„Basisnah, nachhaltig und zeitgemäß“ – so beschreibt sich das neugegründete Bündnis „Unser Fußball‘‘. Wir haben mit Manuel Gaber, einem der Initiatoren, gesprochen: Für den 27-jährigen Fan des SC Freiburg ist die vielfältige Unterstützung aus ganz Deutschland ein Anzeichen dafür, dass sich etwas im deutschen Profifußball bewegen kann.
Manuel Gaber, die BILD schreibt über „Unser Fußball‘‘: „Neues Ultra-Bündnis macht Druck auf die Verbände.‘‘ Ist die Bezeichnung Ultra-Bündnis treffend oder wer verbirgt sich hinter der Initiative?
Wir sind ein sehr breites Bündnis. Unsere Erklärung wurde von allen großen bundesweiten Fanorganisationen, beispielsweise von „Unsere Kurve‘‘ und „ProFans‘‘, sowie von über 1000 Fangruppierungen unterzeichnet. Die Spannbreite geht von kleinen Fanklubs aus der tiefsten Provinz bis hin zu Ultragruppen. Wir wollen zeigen, dass sich die Fans – unabhängig ihrer Vereinszugehörigkeit und Organisationsstruktur – bei den von uns vorgetragenen Themen einig sind und an einem Strang ziehen.
Welche Ziele verfolgt das Bündnis „Unser Fußball‘‘ konkret?
Wir haben unsere Erklärung in vier Kategorien gegliedert: Erstens geht es um einen fairen Wettbewerb. Die Schere zwischen großen und kleinen Verein wird immer größer, daher fordern wir eine gleichwertige Verteilung der TV-Gelder und ein funktionierendes Financial Fairplay auf nationaler Ebene. Zweitens wollen wir, dass sich der Fußball seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellt und zum Beispiel endlich glaubhaft gegen die vielfältigen Ausprägungen von Diskriminierung vorgeht. Drittens geht es um demokratisch und wirtschaftlich nachhaltiges Handeln. Dazu gehört auch die Stärkung der Mitgliederrechte innerhalb der Vereine. Die Mitglieder sind dank der 50+1‑Regel die Basis des Vereins, allerdings sind die Vorgänge mancherorts zum Teil intransparent oder gar undemokratisch. Der Fußball gehört seinen Fans, darauf bezieht sich auch unser vierter Punkt nochmal: Eintrittskarten müssen für jeden erschwinglich sein und die Anstoßzeiten sollten von den Bedürfnissen der Fans statt von denen des Pay-TV-Anbieters abhängig gemacht werden.
Wie entstand die Idee für ein solches Bündnis? War die Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Zuschauer im Stadion der Katalysator?
Wir Fans stehen den Entwicklungen im Profifußball ja schon seit Jahren kritisch gegenüber und engagieren uns dementsprechend. Die Corona-Krise hat uns aber nochmal nachdrücklich vor Augen geführt, dass die meisten Klubs nicht nachhaltig wirtschaften. Selbst einige Vereins- und Verbandsvertreter scheinen diese Einsicht mittlerweile zu teilen und wollen Reformen anschieben. Das DFL-Präsidium forderte neue Werte im Fußball, DFB-Präsident Fritz Keller präsentierte diesbezüglich sogar einen 5‑Punkte-Plan. Das macht Hoffnung. Letztendlich müssen diesen Worten aber auch Taten folgen, deswegen fordern wir von den Verantwortlichen schnellstmöglich einen Grundsatzbeschluss, der deutlich macht, dass es im deutschen Fußball in eine ganz andere Richtung gehen soll.
Die notwendige Gesprächsbereitschaft für Reformen ist also auf beiden Seiten vorhanden?
Ein konstruktiver Dialog ist immer wichtig und viele Fans haben diesen Dialog zu den Verantwortlichen schon über Jahre hinweg gesucht. Natürlich gibt es aber einige Fangruppierungen, die schlechte Erfahrungen gemacht haben und somit einem weiteren Versuch des Dialogs mit Verein und Verband kritisch gegenüberstehen. Wir von „Unser Fußball‘‘ versuchen auch diese Gruppen mitzunehmen. Wir sehen uns als Sprachrohr, das die Hauptanliegen der Fans in Deutschland bündelt und vorträgt.
Welchen Effekt erhoffen Sie sich vom Financial Fairplay auf nationaler Ebene?
Financial Fairplay soll auf der einen Seite dazu beitragen, dass Vereine wirtschaftlich nachhaltig aufgestellt sind und ihre Angestellten auch in Krisenzeiten weiterhin entlohnen können. Richtig ausgestaltet kann es auf der anderen Seite aber auch ein Instrument sein, um zu verhindern, dass sich Vereine über externe Gelder Wettbewerbsvorteile verschaffen. Ich denke da in der Bundesliga an RB Leipzig oder an Manchester City in der Premier League. Aus unserer Perspektive ist es für den deutschen Fußball und allen daran Beteiligten wichtig und wünschenswert, dass wir eine spannende Liga haben und das ist durch die derzeitigen monetären Differenzen in der Spitze nicht möglich.
Auch fangerechte Anstoßzeiten haben Sie angesprochen…
Die Abschaffung der Montagsspiele ist definitiv als ein Erfolg der Fans zu verbuchen. Der Spieltag ist aber noch immer zerstückelt, das gestaltet die Planung und die Anreise zu Auswärtsspielen für die aktiven Fans schwierig. Unter der Woche oder an den Rändern des Wochenendes werden Spiele zwischen Vereinen angesetzt, deren Stadien knapp 1000 Kilometer auseinanderliegen. Das sind Distanzen, die selbst für die treuesten Fans kaum machbar sind.
Welche Konsequenzen zöge es nach sich, wenn die geforderten Reformvorschläge von Vereins- und Verbandsseite unbeachtet blieben?
Darüber können wir als Gruppe der Initiatoren von „Unser Fußball‘‘ nichts sagen. Wie die einzelnen Fans, die Fanklubs und Ultras der Vereine in diesem Fall handeln, müssen sie individuell entscheiden. Sollte das bisherige System weiterhin Bestand haben, besteht natürlich die Gefahr, dass sich immer mehr Menschen vom Fußball abwenden. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass der Großteil der Vereine, die in der DFL die Entscheidungen treffen, unsere Anliegen ernst nimmt.