Mit 19 ging er von der Landesliga ans College, im MLS-Draft wurde Julian Gressel an achter Stelle gewählt. Im Interview spricht der Rookie über die Zeit am College, seinen neuen Trainer Gerardo Martino und den Traum von der Bundesliga.
Julian Gressel, beim diesjährigen MLS Draft wurden Sie schon an insgesamt achter Stelle vom neueingeführten Team Atlanta United FC ausgewählt. Der Draft ist immer ein riesiges Event. Waren Sie nervös?
Klar, schließlich lag meine Zukunft praktisch in der Hand der Vereine. Ich war zwar vorher bei der Combine; das ist wie ein großes Scouting, dort habe ich vorgespielt und Interviews mit zehn verschiedenen Klubs gehabt. Aber wenn du dann dort sitzt und darauf hoffst, dass der MLS-Commissioner deinen Namen vorliest, bist du natürlich nervös.
Können Sie den Moment beschreiben, als Ihr Name aufgerufen wurde?
Man weiß ja vorher, welcher Verein dran ist. Dann fing der Commissioner an und sagte: „With the eight pick overall, Atlanta United selects…“ und dann kommt die Schule „from Providence College…“ Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, wie er meinen Namen gesagt hat. Ich habe nur meine Schule gehört und da wusste ich es. Dann war ich einfach nur überglücklich und froh, dass ich tatsächlich dran war.
Und dann gab es direkt die Vereins-Cap auf den Kopf?
Nein: Ich bekam den Vereinsschal umgelegt. Und musste auf der Bühne eine kurze Rede. Dann ging es in den Backstage-Bereich, wo alle Medienvertreter warteten. Dann musste ich auch noch Live in der MLS-Show ein kurzes Interview geben, Fotos mit den Offiziellen machen und mit vielen Reportern reden. Nach 20 Minuten habe ich endlich zu Hause anrufen können, meine Eltern wussten aber schon Bescheid, weil sie den Draft live mitverfolgt hatten.
Mit 19 Jahren wagten Sie den Schritt von der Landesliga Bayern-Nordwest ans Providence College in Rhode Island. Wie kamen Sie zu dieser Entscheidung?
Ich wollte damals Schule und Fußball verbinden. Da haben sich die USA natürlich angeboten, denn in Deutschland ist es schwer, höherklassig zu spielen und nebenher ein Studium abzuschließen. Mittlerweile habe ich einen Abschluss und bin Profi.
Sahen Sie eine reelle Chance für sich, in Deutschland höherklassig Fußball zu spielen?
Mein Co-Trainer in der Bezirksliga hat mir damals gesagt, dass mich mehrere Drittligisten einladen wollten, um zur Probe zu trainieren. Das war allerdings schon später im Jahr, als meine Entscheidung pro USA bereits feststand. Ich denke, ich hätte die Chance bekommen, mich in Deutschland zu beweisen.
Am College haben Sie vor allem an Ihren Torjägerqualitäten gefeilt. In Ihrem Senior-Jahr konnten Sie 15 Treffer erzielen und dazu mit sechs Torvorlagen zum Erfolg der Providence „Friars“ beitragen, bekamen eine Vielzahl an Auszeichnungen. Wie sah die fußballerischen Ausbildung an der Universität aus?
Ganz ehrlich: Es war besser als erwartet. Wir hatten einen guten Trainer aus England mit viel Erfahrung, der Wert darauf legte, tatsächlich Fußball zu spielen und nicht nur auf Lauf- und Krafttraining, wie es häufig behauptet wird.
Gibt es von College zu College Unterschiede, oder ist das Niveau ähnlich?
Es gibt sehr große Unterschiede zwischen den Colleges. Es gibt viele Schulen wie meine, die auf den Fußball achten und dann gibt es andere, wo er kaum eine Rolle spielt, weil Football oder Basketball wichtiger sind. Die Unterschiede zwischen den besten Colleges und den schlechten sind viel größer, als man sie sich in irgendeiner Liga vorstellen könnte. Wenn wir gegen Teams gespielt haben, deren Colleges keinen Wert auf den Fußball legen, hat man das auch gemerkt. Statt technisch ging es dann körperlicher zur Sache.
Mal ehrlich: Als College-Athlet bekamen Sie die guten Noten doch hinterhergeworfen, oder?
Bei uns war das überhaupt nicht der Fall. Vielleicht war es sogar schwerer für uns, weil wir neben dem Studium noch trainieren mussten oder auch mal für drei Tage weggeflogen sind für Auswärtsspiele. Ich war allerdings an einer kleineren Schule und weiß nicht, wie es an größeren Colleges ist, die eine große Football-Mannschaft haben oder sowas. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass Spieler ihre Noten geschenkt bekommen.