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Seite 2: Pazifist aus der Pfalz

Werner Liebrich wurde mit 16 Jahren in einen Krieg geschickt, von dem er wusste, dass er falsch war. Es gibt Berichte, dass er deser­tierte, zum Tode ver­ur­teilt wurde und nur des­wegen über­lebte, weil die Nazis kapi­tu­lierten, bevor das Urteil voll­streckt werden konnte. In jedem Fall machten seine Jugend­er­leb­nisse aus Liebrich einen über­zeugten Pazi­fisten. Er enga­gierte sich nach dem Krieg gegen die Wie­der­be­waff­nung, später gegen das Hoch­rüsten. Als vor meh­reren Jahren einige Pfälzer Hob­by­mann­schaften ein Fuß­ball für den Frieden“-Turnier abhielten und es nach Werner Liebrich benannten, über­nahm seine Witwe Anne-Marie die Schirm­herr­schaft. Werner wäre bestimmt sehr glück­lich über das Tur­nier und auch über den Hin­ter­grund der Frie­dens­be­we­gung“, sagte sie.

Nur auf dem Fuß­ball­platz, da war Werner Liebrich alles andere als eine Frie­dens­taube. Es gehört zu den Trep­pen­witzen der Fuß­ball­ge­schichte, dass er die WM 1954 mit der Rücken­nummer 10“ bestritt, denn er war nicht etwa das visio­näre Mit­tel­feld­genie unter den Helden von Bern, son­dern das, was man einige Jahre später einen Stopper oder Aus­putzer nannte. Sein Job war es, dem gefähr­lichsten der geg­ne­ri­schen Angreifer die Lust am Fuß­ball zu nehmen, ihm buch­stäb­lich auf den Füßen zu stehen. Am 20. Juni 1954 hieß dieser Mann Ferenc Puskás.

Die Ungarn führten schon deut­lich gegen Sepp Her­ber­gers berühmte B‑Elf, als Liebrich jenen Puskás zu Fall brachte. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag, aber diesmal mit Folgen, denn der Knö­chel des Ungarn schwoll schnell an. In seinem Buch 90: oder Die ganze Geschichte des Fuß­balls in neunzig Spielen“ schreibt Chris­tian Eichler über Ungarns Schei­tern beim Tur­nier: Der ent­schei­dende Ver­lust aber ist die Ver­let­zung von Ferenc Puskás, den Werner Liebrich beim 3:8 in der Vor­runde mit einer bru­talen Grät­sche beim Stand von 1:5 liqui­diert‘ hat, wie es Ver­tei­diger Jenö Buz­ansky nennt.“ In einem 2006 ver­öf­fent­lichten Artikel behaup­tete Der Spiegel“ sogar, es han­delte sich um eine Aktion, die Beob­achter eher als Attentat denn als Foul bewer­teten“.

Eine kurze Geschichte des modernen Fußballs

Der Fuß­ball von heute ver­dichtet Zeit und Raum. Höchst­ge­schwin­dig­keit statt Kampf. Und alles begann mit Johan Cruyff.

Woher diese Vor­stel­lungen kamen, ist offen­kundig. Jahr­zehn­te­lang gab es keine bewegten Bilder von der besagten Szene. Liebrich galt als Grät­scher, also musste er Puskás umge­senst haben. Auch der Best­seller, den Fritz Walter über das Tur­nier schrieb (oder schreiben ließ), nährte diese Idee. Dort heißt es: Wenig später lässt sich Werner in seiner fre­chen, uner­schro­ckenen Art in ein Dribb­ling von Puskás schlid­dern.“

Liebrich selbst, der den Rest seines Lebens immer wieder auf diesen Moment ange­spro­chen wurde, schil­derte die Szene aller­dings anders. Im Februar 1963 sagte er dem Sport-Magazin“: Puskás führte den Ball, blieb dann stehen, zog das Leder mit seinem uner­reichten linken Fuß nach hinten, nach vorn, um mich zu täu­schen.“ Liebrich erzählte weiter, er hätte auf den Ball geschlagen“ und dabei den Fuß des Gegner nach hinten gerissen.