Er war der jüngste walisische Kapitän aller Zeiten. Steven Gerrard nannte ihn den besten Mittelfeldspieler der Premier League. Doch Aaron Ramsey scheint gleich doppelt verflucht.
Wenger verspricht ihm sofortige Einsätze in der ersten Mannschaft und hält Wort. Dann der Schock. Es ist die zweite Arsenal-Saison für Ramsey. Es ist der 27. Februar 2010. Stoke City-Verteidiger Ryan Shawcross erwischt den Waliser in der 69. Minute mit einer Attacke, die mehr Mordanschlag denn Tackling ist. Die Folge: Schien- und Wadenbeinbruch. Als die Teamkollegen den am Boden liegenden Ramsey sehen, die sichtbar abstehenden Knochen sehen, schlagen sie die Hände über den Köpfen zusammen. Sie wissen, was dieser Angriff auf die Gesundheit eines ihrer größten Talente bedeutet.
Neun Monate dauert es, ehe er erstmals wieder für das Reserve-Team der Gunners auflaufen kann. Doch natürlich ist Ramsey nicht sofort wieder der alte. Sie verleihen ihn nach Nottingham und Cardiff, Spielpraxis und Matchfitness sammeln. Und der Plan geht auf. Ramsey kämpft sich zurück, wird erneut zur tragenden Säule bei Arsenal. Der Höhepunkt ist die Saison 2013/14. Die Fans der Gunners wählen ihn mit überragenden 58 Prozent zum Spieler der Saison. Nicht zuletzt, weil er in der Verlängerung des FA Cup-Finales den Siegtreffer erzielt.
Die eierlegende Wollmilchsau der Liga
Er ist auf der Höhe seines Schaffens angekommen. Sein Trainer Arsène Wenger schwärmt: „Er kann verteidigen, er kann Angriffe einleiten, er kann Tore erzielen. Was will man mehr? Ich wünschte, ich wäre so ein Spieler gewesen.“ Und Arsenal-Legende Ray Parlour ergänzt: „Er kann für Arsenal werden, was Steven Gerrard für Liverpool ist.“ Der übrigens ebenfalls ins Schwärmen gerät: „Er ist der beste Mittelfeldspieler der Premier League.“ Und die Zahlen geben ihnen Recht. Obwohl er mal wieder wegen kleinerer Verletzungen ausfällt, ist er 2013/14 mit 16 Treffern Arsenals bester Torschütze. Hat zudem die meisten Tacklings seines Teams in den Rasen gesetzt. Und neben Yaya Touré als einziger Spieler der Premier League mehr als 1.000 Pässe gespielt. Ramsey ist die eierlegende Wollmilchsau der Liga.
Lange davor wurde er mit 20 Jahren und 90 Tagen zum jüngsten walisischen Nationalmannschaftskapitän aller Zeiten ernannt. Und ganz nebenbei mit einem Modelvertrag ausgestattet. Und auch da macht er, natürlich, eine gute Figur.
Dreifaches Pech
Warum also ist dieser Mann nicht Jahr für Jahr in der engeren Verlosung für die Wahl zum Weltfußballer des Jahres? Die Antwort ist ganz einfach: Arsenal, Wales und Verletzungen. Denn weder in der heimischen Liga, noch in der Champions League reichte es bei den Nord-Londonern in der jüngeren Vergangenheit zu Titel- oder zumindest Finalehren. Im Nationalteam läuft ihm der noch spektakulärere Gareth Bale die Schlagzeilen ab. Und wenn die ersten beiden Gründe aus kosmischer Verbundenheit für einen Moment nicht zu greifen scheinen, verletzt sich Ramsey mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mal wieder für ein paar Wochen.
Man kann nur hoffen, dass sich das bald ändern wird. Am besten schon während der Europameisterschaft. Allein schon, damit es über diesen außergewöhnlichen Fußballer am Ende seiner Karriere nicht immer nur heißt: Ah, Ramsey. Das ist doch der, nach dessen Tore die Stars sterben.