Neue Vorgaben beim „Mecker-Gelb“ und mehr Transparenz beim Videobeweis – die Regelhüter beim Ifab planen weitere Änderungen. Der Ifab-Geschäftsführer Lukas Brud wehrt sich im Interview gegen die Kritik.
Das Ifab (International Football Association Board) entscheidet auf seinen Generalversammlungen über Änderungen der Fußballregeln. Für 11FREUNDE #219 haben wir vor der diesjährigen Versammlung am 29. Februar in Belfast mit dem Geschäftsführer Lukas Brud gesprochen. Hier lest ihr die ausführliche Version des Interviews. Auf Seite 1 geht es um seinen kuriosen Werdegang, auf Seite 2 um die Handspielregel, auf Seite 2 und 3 um den Videobeweis sowie um das neue „Mecker-Gelb“.
Lukas Brud, stimmt es, dass Sie durch Zufälle zur Fifa und später zum Ifab gekommen sind?
Ja, das kann man so sagen. Während meines Studiums in Leipzig habe ich als Volunteer beim Confed Cup 2005 gearbeitet, mich vor allem um den Transport der Teams gekümmert. Sechs Monate später, bei der WM-Endrundenauslosung, bekam ich die Möglichkeit, bei der WM 2006 mitzuarbeiten und war für die Fifa seither bei Turnieren und Events auf der ganzen Welt unterwegs. Ein paar Jahre später wurde ich im Generalsekretariat des Verbandes beschäftigt. Zu meiner heutigen Funktion beim Ifab kam ich wohl durch Frank Lampard.
Warum das?
Sein Tor gegen Deutschland bei der WM 2010 wurde zu Unrecht aberkannt, woraufhin das Thema Torlinientechnologie neu aufgerollt wurde. Ich habe dann in einem kleinen Team innerhalb der Fifa an der Einführung mitarbeiten dürfen und mich dadurch intensiv mit Regelthemen und dem Ifab befasst. Wir haben damals sehr viel Fachwissen von Universitäten und externen Experten eingeholt, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können und eine professionelle Einführung zu ermöglichen.
Also war die Torlinientechnik der Anfang?
Dieser Ansatz bei der Torlinientechnologie wurde die Grundlage für das Ifab: eine eigene autonome Administration wurde geschaffen, mit eigenen Prozessen und Experten, die sich ausschließlich mit Fußballregeln und deren Verbesserung befasst hat. Wir haben auch zwei Gremien mit Fachleuten eingeführt, zum einen bestehend aus Spielern und Trainern, zum anderen aus Schiedsrichtern. Wir sind breiter und offener aufgestellt. Entscheidungen zu Regeländerungen sind wesentlich demokratischer und transparenter geworden als früher.
Das Ifab gilt als „Regelhüter des Fußballs“, dem Klischee zufolge sitzen da alte Herren in dunklen Hinterzimmern zusammen.
Das stimmte vielleicht 1886, als das IFAB von den Briten im vorletzten Jahrhundert eingeführt wurde und vielleicht auch noch als 1913 die Fifa hinzukam. Doch heute sind wir moderner und jünger aufgestellt und kümmern uns rund um die Uhr um die Regeln – über 100 Jahre war es lediglich nur eine Sitzung im Jahr, weil nur wenig geändert werden musste. Das ist im heutigen Fußball kaum noch denkbar. Vieles verändert sich, der Sport ist dynamischer und schneller geworden. Die Spielregeln müssen das reflektieren. Unser Credo lautet: „Was die Fussballwelt erwarten würde!“
Wie läuft die Abstimmung über Änderungen im Regelwerk ab?
Die vier britischen Vertreter haben je eine und die Fifa vier Stimmen. Für eine Regeländerung bedarf es sechs Stimmen. Doch in der vergangenen Dekade gab es kaum eine Entscheidung, die nicht einstimmig gefällt wurde.
Stimmen Sie auch mit ab?
Nein, ich bereite mit meinem Team die Vorschläge zu Regeländerungen vor, über die dann abgestimmt wird. Vorschläge können jedes Jahr bis zum 1. November bei uns eingereicht werden. Wir diskutieren diese dann auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Gremien und geben sie in unsere Vorstandssitzung zur finalen Prüfung. Daraus wird ein Katalog entwickelt, der während der Jahreshauptversammlung des IFAB besprochen wird. Die Treffen finden in Konferenzräumen in den Heimatländern der Briten oder in den WM-Jahren im Fifa-Hauptquartier statt. Danach erklären wir auch den Medien, warum welche Regeln geändert oder eingeführt wurden. Zurück zu Ihrer Frage: Das Klischee des verstaubten, alten Ifab stimmt also schon lange nicht mehr.
Dürfte ich Ihnen auch Regeländerungen vorschlagen?
Das geht nur über Verbände und Kontinentalverbände. Also müssten Sie zunächst den DFB von Ihrer Idee überzeugen. Wenn jeder etwas vorschlagen könnte, bräuchten wir wohl dutzende Mitarbeiter. Aber natürlich bekommen wir viele Anregungen von Fußballenthusiasten und nehmen diese auch mit in unsere Diskussionen, wenn etwas Interessantes dabei ist.