekt für diese Rolle: Ein loyaler, beschei­dener Madri­dista, seit mehr als 32 Jahren im Verein.

Kurz vor Weih­nachten 1999 sah der Plan des Prä­si­denten fol­gen­der­maßen aus: Del Bosque würde nach einigen Spielen Platz machen für den Argen­ti­nier Jorge Valdano. Der wie­derum sollte im fol­genden Sommer, nach der EM in Bel­gien und Hol­land, zum Manager auf­rü­cken und den Trai­ner­stuhl für den bis­he­rigen spa­ni­schen Natio­nal­trainer José Antonio Camacho räumen. Es war ein guter Plan. Doch dann pas­sierten zwei Dinge. Die Mann­schaft mochte del Bosque – und sie begann, Spiele zu gewinnen. Außerdem war Sanz mit Wahl­kampf beschäf­tigt. Ein Bau­löwe namens Flo­ren­tino Pérez wollte neuer Prä­si­dent von Real werden und ver­sprach den Mit­glie­dern teure Trans­fers und galak­ti­sche Spieler. So blieb del Bosque auf der Trai­ner­bank sitzen und wurde vom loyalen, beschei­denen Madri­dista zu einer sol­chen Legende, das ihn der spa­ni­sche König 2011 in den Adels­stand erhob.

Ein beson­nener Orga­ni­sator

Nichts davon, und schon gar nicht das mit Real Madrid, war ihm in die Wiege gelegt worden. Del Bosque kam am Tag vor Weih­nachten 1950 in Sala­manca zur Welt, als zweites Kind eines Mannes, der sich als Eisen­bahn­ar­beiter ver­dingen musste, weil er keinen besser bezahlten Beruf ergreifen durfte. Fermin del Bosque hatte als Kom­mu­nist im Bür­ger­krieg gegen die Faschisten gekämpft und dann drei Jahre im Gefängnis gesessen, als Franco an die Macht gekommen war. An seinen Über­zeu­gungen und seiner Kamp­fes­lust änderte das nichts. Auf dem Küchen­tisch der Familie sta­pelten sich poli­ti­sche Flug­blätter, die der Vater heim­lich ver­teilte. Die Atmo­sphäre bei uns zu Hause war oft ange­spannt“, erin­nerte sich Vicente del Bosque vor einigen Jahren. Wir hörten immer ver­bo­tene Radio­sender.“

Fermin del Bosque hatte zwar nichts dagegen, dass sein zweiter Sohn Fuß­ball spielte, aber er war kei­nes­wegs begeis­tert, als Vicente mit 17 Jahren zu Real Madrid wech­selte. Also zu einem Klub, dessen Prä­si­dent Sant­iago Ber­nabéu im Bür­ger­krieg auf der anderen Seite gekämpft hatte. Zwar konnte Fermin nicht so weit über seinen Schatten springen, um Real-Fan zu werden. Aber er zog schließ­lich nach Madrid und besuchte die Spiele seines Sohnes. Etwas anderes blieb ihm auch kaum übrig, denn Vicente trug das weiße Trikot fast 15 Jahre lang und bestritt in dieser Zeit 518 Par­tien für den Klub. El Palillo – den Zahn­sto­cher – nannten seine Kol­legen den großen, hageren Mit­tel­feld­spieler mit dem Schnurr­bart, der später einmal sagen sollte, er erkenne sich ein wenig in Sergio Bus­quets wieder.

Schon als Spieler war del Bosque ein beson­nener Orga­ni­sator. Das klingt in deut­schen Ohren viel­leicht seltsam, denn den Fans in diesem Land fiel der Fuß­baller del Bosque vor allem durch eine Unbe­herrscht­heit auf. Das war im April 1980. Im Halb­fi­nale des Meis­ter­po­kals fegte der Ham­burger SV das große Real mit 5:1 vom Platz. Sechs Minuten vor dem Ende drehte sich Kevin Keegan unsanft in del Bosque hinein und traf ihn dabei viel­leicht sogar mit dem Ell­bogen im Magen. Der Spa­nier hob den rechten Arm und schlug Keegan die Faust auf den Hin­ter­kopf.